Poker um Biogas-Gesetz: Zustimmung der SPÖ ist doch nicht fix

Poker um Biogas-Gesetz: Zustimmung der SPÖ ist doch nicht fix
"Wir werden zustimmen", verkündete Andreas Babler im TV-Duell gegen Werner Kogler. Ob die SPÖ vor der Wahl wirklich für das Erneuerbares-Gase-Gesetz stimmt, steht aber auf der Kippe.

Es soll Gasversorger verpflichten, Erdgas schrittweise durch Biogas zu ersetzen: das Erneuerbares-Gas-Gesetz (EGG).

Ist das eine gute Idee? Ja, befinden die Grünen und der ÖVP-Bauernbund. Die türkisen Landwirte haben sich beim EGG in der Volkspartei durchgesetzt, während vor allem die Industrie vor massiven Mehrkosten warnt. Die Konsumenten müssten "dieses subventionierte, planwirtschaftliche System am Ende bezahlen", kritisierte IV-Präsident Georg Knill zuletzt im KURIER-Interview. Am Dienstag legte die IV noch einmal nach und versuchte ÖVP-intern Druck aufzubauen: Das EGG würde die Unternehmen bis 2030 mit 2,5 bis 2,8 Milliarden Euro belasten.

Vor hohen Mehrkosten warnte bisher auch die SPÖ. Und da das Gesetz eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Nationalrat benötigt und die FPÖ (wie noch jedes Mal) dagegen ist, konnte es bisher nicht beschlossen werden. Nun könnte es kurz vor der Nationalratswahl, am 29. September, doch noch dazu kommen. Dafür wäre eine Sondersitzung nötig.

Babler: "Ja, wir werden zustimmen"

Denn vergangene Woche ließ SPÖ-Chef Andreas Babler im ORF-TV-Duell gegen Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) aufhorchen. Auf die Frage, ob die SPÖ dem Grüngasgesetz zustimmen werde, antwortete Babler: "Ja, wir werden zustimmen." Er kritisierte zwar, dass erst am Montag, 16. September, der "erste Verhandlungstermin" sei. Zudem finde er es "moralisch nicht okay", wenn dafür Lebensmittel verheizt werden könnten. "Aber in der Grundrichtung ist es ein richtiges Gesetz, da sind wir dabei. Ich kann das auch öffentlich sagen, dass wir zustimmen werden."

Die Grünen zeigten sich einigermaßen überrascht über Bablers klare Ansage. Denn nur wenige Tage zuvor hatte die SPÖ gegen einen überarbeiteten Gesetzesentwurf gestimmt. Sie vermissten nach wie vor, wie die drohenden Mehrkosten den Haushalten abgegolten werden sollen. Das Gesetz enthält hierzu zwar eine Passage, diese ist der SPÖ aber nicht deutlich genug. Bis 2030 könnten den Haushalten durch das EGG laut Berechnungen der Arbeiterkammer jährlich Zusatzkosten von 160 bis 260 Euro entstehen.

Wichtiger Punkt: Hier fordert die SPÖ wiederum eine dauerhafte Übergewinnsteuer für Energieversorger zur Abdeckung der Mehrkosten. Diese gibt es zeitlich begrenzt zwar schon, von den versprochenen vier Milliarden Euro wurden bisher aber nur 400 Millionen abgeschöpft.

Gewessler: "Worten müssen Taten Folgen"

Nun klang Bablers Aussage eher so, als würde man über diese Punkte mittlerweile hinwegsehen. Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) meinte am Sonntag im KURIER-Interview: "Ich habe mich gefreut über die Aussage von Andreas Babler. Jetzt wird es drauf ankommen, ob seinen Worten auch Taten folgen."

Mittlerweile steht fest: Ob die SPÖ wirklich zustimmt, ist alles andere als klar. Das betonen sowohl der SPÖ-Klub als auch Bablers Büro Dienstagvormittag. Sie verweisen, wie auch ÖVP und Grüne, auf laufende Verhandlungen. Demnach sei Bablers Aussage auch nicht als bedingungslose Zustimmung gemeint gewesen. Zustimmen werde man nur unter der Prämisse, dass die Regierungsparteien den SPÖ-Forderungen entgegen kommen. Es bleibt also spannend.

Hintergrund: Worum es geht - schrittweise Zumischung

Im Februar hatten sich ÖVP und Grüne auf einen Entwurf zum EGG geeinigt. Demnach sollte ab 2024 Biogas ins Gasnetz zugemischt werden, nach diesem Plan:

  • 2024: 0,35 Prozent
  • 2025: 0,95 Prozent
  • 2026: 1,7 Prozent
  • 2027: 3,05 Prozent
  • 2028: 4,84 Prozent
  • 2029: 7,10 Prozent
  • 2030: 9,75 Prozent

Dieser Anstieg bedeutet laut Regierungsangaben mehr als eine Verfünzigfachung der heimischen Biomethanproduktion von heute 0,14 TWh auf dann eben 7,5 TWh. Es geht also um einen langsamen Aufbau einer Biogas-Produktion in Österreich.

Der Hintergrund ist, dass trotz Ausbau der Erneuerbaren Energien mit Wasserkraft, Windkraft, Sonnenstrom und Biomasse dennoch 2030 und danach eine Unterversorgung entstehen kann. Das ist der Grund, warum die großen Gaskraftwerke jedenfalls stehen bleiben, damit diese im Notfall und in Zuunft mit Biogas die Stromversorgung sicherstellen können.

Nationalratswahl 2024

Übersicht über die Wahlprogramme der Parteien

Wie halten es die Parteien mit dem Klimaschutz? Kränkelndes Gesundheitssystem: Wie die Parteien gegensteuern wollen Wahlkampf: Welche Partei löst das Migrationsproblem? Wahlkampf: Welches Wirtschaftsprogramm überzeugt Sie am meisten? "Unernst"? Was wirklich in Bablers finalem Wahlprogramm steht

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