Strategie für Senioren: Auch rascheres Impfen braucht Geduld
Gerne würde sie sich impfen lassen, erzählt eine 82-Jährige aus dem Mostviertel dem KURIER. Schließlich wird das Impfen von der Regierung auch beworben. Doch wo sie sich auch erkundigte, niemand konnte ihr sagen, wann und wo das möglich sein werde. Nicht einmal ihr Hausarzt. "Es ist zum Verzweifeln", sagt sie.
Tatsächlich wird seit Tagen der frühere Impfstart bei der Gruppe der über 80-Jährigen, die nicht in Alten- und Pflegeheimen leben, beschworen. Ursprünglich waren diese ab Februar zur Impfung vorgesehen. Zuletzt ließ Kanzler Sebastian Kurz damit aufhorchen, dass es im Jänner so weit sein soll.
Trotz des straffen Zeitplans fehlen aber jegliche Informationen, wie diese Senioren zu ihrer Impfdosis kommen. Daran wird erst gearbeitet. Unverständlich für Seniorenvertreter.
"Es ist ein Wettlauf mit der Zeit. In den vergangenen zweieinhalb Monaten hat sich die Todesrate um 550 Prozent erhöht", sagt etwa der Präsident des (SPÖ-nahen) Pensionistenverbandes, Peter Kostelka. In dieser Situation hätte man davon ausgehen können, dass der Bund vorbereitet sei. Man müsse endlich wissen, wann Dosen wo verfügbar sind.
Auch Seniorenbund-Präsidentin Ingrid Korosec betont, dass die Menschen Antworten erwarten. Den früheren Impfstart begrüßt sie.
Information gefordert
So hart geht Wiens Patientenanwältin Sigrid Pilz mit dem Gesundheitsministerium nicht ins Gericht. Es brauche eben eine gute Planung. Versäumnisse sieht sie aber bei der Information der Bevölkerung. "Die Menschen brauchen eine Perspektive, die fehlt derzeit", sagt sie. Infos etwa, warum bestimmte Bevölkerungsgruppen priorisiert werden, wann man zum Zug komme und wie die Impfungen ablaufen. Sie fordert eine eigene Impf-Hotline in den Bundesländern.
So weit ist man aber noch nicht. Freitagvormittag betonte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) nur, dass das Detailkonzept für die Impfung der über- 80-Jährigen in Ausarbeitung sei. Gemeinden und Ärzte würden dabei eine wesentliche Rolle spielen. Wann es Infos für die Bevölkerung geben soll, ist unklar.
Am Freitag kam dann allerdings Bewegung in die Causa. Regierung und Landeshauptleute haben in einer Videokonferenz folgendes vereinbart: Die Prioritätenreihung beim Impfen gilt österreichweit, der Bund legt sie fest. Reihung nach Alter und Priorität für bestimmte Berufsgruppen.
Die Bundesländer sorgen dafür, dass der Impfstoff zu den Impfwilligen kommt. Weiters liefert der Bund die Kontingente der in Österreich eintreffenden Impfdosen in die Bundesländer im Verhältnis zu deren Bevölkerungsanteil. Die Bundesländer sagen dem Bund, wohin sie die Impfdosen geliefert haben wollen.
Rascheres Impfen
Für Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ist es wichtig, dass rascher geimpft wird. "Wir haben heute gemeinsam vereinbart, dass die Beschleunigung der Impfstrategie weiter intensiviert wird. Beim Impfen zählt jeder Tag. Komplizierte Prozesse, unnötige Lagerung und Bürokratie dürfen dem nicht im Weg stehen", sagt der Kanzler. Neben den Ländern wurden auch die Gemeinden ins Boot geholt. Sie werden als Kommunikationsdrehscheibe für die Bevölkerung dienen, verspricht Präsident Alfred Riedl: "Wir müssen dabei sein, weil wir können die Menschen direkt anschreiben."
Mit anderen Worten: Wie und wann in den Bundesländern der genaue Zeitplan festgelegt und wie informiert wird, steht erst in der kommenden Woche fest. Bis dahin müssen sich die über 80-Jährigen noch gedulden.
Sowohl Seniorenbund als auch Pensionistenverband bieten übrigens Unterstützung an. Sie begrüßen die Zuständigkeit der Länder.
In Kärnten etwa will man kommende Woche mit den Pflegeheimen und Krankenanstalten fertig sein. Übrig bleibende Impfdosen werden dann sofort an über 80-Jährige verimpft, die nicht in Pflegeheimen sind. Organisiert wird das dort so: Die Gemeinden sollen sich an die über 80-Jährigen wenden und sie fragen, ob sie sich impfen lassen wollen.
Diese Liste melden die Gemeinden ans Land. Übrig gebliebene Impfdosen werden dann zur ÖGK-Bezirksstelle gebracht, wo geimpft wird. In Wien kann man sich ab 18. Jänner auf einer Plattform vormerken lassen. Das Burgenland deponierte bei der Konferenz, dass man – wie bei den Testungen – auf die Unterstützung des Heeres zähle.
Niederösterreich wiederum hat bereits sehr viele Impfungen durchgeführt, sowohl in den Pflegeheimen als auch in den Spitälern. Sobald das gemäß des Impfplans abgeschlossen ist, folgen die Über-80-Jährigen. In der kommenden Woche gibt es dazu eine Besprechung mit den niedergelassenen Ärzten, damit die Impfungen möglichst wohnortnah angeboten werden, Ende Jänner könnte dann das Anmeldesystem freigeschalten werden. Dann werde es auch die nächsten Informationen geben.
Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP): "Die Menschen müssen sich verlassen können, dafür braucht es aber auch eine gute und genau Planung." Man sei jedenfalls organisatorisch bereits gut vorbereitet. Wobei im Hintergrund immer mitschwingt: Falls genug Impfdosen geliefert werden.
Mehr Impfdosen für EU
Dazu gab es ebenfalls am Freitag eine erfreuliche Meldung: Die EU wird zusätzlich 300 Millionen Biontech/Pfizer-Impfdosen bestellen. Für Österreich sind das zusätzlich 6 Millionen Dosen, weshalb nun insgesamt 11,5 Millionen Dosen zur Verfügung stehen. Falls nun eine sechste Impfdosis pro Fläschchen genehmigt wird, wären es gar 13,5 Millionen Dosen.
Die Auswirkungen: Gemeinsam mit den bisher zugesicherten Mengen von Pfizer und dem ebenfalls zugelassenen Impfstoff Moderna könnten bis zum Sommer in Österreich mindestens zwei Millionen Bürger geimpft werden. Sollte der Impfstoff von AstraZeneca auch noch zugelassen werden, steigt diese Zahl erheblich an.
Unterdessen zeigt eine erste große Erhebung, dass schwere allergische Reaktionen ("allergischer Schock") nach einer Impfung mit den Präparaten von Biontech/Pfizer und dem zweiten zugelassenen Impfstoff Moderna sehr selten sind.
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