Kuriose Pleite einer Touristenattraktion

Kuriose Pleite einer Touristenattraktion
Dieser Baumkronenpfad wurde 2009 als höchster Wipfelwanderweg Europas eröffnet.

„Liebe Besucher, für den Weiterbetrieb des Wipfelwanderweges wäre eine umfassende Reparatur der Sturmschäden vom vergangenen August notwendig gewesen. Voraussetzung für diese Investitionsentscheidung wäre eine Verlängerung des Kündigungsverzichtes der bestehenden Pachtverträge für weitere 10 Jahre gewesen. Da jedoch nun von einem Grundeigentümer der Vertrag gekündigt wurde, kann der Wipfelwanderweg leider nicht mehr in Betrieb genommen werden.  Wir bedanken uns herzlich bei allen Besuchern und hoffen, dass der Wipfelwanderweg mit wunderschönen Bildern und Erlebnissen in Erinnerung bleibt“, heißt es auf der Homepage.

Die Rede ist von der Wipfelwanderweg Almfrische Rachau GmbH mit Sitz in St. Margarethen bei Knittelfeld. Sie hat laut Creditreform ein Konkursverfahren beantragt. Die Verbindlichkeiten werden mit 198.800 Euro beziffert, davon entfallen 125.000 Euro auf zwei Banken und 45.500 Euro auf offene Pachten. Die Aktiva werden mit 11.500 Euro.

Das Unternehmen wurde 2007 gegründet. Der Gesellschaftszweck bestand in der Errichtung, dem Betrieb und der Bewirtschaftung eines Wipfelwanderwegs, sprich eines kombinierter Naturlehr- und Baumkronenpfads, in der damaligen Gemeinde Rachau. 

Der Hintergrund

„Der Wipfelwanderweg wurde 2009 als höchster Wipfelwanderweg Europas eröffnet und war ein beliebtes Ausflugsziel. Durchschnittlich besuchten 25.000 bis 30.000 Besucher jährlich den Weg“, heißt es im Antrag.  Für die Errichtung und Investitionen gab es Zuschüsse vom Land Steiermark über die Gemeinde und eine Finanzierung über Fremdkapital (Kreditaufnahme bei Bankinstituten). Allerdings konnten die Rückzahlungen der Darlehen von Anfang an nicht von der Gesellschaft erwirtschaftet werden. Die dafür notwendigen Mittel wurden daher von der Gemeinde der Gesellschaft zugeschossen. Zusätzlich gab es für die Fremdkredite eine Bürge- und Zahler- Haftung der Gemeinde.“

„Der Wanderweg wurde auch unter unrichtigen wirtschaftlichen Annahmen konzipiert. Das Projekt war von Anfang an wirtschaftlich nicht erfolgreich und musste schon seit Beginn anständig subventioniert werden. Im Jahre 2011 wurde daher Herr Johann R. auf Wunsch des Landes als Geschäftsführer eingesetzt, und zwar mittels eines Managementvertrags. Seine Hauptaufgabe bestand in der Sanierung der GmbH. Schon zuvor bestandene finanzielle Ungereimtheiten und überhöhte Pachtzinse führten allerdings zu einem laufenden Liquiditätsbedarf, der nur durch regelmäßige Zuschüsse der Alleingesellschafterin abgedeckt werden konnte“, heißt es weiter. „Nur aufgrund eines Gemeinderats- und Generalversammlungsbeschlusses der Gesellschafterin, die laufende Liquidität bzw. Zahlungen sicherzustellen bzw. Zahlungsengpässe auszugleichen, konnte überhaupt eine positive Fortbestandsprognose aufrechterhalten werden.“ 

Keine weiteren Finanzmittel 

Der Wipfelwanderweg war bis Sommer 2022 begehbar. "Aufgrund schwerer Sturmschäden im August 2022 wurde der Wipfelwanderweg zunächst vorübergehend gesperrt, im April 2023 gab die Gemeinde St. Margarethen bei Knittelfeld dann bekannt, dass der Betrieb des Wipfelwanderwegs mit sofortiger Wirkung eingestellt werde, weil die Pacht-, Erhaltungs- und Reparaturkosten nicht mehr finanzierbar seien. Am 19. September .2023 fasste der Gemeinderat dann den Beschluss, keine weiteren Finanzmittel mehr für den Wanderweg zur Verfügung zu stellen."

Keine Zukunft

"Eine Unternehmenssanierung wird nicht angestrebt, daher ist das schuldnerische Vermögen vom zu bestellenden Insolvenzverwalter zu schließen und das schuldnerische Vermögen bestmöglich zu verwerten", heißt es im Konkursantrag.

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