Endlich verständlich: Wie der Strompreis zustande kommt

Da die Energieversorgung zur kritischen Infrastruktur gehört, gelten am Strommarkt besondere Regeln. Denn damit das Netz stabil ist, muss immer so viel Strom eingespeist werden, wie benötigt wird.
Damit das in einer Marktwirtschaft mit vielen verschiedenen Teilnehmern funktioniert, wurde im Zuge der Liberalisierung im Herbst 2001 europaweit das Modell der Merit Order eingeführt. Der KURIER erklärt, wie das funktioniert und was es für die Marktteilnehmer bedeutet.
Auktion
Wie viel Strom eingespeist werden soll, wird jeweils einen Tag im Voraus festgelegt. Die Kraftwerksbetreiber legen in einem Auktionsverfahren Angebote, zu welchen Bedingungen sie im jeweiligen Zeitraum liefern können. Die Einsatzreihenfolge („order“) wird dann aufsteigend vom billigsten, bis zum teuersten („merit“) noch zur Bedarfsdeckung notwendigen Kraftwerk festgelegt. Wer seinen Strom billig anbietet, kann ihn also meistens verkaufen, teure Erzeugungen werden hingegen seltener abgerufen. Der Strompreis im Großhandel richtet sich dann nach den Kosten des teuersten noch notwendigen Kraftwerks. Alle Produzenten, auch die deren Angebote billiger waren, erhalten diesen Marktpreis.
Technologie-Mix
Der Vorteil von erneuerbaren Energien ist dabei, dass Wind, Sonne und Flusswasser die Betreiber nichts kosten. Auch müssen sie im Gegensatz zu etwa Betreibern von Gaskraftwerken keine Zertifikate für CO2-Emissionen zukaufen. Der große Vorteil von Gaskraftwerken ist aber, dass sie wetterunabhängig eingesetzt werden können, auch im Winter, wenn Fotovoltaik und Wasserkraft weniger Strom produzieren. Das „letzte notwendige“ Kraftwerk in der Reihung ist also oft ein Gaskraftwerk.
Flexibilität
Solange das so ist, schlagen sich Schwankungen in den Gaspreisen in den Strompreisen nieder – auch wenn etwa in Österreich deutlich mehr Strom aus Wasserkraft kommt. Strom wird europaweit gehandelt. Da die Länder und Regionen unterschiedliche Kraftwerkparks haben, können Überproduktionen bedingt auch in andere Region verkauft werden. Allerdings müssen für den Transport auch die Leitungskapazitäten vorhanden sein. Deswegen ist der Ausbau des Stromnetzes für die Energiewende so wichtig.
Verbraucherpreise
Wie viel ein privater Haushalt für seinen Strom zahlt, wird davon nur indirekt bestimmt. Denn hier werden die Tarife vertraglich zwischen Energieversorger und Kunde festgelegt. Etwaige Preisänderungen müssen vorab schriftlich angekündigt werden. Auch sogenannte „Floater“-Tarife, die mit den Großhandelspreisen schwanken, werden nicht täglich neu festgelegt, sondern in Durchrechnungszeiträumen.
Gewinne
Die Stromversorger tragen das Risiko, ihre Kunden zu den vertraglich vereinbarten Konditionen zu versorgen. Die Verbraucherpreise steigen oder sinken also je nachdem, welche Preisentwicklung die Energieversorger im Großhandel erwarten. Einige europäische Anbieter mit geringer oder gar keiner eigenen Stromerzeugungen wurden deswegen im vergangenen Jahr aus dem Markt gedrängt, weil sie zu teuer einkaufen mussten. Andererseits erzielen jene, die wie der Verbund große Wasserkraftwerke haben, hohe Gewinne.
Der Großteil des Stroms wird übrigens nicht an der Börse gehandelt, sondern in langfristigeren Lieferverträgen von Produzenten an Versorger gekauft.
(Anmerkung: Ein Fehler in der Infobox zu den Bestandteilen der Stromrechnung wurde korrigiert.)
Die private Stromrechnung besteht aus drei Teilen. Bei einem österreichischen Durchschnittsverbrauch von 3.500 Kilowattstunden pro Jahr entfallen
50 Prozent auf Energiekosten
28 Prozent auf Netzgebühren und
22 Prozent auf Steuern und Abgaben
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