Wöginger: "Bin ein strikter Gegner dieses Krankjammerns"
KURIER: Mussten Sie zuletzt oft als eine Art Feuerwehrmann einspringen, um das Koalitionsklima zu retten?
August Wöginger: Klar ist, dass die Klubobleute neben dem Kanzler und dem Vizekanzler ein wichtiges Scharnier in dieser Koalition bilden. Klubobfrau Sigrid Maurer und ich sind auch diejenigen, die bei den Themen die politische Arbeit leisten. Eingreifen muss man öfter, aber wir haben nach wie vor eine sehr gute Zusammenarbeit.
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Das wundert so manchen Beobachter, weil Sigrid Maurer oft als stur beschrieben wird und immer ihren Kopf durchsetzen will. Aber es dürfte dennoch funktionieren.
Es ist legitim, dass eine Klubobfrau und ein Klubobmann die eigenen Themen voranbringen wollen. Da ist uns vor allem in den letzten Tagen auf beiden Seiten auch viel gelungen. Wir haben Punkte auf den Weg gebracht, die schon lange in Diskussion waren. Aber das ist ein Zeichen, dass diese Koalition auch arbeitet. Neben all dem, was wir in Zeiten der Krisen leisten mussten. Wir haben den Menschen sehr viel an Unterstützungsleistungen gegeben.
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In diese Zeit ist auch ein ÖVP-Konzept für einen U-Ausschuss irrtümlich öffentlich geworden. Hätte das die Koalition zum Scheitern bringen können?
Nein. Es gehört zur parlamentarischen Arbeit einer großen Fraktion dazu, dass wir uns auf zukünftige Untersuchungsausschüsse vorbereiten. Man hört ja schon in den Gängen des Parlaments, dass es einen weiteren U-Ausschuss von Rot-Blau geben soll. Da ist es doch legitim, dass man sich auch vorbereitet.
Der kritische Punkt war, dass auch die Grünen in dem ÖVP-Konzept vorgekommen sind.
Es ist wichtig, dass man sich vorbereitet. Auch mit Themen aus dem letzten U-Ausschuss, der einzig und allein gegen die Volkspartei gerichtet war, was aus unserer Sicht so nicht gehen kann. Wenn man schon untersucht und politisch aufklärt, dann soll das für alle gelten und nicht nur für eine Partei.
Interessanterweise sind danach einige Themen auf den Weg gebracht worden, die zuvor in der Pipeline festgesteckt sind. Zum Beispiel das Informationsfreiheitsgesetz.
Das ist ein Punkt, den man als Beispiel für eine funktionierende Koalitionsarbeit vorzeigen kann. Das ist ein Thema, das natürlich auf allen Ebenen gut ausgeredet und ausdiskutiert sein muss. Und das einer Zweidrittelmehrheit bedarf.
Für uns hat das Ministerin Karoline Edtstadler verhandelt und ich bin der Meinung, dass es zu einem guten Ergebnis gekommen ist.
Gibt es die Gesprächsbasis mit den anderen Parteien für die notwendige Zweidrittelmehrheit?
Vor der Präsentation sind ja alle Fraktionen von der Ministerin persönlich informiert worden. Meines Wissens sind auch schon weitere Termine eingetaktet, um diese Verhandlungen für eine Zweidrittelmehrheit aufzunehmen.
Eigentlich haben sowohl die SPÖ als auch die Neos angekündigt, dass sie ein Informationsfreiheitsgesetz wollen. Ich würde deswegen schon davon ausgehen, dass es diese Zweidrittelmehrheit am Ende des Tages geben wird.
Und wie ist die Gesprächsbasis mit dem neuen SPÖ-Klubobmann Philip Kucher?
Korrekt und in Ordnung. Nur manchmal weiß man nicht, mit wem man bei der SPÖ wirklich reden soll. Das hat sich etwas verändert. Dass der Parteiobmann Andreas Babler nicht der Klubobmann ist, das ist eben eine etwas andere Situation. Wir bemühen uns aber um eine gute und korrekte Zusammenarbeit.
Und FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl? Den haben Sie gleich gar nicht genannt. Sieht man da keine Chance mehr auf eine Zusammenarbeit?
Wir haben auch mit Abgeordneten der Freiheitlichen Partei immer wieder Kontakt in den Ausschüssen, das ist keine Frage. Wir sitzen ja auch im Plenum nebeneinander. Aber mit Herbert Kickl ist kein Staat zu machen, er ist ein Sicherheitsrisiko für das Land.
All die jüngsten Entscheidungen, vom Info-Gesetz bis zu den Personalbeschlüssen: Ist das ein Zeichen, dass man auf jeden Fall bis September 2024 durchregieren will?
Wir stehen vor dem Budgetbeschluss, der in Zeiten wie diesen eine große Herausforderung ist. Deswegen war es auch so wichtig, dass da der Finanzausgleich mit den Bundesländern miteingerechnet werden kann. Ich bin schon froh, dass dieses Werk gelungen ist.
Da sind ja mehrere Parteien am Tisch gesessen, nicht nur wir mit den Grünen, sondern auch SPÖ-Landeshauptleute. Das ist ein Zeichen, dass dieser Staat in der Lage ist, gerade in herausfordernden Zeiten so große Pakete schnüren zu können.
Wie ist das innerkoalitionär? Es gab ja immer wieder Gerüchte, dass die Koalition am Klimabudget scheitern könnte, weil Ministerin Leonore Gewessler zu viel will.
Man muss schon darauf verweisen, dass es das Budget für das Wahljahr ist. Wir werden es zusammenbringen. Ich bin mir auch sicher, dass wir da noch einiges umsetzen können. Und wir haben das Land gut durch die Krisen gebracht.
In der Öffentlichkeit – das wird man als Politiker auch merken – ist die Stimmung dennoch eher schlecht.
Ich bin ein strikter Gegner dieses Krankjammerns, dieses Schlechtredens. Wir leben in einem wirklich wunderbaren Land, und es bringt uns überhaupt nichts, täglich unsere Situation schlecht zu reden. Es ist auch nicht so. Es wird natürlich Menschen geben, die jeden Euro zweimal umdrehen müssen. Die hat es aber auch vorher gegeben. Aber wir haben den Menschen geholfen, wo wir konnten. Wir müssen optimistisch in die Zukunft geben.
Und wie steht es mit dem Klimaschutz?
Wir stehen für Klimaschutz mit Hausverstand. Wir haben wahrscheinlich den grünsten Stahl der Welt, den die VOEST produziert. Das sind Transformationsprozesse, die riesig sind. Da muss ich mich doch mit zu vielen Auflagen zurückhalten, damit wir die Industrie am Standort erhalten und nicht vertreiben.
War das jetzt eine Vorgabe für das angekündigte Klimaschutzgesetz?
Nein.
Klubobmann ist eine sehr intensive Funktion. Werden Sie nach der Wahl 2024 wieder zur Verfügung stehen?
Mir macht diese Funktion wirklich Spaß. Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich wahnsinnig gerne unter Menschen bin und dass ich die Abgeordneten sehr schätze. Ich mag meinen Job, ich übe ihn gerne aus – aber in der Politik weiß man nie, wie lange.
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