Trotz Aufschwungs: Pleiten sind zuletzt stark angestiegen
„Österreichs Betriebe sind mehrheitlich gut durch die Krise gekommen, es gab keinen harten Aufprall“, sagt Ricardo Jose Vybiral, Chef des Wirtschaftsinformationsdienstleisters KSV1870. „Die Geschäftslage ist wieder auf einem aufsteigenden Ast und die Stimmung ist ungetrübt.“
Die Eigenkapitalquote der protokollierten Unternehmen hat sich um fast zwei Prozent auf 52,5 Prozent erhöht. „Die österreichischen Unternehmen haben eine hohe finanzielle Stabilität“, sagt der Experte. Auffällig ist auch, dass ein Drittel der Unternehmen die Corona-Hilfen eigentlich gar nicht benötigt, aber trotzdem genutzt hat.
Rückenwind für 2022
Zwei Drittel der Unternehmen schätzen ihre Geschäftslage aktuell als sehr gut und gut ein. „Drei von vier Betrieben spüren den Aufschwung im täglichen Geschäft, 63 Prozent erwarten im laufenden Geschäftsjahr einen Gewinn“, sagt Vybiral. Und knapp 60 Prozent der Unternehmen werden heuer noch Investitionen tätigen. „Der Rückenwind für 2022 ist vorhanden“, sagt der KSV1870-Manager.
Interessant ist auch die positive Entwicklung bei der Zahlungsmoral der privaten Personen. Es gibt heuer um 38,6 Prozent weniger „Zahlungsstörungen“ als im Vergleichszeitraum 2020. „Wir haben hier eine ganz klare Trendumkehr im Vergleich zu den vergangenen Jahren“, sagt Vybiral.
Hypothekarkredite
Kreditanfragen wieder gestiegen
Auch die Kreditanfragen sind 2021 wieder gestiegen. Waren es im Vorjahr vier Millionen Kreditanfragen, so sind es heuer 4,2 Millionen.„Das Kreditvolumen wird auf 43 Milliarden Euro steigen“, sagt der Experte. „Wir haben die geringsten Kapitalkosten seit Jahrzehnten und es wird immer mehr mit langfristigen Hypothekarkrediten finanziert.“ Nur die Zahl der Kleinkredite bis 10.000 Euro ist um bis zu 40 Prozent zurückgegangen.
Anstieg der Pleiten im vierten Quartal
Indes gibt es sowohl bei den Unternehmensinsolvenzen als auch bei den Privatpleiten im vierten Quartal 2021 einen deutlichen Anstieg. Im dritten Quartal gab es nur 755 Firmenpleiten.
„Zwischen Oktober und Dezember wurden 1.234 Unternehmensinsolvenzen gezählt, das sind 40 Prozent aller diesjährigen Firmenpleiten“, sagt KSV1870-Experte Karl-Heinz Götze. „Das vierte Quartal 2021 steht für eine Trendumkehr. Damit wurde das Vorkrisenniveau 2019 erreicht.“ Im vierten Quartal stiegen die Pleiten vor allem in der Baubranche um 75 Prozent. In der Sparte Verkehr und Nachrichtenübermittlung kam es zu vier Mal so vielen Fällen wie 2020. Im Gesamtjahr 2021 legten die Pleiten um 0,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu.
Wenige Großpleiten
16 Großpleiten
Fakt ist aber auch, dass die Insolvenzen immer kleinteiliger werden. Gerade einmal 16 Großpleiten (Eyemaxx Real Estate, Autobank, Odebrecht) mit jeweils mehr als zehn Millionen Euro Forderungen wurden heuer verzeichnet. Im Vorjahr waren es noch 29 Großpleiten.
Ähnlich wie im vierten Quartal 2021 erwartet der KSV1870-Experte einen weiteren Pleitenanstieg im nächsten Jahr. Götze: „Wir beobachten auch, dass die Firmen die Insolvenzen zu spät anmelden, aber wenn man eine erfolgreiche Sanierung schaffen will, sollte man sie rechtzeitig anmelden.“
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