100 Jahre Weltspartag: Rein ins Schwein mit dem Schein

Ein Kind hält ein rosa Sparschwein in den Händen.
Wie nach dem Ersten Weltkrieg die Erziehung zur Sparsamkeit die Währung stabilisieren sollte, Kinder als Kunden entdeckt wurden und was ein Italiener damit zu tun hat.

Der Startschuss erfolgte in noblem Rahmen im mondänen Mailand. Der Weltspartag war aber – wie der Name schon sagt – von Anfang an eine globale Idee. Selbst im fernen Australien wurde vom ersten internationalen Sparkassenkongress 1924 in Italien berichtet. Banken-Vertreter aus 27 Ländern fanden sich ein, um das „sparsame Wirtschaften“ in der Bevölkerung zu fördern. Einmal im Jahr sollte mit diversen Aktionen das Thema Sparen wieder ins Bewusstsein der Menschen rücken und so Vertrauen in das Bargeld schaffen.

„Nach der Hyperinflation, als man wieder in ruhigere finanzielle Fahrwasser kam und die Wirtschaft sich nach dem Ersten Weltkrieg wieder zu erholen begann, sowie die Nachfolgestaaten der unterlegenen Mächte sich konsolidiert hatten, begann man mit der wirtschaftlichen Entwicklung der Staaten“, erläutert Wirtschaftshistoriker Wolfgang Meixner von der Universität Innsbruck. „Eine wichtige Komponente dabei wurde dem Sparwillen und der Sparsamkeit der arbeitenden Bevölkerung und der Jugend zugedacht“.

Eine Frau sitzt an einem Schreibtisch und füllt ein Formular aus, während andere Menschen im Hintergrund warten.

Der wichtigste Kopf hinter dem Weltspartag, quasi einer der „Erfinder“, war der Italiener Filippo Ravizza (1875–1957), der die Idee der Erziehung zur Sparsamkeit propagierte. Filippo war Sohn des Hauptbuchhalters der Stadt Mailand und hatte in Venedig Wirtschaftswissenschaften und Sprachen studiert. 

Seine Überlegung, die bei Banken regen Anklang fand: Menschen aus der Arbeitswelt sollten dazu angehalten werden, ihre Löhne nicht durch sofortigem Konsum zu verbrauchen, sondern Geld ansparen, um sich später teurere Konsumgüter leisten zu können. Ravizza wurde später Direktor des ersten globalen Bankenverbands, des International Savings Banks Institute (heute: World Savings and Retail Banking Institute).

Geschenke mussten her

In Österreich feierten die Sparkassen ein Jahr später, am 31. Oktober 1925, ihren ersten Weltspartag. Um Anreize zu schaffen, wurden von Beginn an Geschenke verteilt. In den Zeitungsartikeln von damals ist von „persönlich wirkenden Werbemitteln“ zu lesen, die man einsetzen müsse, um die Bevölkerung vom Sparen zu überzeugen. Motto: Ich gebe etwas (Geld) und bekomme etwas (Geschenk). 

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Mit dem Geschenk wollte man vor allem Neukunden gewinnen. Von Anfang an im Fokus waren Kinder und Jugendliche. Oma und Opa sollten für das Enkerl ein Sparbuch anlegen. „Neben den Geschenken wichtig bzw. noch wichtiger waren Garantien zur Sicherheit des eingelegten Geldes“, sagt Meixner.

Eine Sammlung von „Sparefroh“-Artikeln, darunter Figuren, Hefte und Werbematerialien.

Sparefroh ist eine deutsche Idee

1955 erfanden die deutschen Sparkassen den „Sparefroh“ als damals noch nicht so mageres Maskottchen. Ein Jahr später holte ihn der Direktor der Salzburger Sparkasse Franz Ruedl nach Österreich. „Sparen sollte glücklich machen, Kindern wichtige Werte vermitteln und ihnen die richtige Balance zwischen Konsumieren und Erhalten zeigen. Erkenntnisse, die heute wichtiger sind denn je“, heißt es bei der Sparkassen-Gruppe. Ein Sparefroh-Spruch aus dem Jahr 1958 lautete: „Wir bringen nicht gleich alles an, wer Gutes kauft, ist besser dran. Wir sparen unser Taschengeld, denn Sparefroh ist unser Held!“ Die Zeitschrift Hallo, Sparefroh war in den 1970er-Jahren mit 400.000 Exemplaren die größte Jugendzeitschrift Österreichs.

Verschiedene Spardosenfiguren des „Sparefroh“ sind auf einem Tisch arrangiert.

Der Sparefroh im Laufe der Zeit

Zwei historische Sparbücher der Wiener Kommunal-Sparkasse im Bezirke Währing.

Aus dem Wirtschaftsmuseum

Eine Auswahl an Spielzeugen, Süßigkeiten und einem Buch mit dem Titel „Lernspass mit Sumsi“.

Sumsi, 

Mehrere Spardosen der Zentralsparkasse der Gemeinde Wien stehen auf einem Tisch.

Aus dem Wirtschaftsmuseum

Eine gelbe Stoffbiene mit roter Kleidung sitzt auf einem Regal.

Sumsi als Plüschtier

Ausstellungsstück mit verschiedenen Artikeln, darunter ein Plüschhund, ein Fußball und ein Malbuch „Die Schöne und das Biest“.

Aus dem Wirtschaftsmuseum

Die Raiffeisenbanken wollten dem Sparefroh nicht allein das Feld überlassen und brachten 1978 das erste Sumsi-Comic-Heft, die Sumsi Post, heraus. Sumsi-Konten gibt es bis heute.

Die Bedeutung des Sparens ging im Laufe der Zeit zurück, auch weil die Sparzinsen gesunken sind und Banken mit dem Einlagengeschäft kaum mehr Geld verdienen. Die Niedrigzinspolitik der vergangenen Jahre tat ihr Übriges. Eine Art Rückbesinnung auf den ursprünglichen Gedanken sieht der Historiker aber sehr wohl. „Das Ansparen und Führen von Haushaltsbüchern etc. wird heute von den Schuldenberatungsstellen wieder als wirksames Mittel empfohlen, mit Geld nachhaltig umzugehen“, sagt Meixner. Der Spargedanke sei daher sicher noch zeitgemäß, ja zeitlos, ist der Historiker überzeugt.

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