Energiemarkt: "Der Wettbewerb ist zum Erliegen gekommen"
"Es ergibt sich in den regionalen Märkten eine sehr, sehr hohe Marktkonzentration", urteilt die interimistische Generaldirektorin der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) Natalie Harsdorf-Borsch. Seit Anfang des Jahres untersucht die BWB in einer gemeinsamen Taskforce mit der Regulierungsbehörde E-Control den Markt für Strom und Gas.
Der nun vorliegende Zwischenbericht legt gleich mehrere Probleme offen, nicht nur, aber auch seitens der Politik. So dürfte etwa die staatliche Stromkostenbremse zu höheren Preisen geführt haben.
"Der Wettbewerb ist zum Erliegen gekommen", beschreibt E-Control-Chef Wolfgang Urbantschitsch die Situation im Herbst 2022. Laut dem Bericht haben sich viele Energieversorger teilweise vom Markt zurückgezogen. Im Dezember hätten nur noch neun Lieferanten bundesweite Angebote gemacht, mehr als 40 andere hingegen nicht mehr. Bereits im Oktober wurde bei der Auswahl der angeboteten Stromtarife mit 20 ein "historischer Tiefstand" erreicht, so Harsdorf-Borsch. Zum Vergleich: Im Juni 2021 waren es 145. BWB und E-Control haben nicht die Produktionskosten (etwa von Wasserkraftwerken) untersucht, sondern ob der Markt funktioniert, also ein Wettbewerb stattfindet.
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Die meisten Energieversorger decken sich langfristig mit Strom und Gas ein. Um zusätzliche Abnehmer versorgen zu können, hätten diese Unternehmen also vergleichsweise teuer zusätzliche Mengen einkaufen müssen. Das trifft auch für Unternehmen zu, die große eigene Kraftwerke haben, weil sie ihre Produktion im Voraus verkaufen.
Dementsprechend dürften viele Unternehmen nicht daran interessiert gewesen sein, neue Kundinnen und Kunden zu gewinnen. Das erklärt auch, warum manche "Mondpreise" angeboten hätten, so Urbantschitsch. Gewechselt hat in dieser Situation vermutlich nur, wer musste - etwa nach Umzug oder einer Änderungskündigung mit deutlich teurerem neuen Angebot.
Glimpflich davongekommen sind laut E-Control und BWB hingegen die Bestandskunden: Die Beschaffungskosten der Energieunternehmen unterscheiden sich stark je nach Strategie und Kraftwerkspark. Die E-Control hat deswegen mit fiktiven Szenarien gerechnet. Demnach waren die Preise für Bestandskundenverträge weitgehend unter oder im Rahmen der Beschaffungskosten.
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Die BWB setzt die Untersuchung fort und will mehr Daten, etwa zu den Beschaffungskosten, von den Energie-Unternehmen, die 80 Prozent des Strommarktes abdecken.
Kritik an der Politik
Einige der Probleme, auf die BWB und E-Control hinweisen, haben aber nichts mit der Energiekrise in Folge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine zu tun. Da wäre zunächst die hohe Marktkonzentration: In fünf von neun Bundesländern haben die landeseigenen Energieversorger beim Strom einen Marktanteil von mehr als 90 Prozent (siehe Grafik). An zweiter Stelle steht zumeist der Verbund (mehrheitlich in Bundeseigentum, Anm.).
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Diese Konzentration ist eine Erklärung dafür, warum viele Unternehmen die Preise für Neukunden selbst noch hoch gehalten haben, als die Großhandelspreise bereits deutlich gesunken waren. "Da stellt sich für uns die Frage, ist es die starke Marktmacht", sagte Urbantschitsch.
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Auch die staatliche "Stromkostenbremse" dürfte nicht nur Gutes bewirkt haben: Mit der Bekanntgabe des Zuschusses hätten hätten mehrere Unternehmen ihre Preise auf etwa 40 Cent erhöht, also den maximal subventionierten Betrag, erhöht, so Urbantschitsch. Bei den nicht subventionierten Gaspreisen seien die Preise hingegen schneller gefallen.
Für viel Unmut - und auch gerichtliche Auseinandersetzungen - sorgen auch die unklaren Regelungen für Preiserhöhungen. Die Praxis, Verbraucherpreise an Indizes wie etwa den Österreichischen Stromhandelspreisindex (ÖSPI) zu binden, könnte zu überdurchschnitlichen Steigerungen der Lieferantenmargen geführt haben. Hier wünscht sich Urbantschitsch, wie auch die Energiewirtschaft, eine rechtliche Präzisierung.
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Auswirkungen auf Inflation umstritten
Die Politik sieht angesichts der Situation auch die Arbeiterkammer (AK) gefordert: "Die massive finanzielle Belastung vieler Haushalte in Österreich durch die enorm hohen Energiekosten und die dadurch bedingte hohe Inflationsrate fordern weitere Maßnahmen", sagt AK-Ökonom Tobias Schweitzer. Just den Zusammenhang von Energiepreise und Inflation wies die Strom-Branchenvertretung Oesterreichs Energie am Dienstag aber entschieden zurück. "Diesen schwarzen Peter nehmen wir nicht an", sagte Generalsekretärin Barbara Schmidt.
Dass die Preise von Strom und Gas die Inflation im vergangenen Jahr angetrieben haben, steht zwar außer Zweifel, inzwischen würden sie aber nur noch eine untergeordnete Rolle spielen, so Michael Strugl, Verbund-Chef und Präsident von Oesterreichs Energie. Nach Berechnung der Branchenvertretung tragen sie nur noch 0,6 Prozentpunkte zur Gesamtrate von 9,0 Prozent bei.
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