Michael Ludwig: "Essverbot in allen Öffis"

"In meiner Jugend wäre niemand auf die Idee gekommen, seine Burenwurst in der Straßenbahn zu essen", sagt der SPÖ-Politiker.
Wiener Bürgermeister fordert im Interview, Kebab und Co. auch aus Bussen und Straßenbahnen zu verbannen.

Morgen, Samstag, ist Michael Ludwig (SPÖ) 100 Tage als Bürgermeister im Amt. Im KURIER-Interview zieht er Bilanz über das Alkoholverbot, kritisiert den Umgang der Bundesregierung mit Wien und bekennt sich zur rot-grünen-Koalition im Rathaus - trotz Personaldebatten bei den Grünen. 

KURIER: Eine Ihrer ersten Maßnahmen war das Alkoholverbot am Praterstern, bald kommt ein generelles Essverbot in der U-Bahn: Wird die SPÖ unter Ihnen eine Verbotspartei?
Michael Ludwig: In meiner Jugend wäre niemand auf die Idee gekommen, seine Burenwurst in der Straßenbahn zu essen. Überall dort, wo die ungeschriebenen Gesetze nicht mehr diese Bedeutung haben, muss man nachschärfen. Ich nutze gerne öffentliche Verkehrsmittel und möchte – wie viele andere Wiener – nicht darüber nachdenken, ob ich mich in Essensreste setze.

Also wollen Sie à la longue auch in Straßenbahnen und Bussen ein ?
Wenn unsere Erfahrungen mit der U-Bahn etwas in diese Richtung ergeben, dann bin ich für ein Essverbot in allen öffentlichen Verkehrsmitteln.

Gibt es nicht dringendere Probleme als eine Topfengolatsche in den Öffis?  Können Sie nur damit reüssieren?
Es ist ja nicht unser einziges Thema, sondern eines unter vielen. Mir geht es um wirtschaftliche Entwicklung, Sicherung von Arbeitsplätzen, das Sozialsystem – und auch um Ordnung und Sicherheit.

Wird das Alkoholverbot ausgeweitet?
Wir haben uns eine Probephase von einem Jahr vorgenommen. Ich werde in den nächsten Tagen einen Koordinator für den Praterstern einsetzen, der den Auftrag haben wird, sich um die weitere Gestaltung des Knotenpunktes zu kümmern. Sollte sich auf anderen Plätzen eine Szene mit sozial auffälligen Menschen konzentrieren, bin ich auch dort für ein Alkoholverbot – zum Beispiel am Franz-Jonas-Platz.

Stadtrat Hanke hat für September Details zur angekündigten Mehrzweckhalle in Aussicht gestellt.  Haben Sie  schon einen Standort?
Wir prüfen derzeit mehrere Standorte sowie Kooperationsmodelle mit  Investoren und  entscheiden zeitnah.

Seit Jahren wird um einen zentralen Fernbusterminal gestritten. Wann gibt es ein Machtwort von Ihnen?
Man muss die Vor- und Nachteile der Standorte abwägen – unter Einbeziehung der Bezirke. Ich möchte keine Entscheidung gegen den Wunsch der Bezirksbevölkerung treffen.

Sie sind also – im Unterschied zu Vizebürgermeisterin Vassilakou – gegen den Standort Verteilerkreis?
Richtig. Wir werden gemeinsam andere Möglichkeiten finden.

Bis jetzt spürt man noch wenig von Ihrer jüngsten Ankündigung, kantiger gegen die Spitzen der Bundesregierung auf Wien aufzutreten. Werden Sie, wenn jetzt wieder die heiße politische Phase startet, die Interessen Wiens polternder vertreten?
Ich mache das nicht aus Jux und Tollerei. Es gibt jetzt konkrete Fälle, wo Wien benachteiligt werden soll und man uns auch nicht in Entscheidungen einbeziehen möchte (mehr dazu hier). Das kann ich nicht akzeptieren.

Der Bund fordert ein Kopftuchverbot im Kindergarten. Ist das sinnvoll?
In der SPÖ ist unbestritten, dass wir nicht wollen, dass Kindergartenkinder ein Kopftuch tragen müssen. Sollte das jetzt auftreten, nehmen wir Kontakt mit den Eltern auf, um das im Dialog zu lösen. Die Bundesregierung schlägt eine reine Überschrift vor. In dem Entwurf steht ein völlig verklausulierter Begriff, aus dem man ein Kopftuchverbot herauslesen könnte. Einen konkreten Vorschlag der Umsetzung bleibt sie weiterhin schuldig. Die Frage ist: Geht es der Bundesregierung nur um Überschriften, oder will sie Herausforderungen lösen?

Michael Ludwig zieht Bilanz nach seinen ersten 100 Tagen im Amt

Zurück nach Wien: Die Grünen suchen bis November einen Spitzenkandidaten für die nächste Gemeinderatswahl. Wen präferieren Sie?
Ich mische mich nicht in Personalangelegenheiten anderer Parteien ein. Meine Ansprechperson ist nach wie vor Frau Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou.

Diese Ansprechperson könnte sich ändern, weil ja auch der grüne Stadtratsposten neu besetzt werden könnte. Was bedeutet das für die Koalition?
Die Koalition ist vereinbart zwischen zwei Parteien, unabhängig von Personen. Solange der Koalitionspakt eingehalten wird, bin ich bereit, die Koalition fortzuführen. Was nicht geht, ist Oppositionspolitik in der Regierung.

Sehen Sie derartige Tendenzen?
Es wird da und dort öffentlich so artikuliert.

Die Grünen stehen vor einem ähnlichen Flügelkampf wie zuletzt die Wiener SPÖ. Welche Tipps haben Sie für die Grünen?
Ich gebe anderen Parteien keine Tipps. Ich kann aber ganz grundsätzlich sagen, dass es wichtig ist, dass man nach innerparteilichen Diskussionen wieder zueinander findet. Das ist uns in der SPÖ gut gelungen.

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