Von Erik dem Roten bis Trump: Warum Grönland zum begehrten Ei(s)land wurde

Von Erik dem Roten bis Trump: Warum Grönland zum begehrten Ei(s)land wurde
Wie ein Pastor das Land am Polarkreis für Dänemark kolonialisierte und warum Trumps Idee, die Insel zu kaufen, nicht neu ist: Seit 1832 gab es mehrere Versuche der USA, sich Grönland einzuverleiben.

Als Erik der Rote rund um das Jahr 982 wegen eines Totschlags aus Island verbannt wurde, war nicht klar, welche weitreichende Nachwirkung dieses Verbrechen haben sollte: Auf Drachenschiffen verschlug es ihn und eine Gruppe isländischer Bauern nach Grönland. 400 Jahre trotzten die „Grænlendingar“ der harschen Umwelt, ab Mitte des 15. Jahrhunderts aber hörte niemand mehr von den Siedlern auf Grönland. Die Legende aber blieb: In der alten Heimat war die Rede davon, dass die Nordmänner noch immer tief in den Fjorden Grönlands leben würden, vielleicht gar in unermesslichem Reichtum.

Diese Geschichte hatte auch ein gewisser Hans Egede gehört. Der dänische Pastor wollte die Wikinger-Vorfahren finden. Er reiste nach Kopenhagen und bat König Frederik IV., nach Grönland reisen zu dürfen. Am 3. Juli 1721 erreichte Egede samt Familie und 40 Gefolgsleuten eine Insel vor der Küste Grönlands, es war neblig und feucht. Egede nannte den Ankunftsort trotzdem Haabets Ø – Hoffnungsinsel.

Statt der lang verschollenen europäischen Siedler fand der Pfarrer das Volk der Inuit – Menschen, die dringend einer „Zivilisierung ihrer Seelen“ (©Egede) bedürften. 1724 taufte der Pastor die ersten Inuitkinder. Er baute eine Kirche, eine Walfangstation und gründete eine Siedlung, aus der die heutige Hauptstadt Nuuk werden sollte. Egede änderte für die Inuit sogar eine Zeile im Vaterunser. Aus „Unser täglich Brot gib uns heute“ wird: „Unseren täglichen Seehund gib uns heute“.

Kolonialisierung

Egede mag wegen Mythen aus der Vergangenheit nach Grönland gekommen sein. Viel stärker aber prägte er die Zukunft des Landes. Christianisierung und Kolonisierung gehen auf den 1758 verstorbenen Missionar zurück.

Weitere 74 Jahre sollten vergehen ehe die USA in Grönland ins Spiel kamen:

  • Präsident Andrew Jackson war 1832 der Erste, der die Idee hatte, Grönland zu erwerben. Strategischer Landkauf hatte in den Vereinigten Staaten da bereits Tradition: 1803 kaufte man Louisiana von Frankreich und 1819 Florida von Spanien. 1845 nahm man Mexiko Texas ab. Und 1848 waren Kalifornien, Nevada, Utah, Arizona, New Mexico, Colorado sowie Wyoming dran.

    1867 gelang ein weiterer Coup: Die Russen, die nach dem verlorenen Krimkrieg dringend Geld brauchten, traten Alaska für 7,2 Millionen Dollar an die USA ab. Viel zu viel für die „Gefriertruhe“, fand so mancher Amerikaner. Doch dann wurden in Alaska Unmengen an Öl gefunden. Dazu kamen Gold und andere Bodenschätze.

  • Im Jahr 1910 diskutierte der US-Botschafter in Kopenhagen dann im Auftrag von Präsident Theodore Roosevelt einen komplexen Gebietstausch: Die USA sollten Grönland bekommen, Deutschland einige philippinische Inseln und Dänemark dafür Teile von Schleswig. Wurde bekanntlich nichts, stattdessen kauften die Amerikaner 1917 die dänischen Jungferninseln und garantierten gleichzeitig, dass die US-Regierung die Interessen Dänemarks in ganz Grönland anerkenne.

    Im Zweiten Weltkrieg kamen die Amerikaner dann durch die Hintertür, errichteten auf Grönland Flughäfen sowie Militärbasen und blieben einfach länger als zunächst vereinbart – sie wollten ihre Stützpunkte gegen den sowjetischen Feind im Osten ausbauen.

  • Anstelle eines Abzugs unterbreitete die Truman-Administration 1946 drei Vorschläge, darunter ein neuerliches Angebot zum Kauf der Insel. US-Außenminister James Byrnes bot seinem dänischen Amtskollegen 100 Millionen US-Dollar. Byrnes Begründung für die Begehrlichkeit: Grönland sei nur ein großer Klumpen Eis und eine finanzielle Belastung für Dänemark, für die USA zufällig aber von großer strategischer Bedeutung. Das Werben zog sich in die Länge. Noch 1948 berichtete Der Spiegel: „Der Vorschlag eines amerikanischen Kongress-Abgeordneten, den Dänen Grönland einfach abzukaufen, stieß in Kopenhagen auf eisige Ablehnung.“
  • Im Jahr 1960 tauchte die Idee eines Ankaufs zum vorletzten Mal auf, als der dänische König Frederik IX. mit US-Präsident Dwight D. Eisenhower in Washington zusammentraf.

    Jetzt hat sie Trump aus der Mottenkiste geholt. Der Klimawandel-Leugner hofft wohl auf den Klimawandel – dann wären Grönlands Bodenschätze endlich leicht erreichbar.

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