Reizthema Impfen: Aufholbedarf beim Gesundheitspersonal
Sie sind am nächsten an den Patienten dran – und dennoch nicht gänzlich von Impfungen überzeugt: Beim Gesundheitspersonal sind Immunisierungen vergleichsweise wenig angesehen. Das zeigt eine repräsentative Umfrage des Verbandes der Impfstoffhersteller (ÖVIH).
"Verwunderlich ist, dass zwölf Prozent der Personen, die im Gesundheitsbereich arbeiten, eine negative ("eher negativ": zehn Prozent; Anm.) oder sogar sehr negative Einstellung (zwei Prozent; Anm.) zum Impfen haben", sagt Gesundheitsforscherin und Studienautorin Astrid Eßl. Problematisch: "Es geht nicht nur um den Selbstschutz, sondern auch darum, Patienten nicht anzustecken". Aufgrund der kürzlich aufgetretenen Masern-Fälle wird in Österreich eine Impfpflicht diskutiert. Während sich nicht alle Experten einig sind, ob eine solche sinnvoll ist, spricht sich der Großteil für eine Vorschrift in Gesundheitsberufen aus.
Verhältnismäßig hohe Impfskepsis
Die verhältnismäßig hohe Impfskepsis im Gesundheitssektor kann sich Univ.-Prof. Werner Zenz, Impfexperte und Kinderarzt an der MedUni Graz, nicht erklären. Wichtig sei jedenfalls, "dass auch in Gesundheitsberufen, etwa der Pflege, kontinuierlich eine Weiterbildung erfolgt." Jeder Mensch habe ein begrenztes Wissensspektrum, "daher müssen auch wir uns gegenseitig bilden".
Der Großteil der befragten 2.000 Österreicherinnen und Österreicher (83 Prozent) ist unterdessen für das Impfen. Nur drei Prozent bewerten es "sehr negativ". Der Anteil der Impfgegner ist demnach recht klein, "auch wenn diese medial und im Internet sehr präsent sind", betont Eßl.
Faktor Bildung
Bei der Zustimmung oder Ablehnung von Schutzimpfungen spielt das Geschlecht keine Rolle, sehr wohl aber der Bildungsgrad. Je höher dieser ist, desto positiver stehen die Menschen Impfungen gegenüber. Auch einzelne Impfungen wurden abgefragt. 94 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher kennen etwa die jährliche Influenzaimpfung. Nur zehn Prozent gaben an, tatsächlich gegen die Grippe geimpft zu sein.
Mangelndes Wissen
Interessant sind die Daten zur HPV-Impfung. Gerüchte darüber, dass diese als Nebenwirkungen chronische Müdigkeit oder gar Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose verursachen könnte, halten sich hartnäckig, obwohl Wissenschafter dies dementieren.
Was hierzulande die wenigsten wissen: Die Schutzimpfung gegen Humane Papillomviren wird im Österreichischen Impfplan ab dem vollendeten neunten Lebensjahr empfohlen. Die Impfung schützt junge Frauen Studien zufolge gut vor Vorformen von Gebärmutterhalskrebs. Frauen, die im Alter von 15 bis 26 Jahren geimpft wurden, haben ein deutlich geringeres Risiko, Krebsvorstufen zu entwickeln. Abgesehen von Kindern und Jugendlichen gibt es auch Daten zur Schutzwirkung bei Erwachsenen bis mindestens 45.
Befragt wurden daher Personen, die entweder Kinder im passenden Alter haben oder selbst unter 45 Jahre alt sind. Aktuell sind 66 Prozent der Kinder zwischen acht und 18, von denen ein Elternteil an der Erhebung teilgenommen hat, nicht gegen HPV geimpft. Von den 19 bis 45-Jährigen haben 74 Prozent keine Impfung erhalten. Es zeigte sich außerdem, dass nur 50 Prozent Informationen zur HPV-Impfung wahrgenommen haben, Frauen allerdings häufiger als Männer. Vor allem Medienberichte werden als Informationsquelle genutzt. 61 Prozent gaben an, dass mehr Information wichtig wäre.
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