Die Heime sind technisch nur ungenügend auf die Impfstrategie vorbereitet
„Die Impfung kommt zu den Menschen, nicht die Menschen zur Impfung.“ So lautet die politische Vorgabe, nach der das Gesundheitsministerium in der Phase 1 der Impfung vorgehen will. Große Menschenansammlungen sollen vermieden werden. Insbesondere die Hochrisiko-Gruppe, die zuerst geimpft werden soll – also ältere Bewohner in Pensionisten- und Altenwohnheimen –, soll schnell und komfortabel zur Impfung kommen, ohne weite Wege zurücklegen zu müssen. Das Problem dabei: Hunderte Einrichtungen, sprich Heime, sind bis heute nicht an das elektronische Gesundheitssystem ELGA angeschlossen und müssen nun extra mit Geräten ausgestattet werden, um die Covid-Impfung digital zu erfassen. Entsprechendes Gerät wurde in Südkorea geordert. Da es sich bei der Covid-Impfung um sensible Gesundheitsdaten handelt, reicht es nicht, einfach einen Laptop mit SIM-Karte in ein Heim zu stellen.
Der elektronische Impfpass existiert noch nicht
Die Impfungen sollen zentral erfasst werden, doch der elektronische Impfpass (der bereits mit der Einführung der eCard 2008 angekündigt wurde), befindet sich erst in der Test-Phase, und zwar in Wien und in der Steiermark. Das Ministerium hat das Projekt wegen der Pandemie priorisiert. Die Ärztekammer rechnet damit, dass die Software bis Ende März österreichweit ausgerollt ist. Zu dem Zeitpunkt sollen auch die Covid-19-Impfstoffe im niedergelassenen Bereich verfügbar sein – und den sollen nur jene Ärzte bekommen, die sich vorher die Software besorgt haben. Wahlärzte, Schul- und Betriebsärzte, die nicht an ELGA angeschlossen sind und kein eCard-Steckgerät haben, sollen via Tablet (wie in den Altenheimen) einen Zugang zum e-Impfpass erhalten. Die bereits durchgeführten Covid-19-Impfungen sollen nachgetragen werden.
Die Dokumentation ist übrigens Pflicht: Von ELGA können sich Patienten abmelden, vom e-Impfpass nicht.
Es gibt kein Monitoring über den Impffortschritt
IHS-Gesundheitsexperte Thomas Czypionka hat es erst am Montag angeregt – und auch Italien, das nicht oft als Vorzeigeland gilt, hat es längst: ein Impf-Dashboard. Auf diesem können sich die Italiener nach Regionen informieren, wie viele Impfdosen bereits injiziert worden sind. Der Vorteil wäre nicht nur Transparenz, sondern vor allem auch die Möglichkeit, eine gewisse „Impf-Euphorie“ zu erzeugen, befunden Kommunikationsexperten.
In Österreich ist man vom Impf-Dashboard weit entfernt. 24 Stunden hat das Gesundheitsministerium gebraucht, um die Zahl der verimpften Impfdosen österreichweit zu ermitteln. Es existiert kein elektronisches Einmeldesystem für die Altersheime, wann und an wie viele Personen der Impfstoff verabreicht wurde. Insgesamt 8.300 Alters- und Pflegeheimen-Bewohner sowie Pfleger hätten mit Stand Dienstagmittag den Pfizer/BioNTech-Impfstoffe bereits injiziert bekommen.
Wie viele davon Frauen und Männer sind? Wie die Altersstruktur ausschaut? Ebenfalls Fehlanzeige. Wird nicht erhoben. Aber das, so verspricht das Gesundheitsministerium, soll sich bald durch den Online-Impf-Shop, das Impfregister und den elektronischen Impfpass ändern. Ab kommender Woche will das Gesundheitsministerium laufend Zahlen bekannt geben und am existierenden Corona-Dashboard der AGES veröffentlichen. In welchen Intervallen ist unbekannt.
Ein fremdes Wesen namens Impf-E-Shop
Wer am Montag gegenüber Beamten, die in Niederösterreich für die Bestellung der Impfdosen zuständig sind, den Begriff „Impf-E-Shop “ erwähnte, bekam ein Lachen als Antwort: „Auf den Shop warten wir seit Tagen.“ Am Dienstag war es dann soweit: Die Bundesbeschaffungsagentur ließ den Impf-E-Shop online gehen. Ab jetzt können die Alters-, Pflege- und Krankenhäuser hier Impfdosen anfordern. So ein E-Shop sollte eigentlich keine Hexerei sein. Die Bundesbeschaffungsagentur agiert als Einkaufspartner von Bundesministerien, Ländern, Städten, Gemeinden bis zu Feuerwehren. Ein „E-Shop“ existierte bereits. Warum es solange gedauert hat, eine neue Rubrik für die Impfdosen einzuführen, ist Digital-Experten rätselhaft. Liegt’s am Ministerium? Oder an den Ländern? Laut dem KURIER vorliegenden Informationen waren mit Stand Dienstag zwei Bundesländer nicht in der Lage, ordnungsgemäße Bestellungen im E-Shop zu deponieren.
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