Flugpolizei will umstrittene "Lizenz für Tiefflüge"

Flugpolizei will umstrittene "Lizenz für Tiefflüge"
Die Mindestflughöhe soll herabgesetzt werden, obwohl es dabei zwei Unfälle mit sechs Toten gab.

Für Polizeiautos und Polizei-Hubschrauber gibt es vergleichbare Regeln: Werden sie zu einem Einsatz gerufen, dann dürfen sie natürlich Gesetze missachten. Ampeln, Einbahnen oder Mindestflughöhen gelten nicht, wenn es vielleicht um Leben und Tod geht.

Doch wenn der Einsatz vorbei ist und Fahrzeuge und Helikopter einrücken, müssen sie sich wie alle Staatsbürger verhalten.

Doch das könnte sich zumindest für das fliegende Personal bald ändern. So soll der §145 des Luftfahrtgesetzes geändert werden und quasi jeder Flug zu einem Einsatzflug deklariert werden - so würde beispielsweise die Mindestflughöhe auch nachts über den Städten generell nicht mehr gelten. Innen- und Verkehrsministerium bestätigen auf Anfrage, dass es Gespräche über die Neudefinition von Einsatzflügen gibt.

Flugpolizei will umstrittene "Lizenz für Tiefflüge"

Zwei Tote in Deutschlandsberg wegen zu niedriger Flughöhe

Ein in die Abläufe involvierter Beamte nennt es einen drohenden "Persilschein des Wahnsinns". Kritik gibt es auch vom renommierten Flugexperten Hellfried Aubauer: "Der §145 umfasst lediglich Einsatzflüge, vergleichbar mit dem Straßenverkehr. Funkstreifen sind im Einsatz mit Blaulicht unterwegs und befugt, Kreuzungen auch bei Rotlicht zu übersetzten. Dies gilt jedoch nicht bei Fahrten zu Reparaturwerkstätten oder zu Polizeifesten - diese haben ohne Blaulicht zu erfolgen. Ähnliches hat bislang auch in der Luftfahrt Gültigkeit. Dies erscheint sinnvoll! In einer demokratisch geordneten Welt werden Ausnahmen dazu kaum Verständnis finden."

Der Hintergrund ist brisant: 2011 starben beim Heimflug von einem Grenzüberwachungsflug bei einem leichtsinnigen Tiefflugmanöver in Tirol vier Insassen eines Polizei-Helikopters. Mit der neuen Regelung würde dies legitimiert werden.

2009 gab es zwei weitere tote Polizisten, die am Rückweg von einem Suchflug nach einem Selbstmörder rund 100 Meter zu tief über Deutschlandsberg flogen. Dadurch war eine lebensrettende Notlandung (Auto-Rotation) nicht mehr möglich. Auch dies wäre mit der geplanten Neuregelung kein Fehlverhalten mehr.

Zu dem Unglück in der Steiermark soll jedenfalls nun - nach vierzehn Jahren - erstmals ein Untersuchungsbericht veröffentlicht werden. Es gibt bereits einen noch geheimen Rohbericht, in dem der Heimflug schon zu einem Einsatzflug umgedeutet wird. Damit würde der Pilot, der schlechte interne Bewertungen hatte, von einer Mitschuld freigesprochen. Ein Ressortsprecher meint, das sei ein Ermessensspielraum des Untersuchungsleiters.

Die Witwen und Waisen des getöteten Polizisten Anton H. wollen jedenfalls verhindern, dass erneut ein manipulierter Bericht der staatlichen Behörde veröffentlicht wird. Die Untersuchungsstelle des Verkehrsministeriums (SUB) zeigt aber wenig Interesse an Transparenz, der Familie wurde sogar die ihnen zustehende Akteneinsicht verweigert, sagt deren Anwalt Gerald Ruhri.

Flugpolizei will umstrittene "Lizenz für Tiefflüge"

Interne Dokumente belegen, dass der Pilot zu tief flog. Im offiziellenUntersuchungsbericht wird das verschwiegen

Dabei wird in dem Dokument vieles verschleiert, darunter auch die genaue Flughöhe des Polizei-Helikopters. Interne Dokumente des Ressorts von Leonore Gewessler, die dem KURIER vorliegen, belegen, dass der Hubschrauber nur auf rund 200 Metern Höhe unterwegs war und damit unter den in verbautem Gebiet erlaubten 300 Metern, wo eine lebensrettende Auto-Rotation wohl möglich gewesen wäre. Denn ein Helikopter benötigt eine gewisse Mindestflughöhe, damit die Rotorblätter in Schwung kommen.

Der Tiefflug des Piloten war eigentlich ein Fehlverhalten, das künftig aber erlaubt wäre, wenn der Heimflug auch zum Einsatz zählt.

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