128 ungeklärte Flugzeugabstürze: Chef-Ermittlerin im Zwielicht
In der Untersuchungsstelle im Klimaschutzministerium (SUB), die alle größeren Flugzeugabstürze und Bahnunfälle untersucht, stapeln sich die Akten. Allein 128 Unglücke mit Flugzeugen in Österreich sind bis heute ungeklärt. Gerade einmal sieben Prozent aller Altlasten wurden in den vergangenen Jahren abgebaut. Dutzende Witwen und Waisen warten teilweise über ein Jahrzehnt, um Klarheit zu erhalten, wie ihre Liebsten gestorben sind.
Warum das alles so lange dauert, das untersucht seit Kurzem der Rechnungshof. Ins Visier geraten dürfte dabei auch das ausufernde Ausbildungsprogramm der SUB, denn mehr als ein Drittel der Beamten wurde ein Studium nebenbei genehmigt - dafür gibt es freie Tage in der Dienstzeit, die meisten Ausbildungen werden bezahlt. Studiert wird unter anderem auch Psychologie.
Laut UNO sind die Ermittlungen von Flugzeugabstürzen in Österreich auf dem Niveau von Entwicklungsländern:
Für Verwunderung im Ministerium sorgt aber speziell das Studium von SUB-Chefin Bettina Bogner. Sie studiert derzeit um rund 18.000 Euro "Traffic Accident Research" - auf Staatskosten im rund 200 Kilometer entfernten Graz. Dabei lernt man die Untersuchung von Autounfällen. Lehrende sind etwa die ehemalige Leiterin des Verkehrssicherheits-Fonds für Wunschkennzeichen oder eine anerkannte Verkehrspsychologin.
Allerdings untersucht die SUB überhaupt keine Verkehrsunfälle.
Bogner hat allerdings - neben dem intensiven Job als SUB-Leiterin in Wien sowie dem Studium in Graz - auch noch eine dritte Aufgabe, sie hat eine Geschäftsführer-Position bei der Firma "BB-Forensics". Die ehemalige Polizistin bietet dort etwa kriminalistische Untersuchungen an, das Hauptgeschäft laut Homepage ist aber etwas anderes: "Peter B. und Bettina Bogner sind Ihre Sachverständigen, wenn es um Unfallrekonstruktion und -analysen, Schadensanalytik und Fahrzeugforensik österreichweit geht." Untergebracht ist die Firma zur Untersuchung von Kfz-Unfällen in einem Autohaus in Wien-Ottakring.
Für die Rechnungshofprüfer interessant werden könnte in diesem Zusammenhang auch noch die Anschaffung eines Spezialmikroskops für die SUB werden, das im Endausbau an die 100.000 Euro gekostet haben dürfte. Laut Ministeriumsinsidern wurde das Keyence VHX 6000 in den vergangenen Jahren für keine einzige Unfallermittlung eingesetzt.
Auch das Ressort von Ministerin Leonore Gewessler (Grüne) konnte auf KURIER-Anfrage kein Beispiel für einen Einsatz nennen. Untersuchungen der Materialoberfläche sind auch bei Flugzeugabstürzen und Bahnunfällen kaum notwendig, falls doch, dann müssen das externe Sachverständige gerichtsfest bestätigen, heißt es.
Wofür so ein Mikroskop sonst noch geeignet wäre? Laut Hersteller kann man damit etwa kriminaltechnische Untersuchungen von Patronen durchführen. Ideal wäre es auch, um Lackspuren nach Verkehrsunfällen zu prüfen.
Offiziell heißt es aus dem Gewessler-Ressort dazu: „Die SUB benötigt für ihre Arbeit selbstverständlich auch technisches und spezialisiertes Equipment. Dazu gehört auch ein Mikroskop, das vor allem im Bereich der Untersuchung von Flugunfällen verwendet wird. Selbstverständlich sind die entsprechenden Mitarbeiter auf die Verwendung des Mikroskops geschult.“
Ministerium verteidigt Studium
Und zum Studium von Bogner: "Selbstverständlich sind die Lehrinhalte in den Bereichen Unfalldokumentationen, Unfallmechanik, Biomechanik, Human Error oder auch Unfallrekonstruktion oftmals für unterschiedliche Unfallarten anwendbar. Das ist auch im Sinne der SUB, die ja nicht nur Flugunfälle, sondern auch den Bereich Eisenbahn, Seilbahn und Schifffahrt abdeckt. Auch die Leiterin der SUB braucht im Zuge ihrer Fachaufsicht umfangreiche Kenntnisse bei der Unfalluntersuchung."
Nicht erwähnt wird, dass es auch einen Masterlehrgang für die Untersuchung von Flugzeugabstürzen gibt. Dorthin soll es ein leitender SUB-Beamter sogar ohne Matura oder Studienberechtigungsprüfung geschafft haben, obwohl auch er noch einen Drittjob hat, als Feuerwehrkommandant.
Bestritten wird im Klimaschutzministerium, dass Bogner überhaupt eine private Firma habe. Obwohl BB-Forensics eine eigene Firmenbuchnummer hat und es auf der Homepage heißt "Vollständiger Firmenname: Sachverständigenbüro Dipl-HTL-Ing Bettina Bogner, BA & Ing. Peter B."
Kommentare