Homeoffice in Zeiten des Coronavirus: Das sagt das Arbeitsrecht

Homeoffice in Zeiten des Coronavirus: Das sagt das Arbeitsrecht
Ein Arbeitsrecht-Experte gibt Antworten zu den Themen Homeoffice, Quarantäne, Kurzarbeit und Dienstfreistellungen.

Die Krisensituation durch das Coronavirus wirbelt das Wirtschafts- und Geschäftsleben in Österreich – und auf der ganzen Welt – durcheinander. Umsätze gehen zum Teil massiv zurück, der Tourismus ist besonders stark betroffen, Unternehmen müssen täglich neu darüber nachdenken, wie sie mit den Entwicklungen rund um das Virus umgehen. Die Schließungen von Universitäten und Schulen ist Realität, auch Unternehmen könnte es in den nächsten Tagen treffen.

Wir wird dann weiter gearbeitet? Im Gespräch mit dem KURIER gibt Walter Gagawczuk, Arbeitsrechtsexperte der Arbeiterkammer, Antworten zu den Themen Homeoffice, Quarantäne und Kurzarbeit.

1. Wie viele unselbstständig Beschäftigte können überhaupt von zu Hause arbeiten?

Es ist bei vielen Unternehmen möglich, aber meist nur für einen kleinen Teil der Beschäftigten. Sobald persönlicher Kontakt notwendig ist, im Einzelhandel, in der Pflege, auf Baustellen, ist das nicht mehr möglich.

2. Darf ein Unternehmen innerhalb der Belegschaft Unterschiede machen?

Also einen Teil ins Homeoffice schicken, einen anderen nicht?Der Dienstort ist Vereinbarungssache. Wenn es sachliche Gründe gibt für eine Änderung des Dienstortes, ist das auch für den jeweiligen Einzelfall okay. Man darf also Unterschiede machen.

3. Darf ich aus Angst vor dem Coronavirus eigenmächtig zu Hause bleiben?

Nein. Grundsätzlich müssen sämtliche Verfügungen bezüglich der Anwesenheitspflicht im Betrieb zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbart werden. Eine Quarantäne der Arbeitsstätte oder einer physischen Person wird von den Gesundheitsbehörden verhängt. Wohnt man in einer deklarierten Sperrzone und müsste diese zum Antritt der Arbeit (unberechtigt) verlassen, oder befindet sich die Arbeitsstelle in einem Gebiet, das zur Sperrzone erklärt wurde, muss mit dem Arbeitgeber Kontakt aufgenommen werden, um die Verhinderung mitzuteilen.

4. Kann der Arbeitgeber die Belegschaft einseitig nach Hause schicken?

Grundsätzlich steht es dem Arbeitgeber frei, auf die Anwesenheit der Belegschaft zu verzichten, wobei es sich hierbei üblicherweise um einen Fall der Dienstfreistellung handelt – das ist kein Krankenstand und auch kein Urlaub.

5. Bekomme ich trotz Entfalls meiner Arbeitsleistung weiterhin bezahlt?

Bei berechtigtem Entfall der Arbeitsleistung ist der Arbeitgeber verpflichtet, das Entgelt trotz Freistellung weiter zu bezahlen.

6. Was gilt hinsichtlich der Entgeltfortzahlung, wenn ich in Quarantäne komme?

Unterbleibt die Arbeitsleistung auf Grund einer Quarantäne wegen einer Epidemie-Erkrankung im Sinne des Epidemiegesetzes (das Coronavirus wurde in die Liste der anzeigepflichtigen übertragbaren Krankheiten aufgenommen), ist das Entgelt weiter zu zahlen. Der Arbeitgeber kann das Entgelt aber vom Bund zurückholen. Dieser Anspruch ist zeitlich unbegrenzt und gilt auch für freie Dienstnehmer und unter bestimmten Voraussetzungen auch für Selbstständige.

7. Darf der Arbeitgeber einseitig Homeoffice anordnen?

Eine Verpflichtung zu Homeoffice besteht nur, wenn eine diesbezügliche Vereinbarung im Arbeitsvertrag enthalten ist oder sich darin eine sogenannte Versetzungsklausel findet, wonach man einseitig an einen anderen als den ursprünglich vereinbarten Arbeitsort versetzt werden kann. In allen anderen Fällen muss die Verlegung des Arbeitsortes zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ausdrücklich vereinbart werden. Gibt es keine Vereinbarung und der Arbeitgeber verordnet Homeoffice, könnte die Treuepflicht des Arbeitnehmers schlagend werden. Diese besagt, man muss bereit sein, im Notfall Handlungen für den Arbeitgeber durchzuführen, um einen Schaden für das Unternehmen abzuwenden.

8. Habe ich Anspruch auf Dienstfreistellung, wenn Schule oder Kindergarten schließen?

Werden Schule oder Kindergarten nach dem Epidemie-Gesetz behördlich geschlossen, liegt unter Umständen – das hängt etwa vom Reifegrad des Kindes ab – ein Dienstverhinderungsgrund mit Entgeltfortzahlung vor. Wichtig ist jedoch, dass der Anspruch im Einzelfall geprüft werden muss, und zwar zum Beispiel in Hinblick auf den Reifegrad des Kindes und alternative Betreuungsmöglichkeiten. Anderweitige Betreuungsmöglichkeiten müssen, wenn möglich, ergriffen werden, wobei das im Einzelfall auch vom Umfang der behördlichen Anordnung abhängt.

9. Darf ich im Homeoffice während der Arbeitszeit „private Dinge“ erledigen?

Ist eine bestimmte Arbeitszeit vereinbart, geht das im Grunde nicht. Arbeitet man zeitlich flexibel, ist das denkbar. Anzuraten ist, das vorher mit dem Vorgesetzten abzuklären.

10. Wie erfolgt die Kontrolle über meine Arbeit?

Auch das ist Sache zwischen Mitarbeiter und Vorgesetzten: Zählt die zeitliche Verfügbarkeit eines Mitarbeiters? Zählen die Ergebnisse? Details müssen mit dem Vorgesetzten geklärt werden.

11. Kann Kurzarbeit angeordnet werden?

Ja. Sollte der Arbeitgeber Kurzarbeit anordnen, muss man sich als Arbeitnehmer daran halten. Die Vereinbarung von Kurzarbeit ist allerdings aufwendig und genau geregelt – sie kommt daher de facto nur für große Produktionsunternehmen infrage. Grundsätzlich erhalten die Arbeitnehmer für die tatsächlich geleistete Arbeitszeit weiterhin aliquot das vereinbarte Entgelt. Für die ausfallende Arbeitszeit muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Kurzarbeitsunterstützung auszahlen.

 

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