Machtzentrum Küniglberg: Verhältnis von ORF und Politik ist kompliziert
Roland Weißmann, Favorit für den ORF-Generaldirektor, kann sich, so er am Dienstag gewählt wird, in ein gemachtes Bett legen. Der von ÖVP-Seite und Unabhängigen forcierte ORF-Chefproducer muss sich mit Umfärbungen nicht die Hände schmutzig machen – ORF-Chef Alexander Wrabetz hat vor drei Jahren unter Türkis/Blau schon alles erledigt: SPÖ-naher Chefredakteur abgelöst, blau-verträglicher eingesetzt, türkis-nahe Channel-Manager, darunter Konkurrentin Lisa Totzauer, besetzt …
Übung darin hatte Wrabetz bereits: 2010 ließ er auf SP-Wunsch Info-Direktor Elmar Oberhauser im damals rot dominierten Stiftungsrat abwählen.
Gute Gründe
Natürlich gab es auch zuletzt gute Gründe. Der beste war, die damalige ÖVP-FPÖ-Regierung zu besänftigen und damit die Gebührenfinanzierung zu behalten. Das hat dem Öffentlich-Rechtlichen das Überleben gesichert – und jenes des amtierenden ORF-Chefs gleich mit. Positiv beigetragen hat da auch die Ibiza-Affäre, weshalb es nicht mehr zu einem neuen ORF-Gesetz samt Führungstausch kam, was wiederum den einen oder anderen Aufstieg wie den von Online-Chef Thomas Prantner beendete. Jedenfalls vorübergehend.
Harald Thoma, Sohn der österreichischen Privat-TV-Legende Helmut Thoma, ist in diesem Spiel der ORF-Chef-Bewerber quasi der einzig wirklich Außenstehende.
Süße Trauben
Dass es zum Duell zwischen Wrabetz und Weißmann kommt, ist übrigens gleich zwei Bundeskanzlern der Republik zu verdanken.
Naheliegend ist zunächst einmal Sebastian Kurz.
Das von Schwarz-Blau zur Jahrtausendwende beschlossene ORF-Gesetz bevorzugt seither die Kanzler-Partei. Und auch wenn die 35 Stiftungsräte unterm Jahr seriöse Arbeit leisten, funktioniert die Bestellung einer neuen ORF-Führung im Wesentlichen nach Partei-Überlegungen.
Manchmal geht’s da um die ORF-Zukunft.
Manchmal wird’s aber auch persönlich: So hat SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann die Rückkehr des vormaligen ORF-Generaldirektors Gerhard Zeiler, als dieser aus privaten Gründen dazu bereit war, verhindert, weil er in der Folge ums eigene Leiberl hätte fürchten müssen. Als Zeiler, um die SPÖ nicht zu sprengen, absagte, twitterte Wrabetz süffisant wie erleichtert: „Die süßen Trauben hängen hoch“.
Partei, so what
Höher als auf den Küniglberg ging es indes für Zeiler, er ist nun einer der wenigen Europäer im internationalen Mediengeschäft – den US-Eigentümern (Warner Bros. Discovery, Anm.) ist es offenkundig egal, dass der Wiener bekennender Sozialdemokrat ist. „Partei, so what“, könnte man da sagen, „die Performance muss stimmen.“ Das wäre auch für Österreich mal ein Gedanke.
Harte Zukunft
Genau die Performance, speziell bei jungen Zielgruppen, ist das Problem des ORF . Der Befund und die Konzepte der Bewerber aus dem ORF dazu sind sich ähnlich.
Das junge Publikum absentiert sich von linearen Sendern. Große Hoffnungen setzt man auf den ORF-Player, doch es hakt – eben scheiterte das Player-Sportportal beim Genehmigungsverfahren durch die Medienbehörde. Für den zukunftsträchtigen Vollausbau der ORF-Streaming-Plattform braucht es ohnehin neue gesetzliche Rahmenbedingungen – und damit die Regierung … ORF und Poltikferne, das geht sich irgendwie nicht aus.
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