Reisen in Corona-Zeiten: Wie das Risiko gesenkt werden kann
„Ich werde auch wieder reisen und auf Urlaub aus dem Norden Deutschlands nach Tirol fahren“, sagt der Oberösterreicher Emil Reisinger, Infektiologe und Dekan der Medizinischen Fakultät der Uni Rostock. „Bei Zielländern mit vergleichbar wenig Neuinfektionen wie dem Heimatland ist das Risiko gering, wenn man ein wenig aufpasst.“ Reisinger selbst wird zwar mit dem Auto fahren: „Angesichts der geringen Zahlen sehe ich aber auch beim Fliegen oder Bahnfahren kein Problem. Wichtig ist, immer eine Schutzmaske zu tragen und Abstand zu halten, wo das möglich ist.“
Über das Fliegen machen sich viele die meisten Gedanken: „Reisen in einem Flugzeug ist nicht risikofrei, aber das Risiko ist sehr gering“, sagt der Infektiologe Dean Winslow, Stanford Universität, in der LA Times. Sowohl bei Influenza als auch beim SARS-Virus von 2002/2003 sind einzelne Ansteckungen in Flugzeugen dokumentiert. Bei einem Flug von China nach Kanada im Februar kam es aber trotz eines (wie sich nachher herausstellte) mit SARS-CoV-2 infizierten Passagiers zu keinen Ansteckungen – alle 350 Passagiere trugen Nasen-Mund-Schutz. Sollte ein Passagier infiziert sein, besteht das größte Risiko für seine und die zwei Reihen davor und dahinter. Eine bestätigte Infektion in einem Flugzeug gibt es bisher nicht.
Um innerhalb Europas zu reisen, ist für viele das Auto das Transportmittel der Wahl. „Es ist sicher eine Umstellung, dass man aktuell noch nicht ganz wie gewohnt überall hinfahren kann“, sagt ÖAMTC-Touristikerin Dagmar Redel. In Österreich fällt die Maskenpflicht für haushaltsfremde Personen im gemeinsamen Auto mit 15. Juni. „Österreich war mit dieser Regelung strenger als andere Nationen, in denen es meist keine expliziten Regelungen dazu gibt.“ Redel appelliert an die Eigenverantwortung. Unterwegs sei auf Hygiene zu achten, „in Raststätten gelten hierzulande die Gastronomie-Bestimmungen.“
Zeitnah informieren
Auch über den Sommer hinweg werde es bei Reisen in Europa noch die ein oder andere Einschränkung geben. Jedes Land bestimme selbst, welche Beschränkungen es mit Blick auf die Infektionszahlen erlässt – oder erneut einführt. Wichtig sei, dass man sich zeitnah vor der Reise informiert, wie die Lage in der anvisierten Reisedestination ist. „Sofern Reisewarnungen ausgesprochen werden, muss man sich bewusst sein, dass man im Falle einer Notsituation die Kosten für die Rückholung selbst trägt.“
Bei der AUA überlegt man für solche Fälle eine „Home-Coming-Garantie“, eine Rückfluggarantie, etwa bei einem Virusausbruch. Sprecherin Tanja Gruber: „Details werden gerade ausgearbeitet.“
Sicher unterwegs - in der Luft, auf Schienen und Straßen
Flugzeug:
Wer in Wien-Schwechat ein Flughafengebäude betritt, muss einen Nasen-Mund-Schutz tragen. „Im gesamten Terminalbereich gilt eine Schutzmaskenpflicht für Passagiere und Beschäftigte“, sagt Flughafensprecher Peter Kleemann. Check-in- und Informationsschalter sind mit Plexiglas-Scheiben ausgestattet, an den Anstellflächen gibt es Abstandsmarkierungen. Das Boarding erfolgt nur noch in Kleingruppen von rund zehn Personen, bei Busabfertigungen wird die Zahl der Passagiere pro Bus beschränkt und die Zahl der Busse erhöht.
Die Europäische Flugsicherheitsbehörde EASA empfiehlt während jedes Fluges Masken für Passagiere und Kabinencrew – bei der Lufthansa Group ist das verpflichtend. „Die Luft strömt von oben nach unten, alle drei Minuten gibt es einen kompletten Luftaustausch, die HEPA-Filter halten 99,97 % aller Partikel zurück, auch MERS- und SARS-Viren“, sagt Austrian-Sprecherin Tanja Gruber. „Wichtig ist, dass die Lüftung auch am Boden läuft“, erläutert Reisinger: „Das ist bei uns der Fall“, betont Gruber. „Die Klimaanlage ist auch beim Boarding eingeschalten.“
Zug:
Für ÖBB-Passagiere gelten auch aktuell noch eine Handvoll Regeln: „Sie müssen Mund-Nasen-Schutz tragen, beim Betreten der Bahnhöfe, am Bahnsteig und im Zug“, sagt Pressesprecher Daniel Pinka. „Beim Essen und Trinken dürfen sie diesen selbstverständlich abnehmen.“ Im Bordrestaurant werden – wenn auch momentan mit reduziertem Sortiment – wieder offene Speisen angeboten. „Übergangsweise sind wir auf verpackte umgestiegen.“
In puncto Ansteckungsgefahr sei der Luftaustausch im Waggon ein Thema: „Die Railjets verfügen über intelligente Klimaanlagensysteme, die die Frischluftzufuhr entsprechend der Zahl der Gäste regeln.“ Gereinigt werde nach wie vor verstärkt, auf den Bahnhöfen primär die Touchscreens der Ticketautomaten.“ Die Zugbegleiter sind angehalten, die Tickets kontaktlos zu scannen. Der Fahrgast kann mithelfen, indem er über die Handy-App bucht. Nachtzüge verkehren erst ab 26. Juni wieder auf grenzüberschreitenden Verbindungen. Die buchbaren Plätze im Liegewagen wurden von sechs auf vier reduziert. Im privaten Schlafwagen hat man größtmögliche Privatsphäre, hier sind aber auch die Kosten höher.
Bus:
Reisebusse dürfen seit Anfang Juni wieder auf den Straßen unterwegs sein. Zwar benötigen Fahrgäste sowie der Lenker eine Maske, dafür dürfen alle Sitze belegt werden. Das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes ist beim Ein- und Ausstieg und während der Fahrt Pflicht. Ausgenommen sind Kindergartenkinder (bis vollendetem 6. Lebensjahr) und Lenker, denen das Tragen aus gesundheitlichen Gründen nicht zugemutet werden kann. Der gewohnte Sicherheitsabstand von 1,5 Metern ist in den Wartebereichen an den Haltestellen und beim Ein- und Ausstieg zu beachten.
Flixbus hat, wie viele andere Fernbusunternehmen, den Betrieb in Österreich wieder aufgenommen. Neben Wien, Graz und Linz werden aktuell auch Klagenfurt und St. Michael angefahren. Ein Ausbau erfolgt je nach Nachfrage. Passagiere, die in Nachbarländer reisen, müssen sich vorab über die Einreisebestimmungen informieren. Die Busse werden nach jeder Fahrt desinfiziert. Ein- und Aussteigen ist über die hintere Bustür erlaubt. Berührungslose Ticketkontrolle und Desinfektionsmittel an Bord komplettieren das Hygienekonzept.
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