Staat springt nur noch im Notfall ein

epa03651578 A beggar extends her hand to pedestrians in front of a bank entrance in central Athens, Greece, 06 April 2013. A sharp slump in a key eurozone economic sentiment survey in March dashed hopes of an early end to the recession gripping the 17-member currency bloc. EPA/ALEXANDROS VLACHOS
Einigung: Aktionäre und Kunden sollen Institute auffangen, nicht mehr die Steuerzahler.

Seit Ausbruch der Krise haben Finanzminister über den Teufelskreis zwischen steigenden Staatsschulden und schwachen Banken geklagt. Viele Länder, auch Österreich, haben wegen Bankenpaketen Löcher in ihren Budgets; Irland und Spanien gingen durch die Stützung maroder Institute fast pleite.

Nun scheint ein erster Schritt gelungen, die „fatale Verbindung“, wie Kommissar Michel Barnier sagt, zu durchbrechen.

Die EU-Finanzminister einigten sich in einer Nachtsitzung von Mittwoch auf Donnerstag auf neue, einheitliche Regelungen im Umgang mit Pleitebanken. Der Staat soll künftig bei einer Bankenrettung als Letzter zahlen – zuvor werden Aktionäre und Kunden zur Kasse gebeten.

Zahlungshierarchie

Die nationalen Abwicklungsbehörden erhalten weitgehende Rechte, bei Krisen-Banken einzugreifen. Hat eine Bank nicht mehr genug Eigenkapital, kann ein Sonderverwalter angeordnet werden. Ist die Pleite unausweichlich, übernimmt die Behörde die Kontrolle. Kleinere Banken kann sie rasch schließen; größere, „systemrelevante“ Institute werden aufgespalten und teilsaniert.

Für ihre Rettung gibt es künftig eine klare Zahlungsreihenfolge. „Der Finanzsektor wird nun zu einem großen, großen Teil selbst für seine Probleme einstehen müssen“, sagte der niederländische Finanzminister und Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem.

Kommt eine Bank ins Trudeln, sollen Aktionäre und Gläubiger zuerst haften. Damit im Krisenfall genug verwertbare Schuldscheine vorhanden sind, müssen Banken mindestens acht Prozent ihrer Bilanzsummen in diesen Kapitalformen halten.

Dann müssen „vermögende Sparer“ (deutlich über 100.000 Euro) und große Unternehmen mit ihren Guthaben haften, nach ihnen kleinere Firmen und die restlichen Privatkunden mit Einlagen über 100.000 Euro.

Kleine Guthaben sicher

Letzte Helfer sind der Staat und der Euro-Rettungsschirm ESM, der als Ultima Ratio 60 Milliarden Euro zur Verfügung hat, um Banken direkt zu rekapitalisieren. Guthaben bis zur Grenze der Einlagensicherung von 100.000 Euro sind von den sogenannten Bail-Ins zur Gänze ausgenommen.

Finanzministerin Maria Fekter zeigte sich zufrieden; man habe sich auf „einen ganz klaren Pfad geeinigt“. Staatssekretär Andreas Schieder sprach von einem „historischen Schritt“; es sei nun „nahezu ausgeschlossen“, dass der Steuerzahler einspringen muss.

Umstritten war, welchen Spielraum die nationalen Abwicklungsbehörden (in Österreich wird das die Nationalbank, die Finanzmarktaufsicht, eine Mischform oder eine eigene Behörde sein) für Ausnahmen erhalten; Österreich wollte einen besonders starren Rahmen. Vereinbart wurde, dass „bestimmte Gelder“, etwa große Guthaben, in „besonderen Fällen“ von einem Bail-In ausgenommen werden können.

Die Banken müssen außerdem in einen eigenen Fonds einzahlen, der für Abwicklungen genutzt werden kann (siehe Artikel rechts).

Die neuen Regeln brauchen noch die Zustimmung des EU-Parlaments; gelten sollen sie dann ab 2018.

Bank-Austria-Chef und Bankenverbandspräsident Willi Cernko begrüßt die EU-Beschlüsse zur Behandlung künftiger Pleitefälle in seiner Branche. Eines der Kernstücke dieser sogenannten Bankenunion, der geplante Abwicklungsfonds („Resolution Fund“) für Banken, sollte möglichst bereits ab dem nächsten Jahr aus den Mitteln der Bankensteuer gespeist werden, fordert Cernko. Bisher ist unklar, ob die Politik auf diese Forderung nach einer Zweckwidmung der Bankensteuer im Volumen von 650 Millionen Euro im Jahr einsteigt. Unklar ist auch, ob mit der Dotation des Fonds schon wirklich 2014 begonnen wird.

Nach den bisherigen EU-Vorstellungen müssen die Banken ab 2018 für zehn Jahre lang – also bis 2028 – so einen Fonds speisen. Am Ende soll der Fonds über 0,8 Prozent der besicherten Einlagen aller EU-Banken verfügen, lautet der jetzige Vorschlag. Auf Österreich umgelegt wäre dies ein Volumen von rund 1,5 Milliarden Euro.

Cernko will mit der Forderung nach der Zweckbindung verhindern, dass seine Branche doppelt zur Kassa gebeten wird – einmal weiterhin bei der Bankensteuer und ein zweites Mal bei der Dotation des Abwicklungsfonds.

Ein erster Modellfall für die Anwendung solch eines Fonds könnte die verstaatlichte Hypo Alpe-Adria in Kärnten sein, stellte Cernko neuerlich in den Raum. Ob er mit seinen Vorschlägen in Vorwahlzeiten Gehör findet, bleibt abzuwarten.

Österreichs Notenbank-Gouverneur und EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny hält die Einigung der EU-Finanzminister auf neue Haftungsregeln für kriselnde Großbanken für einen wichtigen Schritt zur Stabilisierung der europäischen Finanzinstitute. "Das ist ein klares Signal, das ist etwas, dass die Glaubwürdigkeit des Systems stärken sollte", sagte Nowotny am Donnerstag bei einer Bankenkonferenz in Wien. Außerdem würden damit die Kosten für die Rettung von Krisenbanken nicht mehr automatisch auf die Steuerzahler abgewälzt.

Bei der Flexibilisierung der Bankenabwicklung in den Mitgliedsstaaten haben man sich auf "einen ganz klaren Pfad geeinigt, auch im Hinblick auf einen sogenannten Resolution Fund", sagte Finanzministerin Maria Fekter im Ö1-Morgenjournal des ORF-Radios. Es müssten nun alle Nationalstaaten Sorge tragen, dass ein Fonds vorhanden sei, der dann eine Pleitebank abwickeln könne. "Es wird in Zukunft so sein, dass die Eigentümer der Banken, die Anleiheneigentümer und die ungesicherten Einlagen bei einem Konkurs die Schulden übernehmen müssen und gesichert sind alle Sparer bis 100.000 Euro", so Fekter.

Staatssekretär Andreas Schieder (SPÖ) sah die Einigung als "historischen Schritt" an. Es sei auch eine wesentliche Maßnahme auf dem Weg zur Bankenunion. "Ich bin sehr froh, es ist eine gute Einigung und ein wichtiges zentrales Projekt", so Schieder. Es könne davon ausgegangen werden, dass damit im Fall von Bankenpleiten der Steuerzahler nicht mehr zur Kasse gebeten werde. Dies sei "nahezu ausgeschlossen", so Schieder. Es müsse künftig einen Sanierungsplan für Banken geben.

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