Millionenpleite eines Seniorenheim-Betreibers mit 311 Mitarbeitern
"In der Vergangenheit gestaltete es sich aufgrund des Umstandes, dass die Antragstellerin bis dato vom Land Steiermark nicht als Rettungsdienst im Sinne des Steiermärkischen Rettungsgesetztes anerkannt wurde, derart, dass der Teilbetrieb Rettungsdienst nur durch Quersubventionierung aus dem Betrieb der Pflegeeinrichtungen aufrechterhalten werden konnte. In den vergangenen Jahren war der Rettungsdienst leider defizitär, diese Verluste konnten jedoch noch mit den Gewinnen aus dem Betrieb der SKZ abgefedert werden", heißt es im Insolvenzantrag. "Die Muttergesellschaft lukriert in diesem Zusammenhang Spenden, die an die Antragstellerin für den Betrieb des Rettungsdienstes weitergegeben wurden. Aufgrund von Patronatserklärungen an den Vermieter von fünf SKZ ist nicht auszuschließen, dass die Muttergesellschaft in den nächsten Wochen ebenfalls Insolvenz anmelden muss."
Die Rede ist von der ASB Graz gemeinnützige Rettung und Soziale Dienste GmbH. Die Gesellschaft des Arbeiter-Samariterbund Graz hat laut den Gläubigerschutzverbänden AKV und Creditreform Insolvenz angemeldet. Sie betreibt acht Seniorenkompetenzzentren (SKZ) mit 464 Betten und beschäftigt 311 Mitarbeiter.
Ebenso ist die Antragstellerin laut AKV im Rettungs- und Krankentransportdienst mit rund 40 Fahrzeugen tätig. Im Jahr 2020 wurden 26.575 Hilfseinsätze gefahren. Das SKZ Tannenhof ist derzeit wegen eines Covid-Ausbruchs geschlossen. Hier soll es zu Missständen gekommen sein.
Ausschluss droht
Hinter den Kulissen laufen bereits Verhandlungen, um eine Lösung für die Mitarbeiter und die Pflegebedürftigen zu finden. "Wir beschäftigen uns mit dem ASB Graz, wenn statutenwidrige Ereignisse stattgefunden haben, am Montag wird darüber beraten", sagt Franz Schnabl, Präsident des Arbeiter-Samariter-Bund Österreich (ASBÖ), zum KURIER. Falls das zutrifft, wird der ASB Graz und der Landesverband aus dem ASBÖ ausgeschlossen. Schnabl: "Wir versuchen, den Schaden für die Marke Arbeiter-Samariter-Bund möglichst gering zu halten."
Pandemie
2019 konnten zwar mehr als 18 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet werden, dennoch weist die Bilanz einen Verlust in Höhe von 70.000 Euro aus. "Die Covid-19 Pandemie hat die Antragstellerin nicht nur menschlich und organisatorisch, sondern vor allem finanziell unglaublich gefordert. Nach anfänglich neun Monaten ohne Infektion in den betriebenen Pflegeeinrichtungen waren ab Herbst 2020 mehrere Pflegeeinrichtungen von der Pandemie betroffen."
Mit dem Anstieg der Betreuungserfordernisse sind auch die Personalkosten deutlich gestiegen. Dazu kam das Problem, "dass es immer weniger hochqualifiziertes Pflegepersonal gibt, die als Pflegedienstleitungen eingestellt werden können."
Ableben vieler Bewohner
"Durch das Ableben vieler Bewohner, welches jedoch nicht alleine auf Corona, sondern auch auf das hohe Durchschnittsalter der Bewohner zurückzuführen ist, sank die Belegung der SKZ von durchschnittlich 95 Prozent auf nunmehr lediglich 65 Prozent; so kann ein wirtschaftliches Überleben nicht auf Dauer gewährleistet werden", heißt es weiter. "Die sonst üblichen Nachbesetzungen von Bewohnern sind aufgrund der Pandemie und insbesondere aufgrund der teilweise massiv reißerischen und unrichtigen Berichterstattungen in den Medien verständlicherweise ausgeblieben."
Und weiter heißt es: "Die sich daraus ergebende Schere zwischen Einnahmen und Aufwendungen kann die Antragstellerin nunmehr wirtschaftlich nicht mehr stemmen, zudem auch die Beiträge durch Spenden massiv zurückgegangen und viele Krankentransporte ausgebliebensind, sodass die Auslastung auch im Bereich des Rettungsdienstesschwankend war."
Bis zuletzt hat die Antragstellerin versucht, die Betriebe der SKZ an interessierte Dritte bzw. an Investoren zu veräußern, um eine Insolvenz abzuwenden. Doch die Bemühungen scheiterten.
Schulden und Vermögen
Die Verbindlichkeiten werden mit 4,54 Millionen Euro ausgewiesen, davon entfallen 2,119 Millionen Euro auf die Finanz, 538.000 Euro auf die ÖGK und 1,5 Millionen Euro auf die Vermieter sowie 384.800 Euro auf Lieferanten. Da alut AKV die Löhne und Lohnnebenkosten für den Monat April 2021 offen sind, kann man von Verbindlichkeiten in Höhe von zumindest 5,9 Millionen Euro ausgehen.
Die Aktiva bestehen aus einem Bankguthaben in Höhe von 1,2 Millionen Euro und einem Anlagevermögen in Höhe von 1,179 Millionen Euro. Sämtliche Löhne und Gehälter für April wurden nicht mehr ausgezahlt.
Die Zukunft
Um den Pflegebetrieb aufrecht halten zu können, sollten die Mitarbeiter schnellstmöglich bezahlt werden, damit sie nicht zu anderen Betreibern wechseln. Der Teilbetrieb der sieben aktiven SKZ soll weitergeführt werden. Es wird aber angenommen, dass sich Interessenten für eine Übernahme des Betriebs beim Masseverwalter melden werden.
Sollte die Übernahme durch Interessenten nicht fruchten, sei es "unumgänglich mit dem Land Steiermark hinsichtlich der Übernahme der Pfleglinge in Kontakt zu treten".
Der Teilbetrieb Rettungsdienst ist hochdefizitär und soll geschlossen werden. Er ist für den Betrieb der SKZ nicht notwendig.
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