Bankenunion: Berlin bremst bei zentraler Abwicklungsbehörde

ARCHIV - SOS-Zeichen an einer Notrufsäule umrahmen am 21.12.2011 das Euro-Zeichen vor der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt am Main. Am kommenden Mittwoch (12.09.2012) verkündet das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung über den Beitritt Deutschlands zum Euro-Rettungsschirm ESM. Foto: Boris Roessler dpa (zu dpa Themenpaket «Euro-Entscheidung» vom 09.09.2012) +++(c) dpa - Bildfunk+++
Kommission will bei Pleite-Banken letztes Wort haben, Deutschland fordert separate Institution.

Es ist ein großes Versprechen, das Binnenmarktkommissar Michel Barnier abgibt: „Wenn alles gut geht, sollte es nicht mehr so schnell vorkommen, dass Banken mit öffentlichen Geldern gerettet werden.“ Um das zu erreichen, soll die Abwicklung von Pleitebanken künftig nach einheitlichen Regeln laufen und – zumindest in der Eurozone – zentral gesteuert werden.

Bankenunion: Berlin bremst bei zentraler Abwicklungsbehörde
Ohne eine Änderung der EU-Verträge, die einige Jahre dauern dürfte, kann jedoch keine neue Behörde geschaffen werden.

Barniers Vorschlag, den er am Mittwoch präsentierte, sieht daher ein Abwicklungsgremium innerhalb der Kommission vor.

Alle Macht nach Brüssel

300 Mitarbeiter soll es geben, im Gremium sollen neben der Kommission und der Europäischen Zentralbank auch die nationalen Abwicklungsbehörden der 18 Euroländer sitzen. Kommt eine der 6000 Banken im Euro-Raum ins Trudeln, beraten Kommission, EZB und das betroffene Land bzw. die betroffenen Länder. Würde also etwa eine österreichische Bank in Schwierigkeiten geraten und ihre Niederlassungen in Slowenien wären betroffen, würden beide Staaten mit am Tisch sitzen.

Die Letztentscheidung, was mit der Bank passiert, hätte in Barniers Modell die Kommission selbst. Bisher liegt diese Kompetenz bei den nationalen Behörden. Geht es nach Barnier, sollten die Finanzminister künftig aber nur noch über den Einsatz öffentlicher Mittel bei einer Bankenrettung entscheiden dürfen.

Deutschland dagegen

Aus einigen Staaten gibt es heftigen Widerstand gegen Barniers Pläne, die Kommission derart mit Macht auszustatten. Finanzministerin Maria Fekter spricht von einer aus der Not geborenen Übergangslösung: „Man nimmt, was man hat: Die Kommission.“

Ihr deutscher Amtskollege Wolfgang Schäuble sagt jedoch: „So, wie es die Kommission will, geht es nicht. Das Vorhaben muss vor dem Bundesverfassungsgericht standhalten.“ Die deutsche Regierung argumentiert, für eine gemeinsame Abwicklung brauche es in jedem Fall eine Vertragsänderung – egal, ob sie unter dem Dach der Kommission oder in einer eigenen Behörde organisiert ist.

Berlin drängt daher auf eine „kleine Lösung“: Gemeinsame Abwicklung, ja – aber als Verbund nationaler Behörden, ohne zentrale Stelle in Brüssel. Diese soll es – so will es auch Frankreich – eben erst nach einer Änderung der EU-Verträge geben.

Die Nicht-Regierungsorganisation Finance Watch wurde 2011 als Gegengewicht zur Bankenlobby gegründet.

KURIER: Hat die Kommission überhaupt die Expertise, um Pleitebanken abzuwickeln?

Katarzyna Hanula-Bobbitt: Wir glauben schon. Ihre Experten mischen sich jetzt schon ein, wenn eine Bank in einem EU-Land in Schwierigkeiten ist.

Wäre eine unabhängige Abwicklungsbehörde nicht besser?

Die zentrale Bankenaufsicht bei der EZB soll schon Mitte 2014 starten. Wichtig ist, dass die einheitliche Bankenabwicklung kurz darauf loslegen kann. Eine zentrale Aufsicht hat wenig Sinn, wenn daneben ein Haufen nationaler Abwicklungsbehörden agiert. Eine unabhängige Behörde würde zu lange dauern. Bis zur Änderung der EU-Verträge könnte die Kommission das übernehmen.

Die US-Behörde FDIC wickelt Banken übers Wochenende ab. Wird Europa das je schaffen?

Hoffen wir es. Die Schwierigkeit bei der Bewältigung der Bankenkrise waren die nationalen Interessen und die Unfähigkeit der Behörden, ihr Handeln abzustimmen. Die FDIC hat einen eigenen Fonds und kann Kredite aufnehmen, wenn sie Geld braucht. Deshalb kann sie so rasch handeln. Da klafft ein Loch, solange es in Europa unterschiedliche nationale Einlagensicherungen gibt. Die Widerstände gegen ein gemeinsames System sind aber groß – das könnte bis 2018 oder länger dauern.

Die Banken sollen in Rettungstöpfe einzahlen. Kritiker sagen, die geplanten Beträge seien zu gering, um größere Institute aufzufangen ...

Das kann gut sein. Aber wichtig ist, dass sie überhaupt vorab einzahlen. Das ermöglicht den Behörden rasches Handeln und entlastet die Staatshaushalte.

Müssen die Steuerzahler bei Bankpleiten weiter draufzahlen?

Ausschließen kann man das nicht. Es wird aber die Kosten einer Bankenrettung deutlich reduzieren.

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