Zurück ins Büro: Ein Wiedersehen hinter Plexiglas
Während der Handel und zunehmend auch die Dienstleistungsbranche den Betrieb hochfahren, sind die Büros in Österreich verwaist. In den meisten Firmen hält (maximal) ein kleines Team die Stellung, alle anderen Mitarbeiter sind im Homeoffice.
Die Pläne zur Zukunft von Gastronomie, Schulen und Kirchen wurden zuletzt konkreter. Hinsichtlich der Büros blieb die Regierung bisher überraschend vage.
Die zuständigen Minister plädieren dafür, im Homeoffice zu bleiben. Dennoch drängen immer mehr Firmen – und auch die Arbeitnehmer – auf eine Rückkehr zur Normalität.
Im Fokus der Überlegungen stehen nicht zuletzt die Großraumbüros. Sie gewannen als Konzept im vergangenen Jahrzehnt zunehmend an Beliebtheit – sind in Zeiten von Social Distancing aber ein Problem: Meist überschreitet ihre Fläche jene 400 Quadratmeter, die derzeit auch im Handel als Grenze dafür gelten, ob ein Geschäft öffnen darf.
Was also ist derzeit erlaubt? Welche Schutzmaßnahmen sind für Büros vorgeschrieben? Und was passiert eigentlich, wenn einer der Kollegen sich mit Corona infiziert?
Ab wann kehrt auch in den Büros wieder Normalität ein?
Diese Frage beantwortet die Regierung derzeit nicht. Oder nur ausweichend: Man schaue sich „schrittweise“ an, wie lange die Empfehlung für Homeoffice gelte, sagt Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) im KURIER-Gespräch. „Es liegt bei den Unternehmen, so lange wie möglich Homeoffice zu machen.“
Auch aus dem Büro von Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) heißt es: „Grundsätzlich gilt der Appell, dass möglichst wenige Menschen unterwegs sein sollen. Das richtet sich an Arbeitgeber und Arbeitnehmer.“
Man soll also nicht ins Büro – aber darf man?
Ja – allerdings nur unter der Voraussetzung, dass ausreichend Distanz zu den Kollegen eingehalten werden kann. Das Gesundheitsministerium schreibt vor, dass am Ort der beruflichen Tätigkeit immer ein Abstand von mindestens einem Meter zu allen anderen eingehalten werden muss. Außer, es gibt andere Schutzmaßnahmen.
Welche anderen Schutzmaßnahmen sind möglich?
Bauliche Maßnahmen wie Plexiglasscheiben oder Trennwände, heißt es aus dem Arbeitsministerium.
Alternativ können die Mitarbeiter auch in unterschiedliche kleine Teams eingeteilt werden, die sich weder begegnen noch die gleichen Räume nutzen dürfen.
Dabei unterscheidet die Regierung übrigens nicht zwischen kleineren Büros und Großraumbüros. Die Regeln gelten für alle gleichermaßen.
Können Mitarbeiter verpflichtet werden, eine Maske zu tragen?
Nach der aktuellen Rechtslage nicht, sagt Silvia Hruska-Frank von der Arbeiterkammer Wien im Gespräch mit dem KURIER. Die große Ausnahme sind Handelsmitarbeiter mit Kundenkontakt: Die Verordnung zur Verhinderung der Verbreitung von Covid-19 verpflichtet sie, den Mund- und Nasenbereich abzudecken.
In Büros kann der Arbeitgeber Masken nur im Einvernehmen mit dem Dienstnehmer etablieren. Wie der KURIER erfuhr, bereiten mehrere große Unternehmen mit den Betriebsräten bereits Betriebsvereinbarungen zum Tragen von Masken vor.
Eine solche Vereinbarung sei aber nicht als Zustimmung der einzelnen Mitarbeiter zu werten, sagt Hruska-Frank. Das heißt: Sofern die Regierung die Verordnung nicht verschärft, haben Arbeitnehmer ein Vetorecht.
Dies zu nutzen, birgt allerdings Stoff für Konflikte. Nicht nur mit den Chefs, sondern auch mit den Kollegen.
Gelten die Sicherheitsmaßnahmen auch in den Pausen?
Ja. Und sie können sogar soweit gehen, dass die Mittagspause zeitlich gestaffelt werden muss.
Läutet das Corona-Virus das Ende des Großraumbüros ein?
Das „unstrukturierte“ Großraumbüro, das in den 70er-Jahren populär war, sei bereits am Ende, sagt Christian Korunka. Er ist Arbeits- und Organisationspsychologie an der Uni Wien. Heute seien Varianten mit Rückzugsmöglichkeiten und abgetrennten Bereichen verbreitet. Mit der Einführung derartiger Konzepte ging eine zeitliche und örtliche Flexibilisierung der Arbeit einher.
Soll heißen: Viele sind es gewöhnt, keinen fixen Schreibtisch zu haben oder fallweise von zu Hause aus zu arbeiten. „Solche Tendenzen werden durch die Lernerfahrungen aus der Krise sogar verstärkt.“
Wie eine Maskenpflicht im Büroalltag ankäme, hängt laut Korunka von den Vorgesetzten ab: „Ihre Vorbildwirkung ist enorm wichtig.“
Was gilt für Menschen, die Kinder betreuen müssen?
Dasselbe, wie für Mitarbeiter ohne Kinder. Arbeitnehmer mit Betreuungspflichten haben aber die Möglichkeit, gewisse Zeiträume zu überbrücken, zum Beispiel mit Sonderurlaub oder Dienstfreistellung.
Wie geht es mit Mitarbeitern aus Risikogruppen weiter?
Das beschließt der Nationalrat nächste Woche. Zusätzlich zu Menschen über 65 Jahre zählen Personen mit schweren Vorerkrankungen – etwa Krebs oder gravierenden Nieren- oder Lungenleiden – zur Risikogruppe. Das betrifft 90.000 Personen.
Grundsätzlich plant die Regierung, dass sich vorbelastete Menschen ein Attest holen müssen, das ihre Erkrankung belegt.
Weisen sie dieses beim Arbeitgeber vor, gibt es drei Optionen: Der Arbeitgeber kann versuchen, durch Maßnahmen am Arbeitsplatz das Risiko einer Ansteckung zu minimieren. Sollte das nicht möglich sein, ist der nächste Schritt die Arbeit von zu Hause. Geht auch das nicht, soll der Betroffene freigestellt werden. Die Regelung soll ab 4. Mai gelten.
Was passiert, wenn sich ein Kollege mit dem Virus infiziert?
Das ist (noch) nicht ganz klar. Was in so einem Fall mit den Büroräumlichkeiten und jenen Personen passiert, die Kontakt zum Erkrankten hatten, das „entscheidet die Gesundheitsbehörde“, heißt es auf Anfrage aus dem Arbeitsministerium.
Und solange das Homeoffice besteht: Wer muss da eigentlich die Kosten – etwa für Druckpatronen oder für den Strom – tragen?
Der Dienstgeber. Er ist verpflichtet, Arbeitsmittel zur Verfügung zu stellen, sagt AK-Expertin Silvia Hruska-Frank. Wer die Ausgaben für vergleichsweise günstige Büro-Utensilien wie Druckerpatronen, Papier oder Kugelschreiber erstattet haben möchte, muss lediglich die Rechnung beim Arbeitgeber einreichen.
Sind teurere Anschaffungen – etwa ein Drucker – nötig, sollten diese vorab mit den Vorgesetzten besprochen werden.
Sogar zusätzliche Stromkosten, die das Arbeiten in den eigenen vier Wänden nach sich zieht, sind vom Dienstgeber zu bezahlen. Hruska-Frank empfiehlt, für diesen Posten eine Pauschale zu vereinbaren. Das erspart mühsames Abrechnen einzelner Kilowattstunden.
Außertourliche Telefon- oder Internetkosten können sich Angestellte ebenfalls erstatten lassen.
Hruska-Frank rechnet nicht damit, dass viele Arbeitnehmer von diesen Rechten Gebrauch machen werden – schon gar nicht solche, die sich Sorgen um ihren Job machen: „Die meisten werden froh sein, das Homeoffice irgendwie zu bewältigen.“
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