Grippe-Impfpflicht für Gesundheitspersonal: Pro und Contra

Grippe-Impfpflicht für Gesundheitspersonal: Pro und Contra
Ob Influenza oder Masern: Das Thema wird seit Jahren emotional diskutiert. Was dafür und was dagegen spricht.

Eine Impfpflicht gegen Grippe für Gesundheitsberufe? Mit dieser Ankündigung überraschte Gesundheitsminister Rudi Anschober (Grüne) bei der Regierungsklausur in Krems. Die Regierung prüfe bis zum Sommer.

Eine Impfpflicht gegen Grippe für Gesundheitsberufe wäre etwas völlig Neues in Österreich, wo es generell bisher keine Impfpflicht gibt, sondern lediglich Empfehlungen sich immunisieren zu lassen. 

Derzeit wurde in Österreich offiziell die alljährlich auftretende Grippewelle aufgerufen.

Die Viruserkrankung unterscheidet sich von ebenfalls häufigen grippalen Infekten und Erkältungen.

Impfpflicht ist emotionales Thema

Das Thema Impfpflicht wird seit Jahren durchaus emotional diskutiert. Allerdings geht es dabei vor allem um nur ein- bzw. zweimalig nötige Schutzimpfungen, etwa gegen Masern, Mumps und Röteln. Da jedes Jahr ein anderer Grippevirenstamm aktiv ist, muss die Immunisierung gegen die Influenza jährlich erfolgen. Immer wieder kritisieren Experten, dass sich trotz viel Aufklärung zu wenige Österreicher impfen lassen.

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Impfpflicht bei Masern

Der Vorstoß der Regierung lässt die Diskussion um das Thema erneut aufkochen. Seit Jahren gibt es immer wieder Anläufe dazu, etwa wenn es zu gehäuften Ausbrüchen der hochansteckenden Masern kommt. Zuletzt hatten sich die Länder Oberösterreich und Steiermark für eine Impfpflicht ausgesprochen. Im November 2019 wurde in Deutschland nach langen Diskussionen und Kämpfen von Befürwortern und Gegnern eine Impfpflicht gegen Masern in Kindergärten eingeführt.

In zwölf der 28 EU-Mitgliedsstaaten gibt es bereits eine Impfpflicht, allerdings unterscheiden sich die Länder in der Anzahl. In vielen osteuropäischen Ländern gibt es seit Jahrzehnten eine Tradition der Impfpflicht. Einige Beispiele: In Lettland sind 14 Impfungen verpflichtend, in Belgien nur eine.

Viele EU-Länder weiten aber die bestehenden Impf-Verpflichtung zunehmend aus. Etwa in Frankreich waren bisher nur Pflichtimpfungen gegen Diphterie, Kinderlähmung, Tetanus) verpflichtend. Wer die Pflicht nicht befolgte, hatte aber keine Strafen zu befürchten. Zuletzt wurde die Verpflichtung auf elf Impfungen ausgeweitet. Besuchen die Kinder später Betreuungseinrichtungen, müssen die Eltern den Impfschutz nachweisen.

Aufklärung statt Zwang

In Österreich setzt man bisher auf Aufklärung, anstatt Impfpflicht. Das machten die Gesundheitminister der vergangenen Jahre immer wieder klar. Zudem hieß es, es gebe bereits die Möglichkeit, dass Arbeitgeber (etwa Krankenanstalten) im Rahmen ihrer Fürsorgeverpflichtung bei ihren Mitarbeitern auf einen bestehenden Impfschutz bestehen. Man spricht dann von einer "indirekten Impflicht". Die geimpften Mitarbeiter können keine ungeschützten Patienten anstecken - etwa Säuglinge, die erst in einem bestimmten Alter gegen Mumps, Masern und Röteln immunisiert werden dürfen.

Das setzt man etwa unter anderem an den medizinischen Universitäten bei Erstsemestrigen um. In der Steiermark startet ab dem Schuljahr 2020/21 überhaupt ein neues Modell: Kinder mit einem aufrechten Impfschutz gegen Mumps, Röteln und Masern werden bei der Platzvergabe im Kindergarten bevorzugt.

Masern werden unterschätzt

Besonders die Gefahr von Masern wird stark unterschätzt. Bei einer Durchimpfungsrate von rund 90 Prozent gibt es für die nicht Geimpften den sogenannten Herdenschutz. Da aber die Zahl der Geimpften (vor allem Kinder) in den vergangenen Jahren ständig sinkt, gibt es immer wieder Ausbrüche der Infektionskrankheit, die im Gegensatz zur Meinung "Kinderkrankheit" gefährliche Spätfolgen haben kann.

Was für und was gegen eine Impfpflicht spricht

Contra:

  • Impfschäden sind zwar extrem selten, kommen aber vor. Deshalb sollte es jedem selbst überlassen sein, ob er sich dem Risiko aussetzt.
  • Studien zeigen, dass eine Pflicht das Gegenteil bewirken kann. Selbst Impfbefürworter wollen sich nicht bevormunden lassen.
  • Es gibt Beispiele, dass Krankheiten auch ohne Impfpflicht eliminiert wurden. Beispiel ist die Polio – da wurde allerdings eine Schluckimpfung verabreicht.
  • Eine Pflichtimpfung wäre ein Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht der Menschen. Es widerspricht dem  Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit.

Pro:

  • Wäre die Durchimpfungsrate höher, wären die Masern längst ausgerottet, und niemand müsste mehr geimpft werden.
  • Bei manchen Menschen nutzen alle rationalen Argumente nicht. Ihnen ist nur durch eine Impfpflicht beizukommen.
  • Säuglinge in Spitälern, Kindern in Schulen und Kindergärten haben das Recht, von vermeidbaren Gefährdungen geschützt zu werden.
  • Das Beispiel Italien zeigt, dass eine Verpflichtung Menschen vor der gefährlichen Maserninfektion schützt. Dort wurde im Juli 2017 eine Impfpflicht eingeführt. Daraufhin hat sich die Zahl der Erkrankten halbiert – von 5402 auf 2548 Fälle.

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