Machtzentrum Küniglberg: Verhältnis von ORF und Politik ist kompliziert

Wer lindert, im übertragenen Sinn, wessen Not, diese Frage stellt sich im Verhältnis ORF zur Politik und umgekehrt öfter: Bundeskanzler Sebastian Kurz; ORF Generaldirektor Alexander Wrabetz
Eine kurze Geschichte über das Geben und Nehmen zwischen Küniglberg und Ballhausplatz

Roland Weißmann, Favorit für den ORF-Generaldirektor, kann sich, so er am Dienstag gewählt wird, in ein gemachtes Bett legen. Der von ÖVP-Seite und Unabhängigen forcierte ORF-Chefproducer  muss sich mit Umfärbungen nicht die Hände schmutzig machen –  ORF-Chef Alexander Wrabetz  hat  vor drei Jahren unter  Türkis/Blau schon alles erledigt: SPÖ-naher Chefredakteur abgelöst, blau-verträglicher eingesetzt, türkis-nahe Channel-Manager, darunter Konkurrentin Lisa Totzauer, besetzt … 

Übung darin hatte Wrabetz bereits: 2010 ließ er auf SP-Wunsch Info-Direktor Elmar Oberhauser im damals rot dominierten Stiftungsrat abwählen.

Gute Gründe

Natürlich gab es auch zuletzt gute Gründe. Der beste war, die damalige ÖVP-FPÖ-Regierung  zu besänftigen und damit die Gebührenfinanzierung zu behalten. Das hat dem Öffentlich-Rechtlichen das Überleben gesichert – und jenes des amtierenden ORF-Chefs gleich mit.  Positiv beigetragen hat da auch die Ibiza-Affäre, weshalb es nicht mehr zu einem neuen ORF-Gesetz samt Führungstausch kam, was wiederum den einen oder anderen    Aufstieg wie den von Online-Chef  Thomas Prantner  beendete. Jedenfalls vorübergehend.

Harald Thoma, Sohn der österreichischen Privat-TV-Legende Helmut Thoma, ist  in diesem Spiel der ORF-Chef-Bewerber  quasi  der einzig wirklich Außenstehende.

Süße Trauben

Dass es  zum Duell zwischen Wrabetz und Weißmann kommt, ist übrigens gleich zwei Bundeskanzlern  der Republik zu verdanken.

Naheliegend ist zunächst einmal Sebastian Kurz.

Das von Schwarz-Blau zur Jahrtausendwende beschlossene ORF-Gesetz bevorzugt seither die Kanzler-Partei. Und auch wenn die 35 Stiftungsräte unterm Jahr seriöse  Arbeit leisten, funktioniert die Bestellung einer neuen ORF-Führung im Wesentlichen nach Partei-Überlegungen.  

Manchmal geht’s da   um die ORF-Zukunft.

Manchmal wird’s  aber auch persönlich: So hat  SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann  die Rückkehr des vormaligen ORF-Generaldirektors Gerhard Zeiler, als dieser aus privaten Gründen dazu bereit war, verhindert, weil er in der Folge ums eigene Leiberl hätte fürchten müssen. Als Zeiler, um die SPÖ nicht zu sprengen, absagte, twitterte Wrabetz süffisant wie erleichtert: „Die süßen Trauben hängen hoch“.  

Partei, so what

Höher als auf den Küniglberg ging es indes für Zeiler, er ist nun einer der wenigen Europäer im internationalen Mediengeschäft – den US-Eigentümern (Warner Bros. Discovery, Anm.) ist es offenkundig egal, dass der Wiener bekennender Sozialdemokrat ist. „Partei, so what“, könnte man da sagen, „die Performance muss stimmen.“ Das wäre auch für Österreich  mal  ein Gedanke.

Harte Zukunft

Genau die Performance, speziell bei jungen Zielgruppen, ist das Problem des ORF . Der Befund  und die Konzepte  der Bewerber aus dem ORF dazu sind sich ähnlich.

Das junge Publikum absentiert sich von linearen Sendern.  Große Hoffnungen setzt man  auf  den ORF-Player, doch  es hakt  – eben  scheiterte das Player-Sportportal beim Genehmigungsverfahren durch die Medienbehörde. Für den  zukunftsträchtigen Vollausbau der ORF-Streaming-Plattform braucht es ohnehin neue gesetzliche Rahmenbedingungen – und damit die Regierung  … ORF und Poltikferne, das geht sich irgendwie nicht aus.  

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