Nur Vermögende sollen zahlen
„Da kann ich mein Geld ja gleich unter die Matratze legen, wenn es auf der Bank nicht mehr sicher ist.“ Solche und ähnliche Sätze sind derzeit in Gesprächen besorgter Sparer zu hören. In Internet-Postings liest es sich nicht anders. Die Diskussion, dass Sparer künftig mithelfen sollen, wenn „ihre“ Bank wackelt, hat zu viel Verunsicherung geführt. Der KURIER gibt Antworten auf die drängendsten Fragen. Gleich vorweg: Österreich ist ein sicherer Hafen, für Verunsicherung gibt es keinen Grund.
Wird bei Bankpleiten künftig auch kleinen Sparern etwas weggenommen?
Nein. Die EU-Kommission plant einen Gesetzesvorschlag, der vorsieht, dass vielleicht schon ab 2015 Sparer beitragen müssen, wenn Banken pleitegehen. Das gilt aber ausschließlich für vermögendere Sparer, also solche, die mehr als 100.000 Euro auf Konten und Sparbüchern der betroffenen Bank haben.
Unter 100.000 Euro kann also nichts passieren?
Richtig. Für Bankeinlagen bis zur Höhe von 100.000 Euro pro Kopf und Institut gilt EU-weit die Einlagensicherung. Sollte wirklich ein Gesetz kommen, das wohlhabende Sparer an Pleitekosten beteiligt, bleiben Guthaben bis 100.000 Euro in jedem Fall unangetastet.
Für was alles gilt die Einlagensicherung?
Für Einlagen und Guthaben einschließlich Zinsen auf Konten (wie z. B. Gehalts- oder Pensionskonten) und auf Sparbüchern. Die Sicherung von 100.000 Euro pro Einleger und Institut gilt unabhängig davon, ob es sich um eine private oder berufliche Einlage handelt. Bis zur genannten Höhe sind natürliche Personen, und seit Anfang 2011 auch die Einlagen nicht natürlicher Personen (Firmen) gesichert. Die Staatsbürgerschaft spielt für die Sicherungspflicht keine Rolle.
Gibt es bei sämtlichen Geldinstituten derartige Sicherungseinrichtungen?
Ja. Jedes Institut, das Einlagen entgegennimmt, ist gesetzlich verpflichtet, einer Sicherungseinrichtung anzugehören. Das geben Richtlinien der Europäischen Union vor, die im österreichischen Bankwesengesetz umgesetzt sind. Die heimischen Haftungs- und Sicherungsverbünde der Banken, der Sparkassen, von Raiffeisen, der Volksbanken und der Hypos müssen 100.000 Euro, können freiwillig aber auch mehr garantieren.
Was passiert, wenn eine Pleite so groß ist, dass der zuständige Sicherungsverbund nicht ausreicht?
Das Sicherungssystem in Österreich ist dreistufig aufgebaut. Zuerst ist der Sicherungsverbund des jeweiligen Sektors dran, dann die anderen Sicherungsverbünde. Wenn das alles nicht reicht, springt der Staat als letzte Instanz ein.
Wie komme ich im Fall einer Bankpleite an mein Geld?
Der Anleger muss die Anzahlung bei der Einlagensicherung verlangen. Nach Prüfung der Berechtigung hat die Auszahlung innerhalb von 20 Arbeitstagen zu erfolgen.
Wie funktioniert die Einlagenrückzahlung, wenn das Konto auf mehrere Personen lautet?
Dann müssen alle Betroffenen einvernehmlich bekannt geben, welcher Anteil auf sie entfällt.
Unterliegen Wertpapierdepots auch der Einlagensicherung?
Nein, weil das auch gar nicht nötig ist. Wertpapierdepots stellen sogenanntes Sondervermögen dar. Das heißt, dieses Vermögen wird im Pleitefall „ausgesondert“, also gegen den Zugriff von Gläubigern abgeschottet. Im Pleitefall haben Banken den Anlegern ihre Wertpapiere auszufolgen. In der Regel wird der Anleger entscheiden, auf welches Depot bei einer anderen Bank die Papiere zu übertragen sind.
Warum ist überhaupt daran gedacht, dass wohlhabendere Sparer bei Bankpleiten mitzahlen sollen?
Infolge der Finanzkrise mussten in der EU etliche Banken gerettet werden – mit dem Geld der Steuerzahler. Der Staat, also die Steuerzahler, sollen künftig nur als allerletzte Instanz herhalten müssen. Davor wird eine „Haftungskaskade“ aufgebaut, wie es EU-Kommissar Michel Barnier formuliert hat. Sein Vorschlag: Zuerst sollen die Aktionäre einer Bank, dann die Anleihenbesitzer, dann die reichen Sparer dran sein. Von Anlegern, deren Aktien und Anleihen im Pleitefall praktisch wertlos sind, wird man nicht noch etwas abpressen können. Auf vermögende Einleger wird man aber sehr wohl zugreifen können.
Mein Leben lang gespart und dann soll ein Teil davon weg sein?
Kunden, die mehr als 100.000 Euro bei ein und derselben Bank liegen haben, sind nicht wehrlos. Da die Sicherung pro Kopf und Institut gilt, wäre es ein sehr einfacher Weg, das Geld auf mehrere Banken aufzuteilen. Wird das angedachte Gesetz tatsächlich Realität, dann frühestens 2015. Kein Grund für Panikreaktionen also. Für das Verteilen des Vermögens ist noch reichlich Zeit.
Wird die Sicherung von 100.000 Euro pro Kopf und Institut weiterhin gelten?
Aus jetziger Sicht will die Europäische Union auf keinen Fall daran rütteln. Sonst würde sie schließlich riskieren, dass massenhaft Geld aus Europa abgezogen und woanders geparkt wird.
Beteiligung der Sparer
Bis 100.000 € Die Einlagensicherung wirkt EU-weit bis zur Höhe von 100.000 Euro pro Kopf und Institut. Geht eine Bank pleite, bekommt der Sparer Geld bis zu dieser Höhe in jedem Fall ausgezahlt. Eine Beteiligung der Sparer an Kosten bleibt tabu.
Mehr als 100.000 € Oberhalb der Sicherungs-Grenze sind Einlagen bei Bankpleiten jetzt schon gefährdet. Sparer müssen im Pleitefall auf Geld aus der Konkursmasse hoffen. Künftig sollen vermögendere Sparer in jedem Fall an Kosten für Sanierung und Abwicklung beteiligt werden.
Kommentare