Reaktionen auf den Rücktritt von Sebastian Kurz

Reaktionen auf den Rücktritt von Sebastian Kurz
Die einen wünschen dem ehemaligen Kanzler alles Gute für die Zukunft, die anderen warnen vor einer Nebelgranate und Karl Nehammer als neuen ÖVP-Chef.

Nach seinem Rücktritt als Bundeskanzler und seiner Rückkehr in das Parlament als Abgeordneter und ÖVP-Klubchef ist nun das Ende der politischen Karriere von Sebastian Kurz gekommen. Er selbst begründet seinen Rücktritt damit, dass er sich, nach der Geburt seines Sohnes, die "österreichische Politik nicht mehr antun wollen würde". 

Reaktionen auf den gänzlichen Rücktritt aus der österreichischen Politik lassen da nicht lange auf sich warten. Allen voran Bundespräsident Alexander Van der Bellen wünscht dem ehemaligen Bundeskanzler und nun auch ehemaligen ÖVP-Chef alles Gute für die Zukunft.

Ner nunmehrige neue alte ÖVP-Klubchef August Wöginger zum Rücktritt: "Sebastian Kurz hat maßgeblich dazu beigetragen, die ÖVP wieder zu einer breiten Volkspartei zu machen." Seit dem Beginn der ÖVP-Obmannschaft Kurz‘ hätten gewisse "destruktive Kräfte nur ein Ziel gehabt", so Wöginger, "nämlich ihn mit allen Mitteln anzupatzen, obwohl die Bürgerinnen und Bürger die Arbeit von Sebastian Kurz immer unterstützt und befürwortet haben“. Sein nunmehriger Ausstieg aus der Politik sei ein großer Verlust, sagt der Klubchef.

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) hat großen Respekt für die Entscheidung von Sebastian Kurz, sich aus der Politik zurückzuziehen bekundet. "Wir haben gemeinsam in der Bundesregierung trotz aller Unterschiede viel erreicht", sagte der Grünen-Chef in einer ersten Reaktion. Trotz der Coronapandemie habe man in der Koalition um wichtige Reformen gerungen und diese auch durchgesetzt, resümierte Kogler. "Ich wünsche Sebastian Kurz und seiner Familie alles Gute."

"Politisch und Menschlich verständlich"

Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) bedankt sich beim ehemaligen Bundeskanzler für seine Arbeit: „Sebastian Kurz hat die Volkspartei zu großartigen Wahlerfolgen geführt, wofür wir ihm alle dankbar sind. Es bleibt eine Arbeitsbilanz, die von tiefgreifenden und weitreichenden Reformen geprägt ist. Sein Rückzug ist seine höchstpersönliche Entscheidung." Für Mikl-Leitner ist es der richtige Schritt zur richtigen Zeit: "Es ist die richtige Entscheidung, um in der ÖVP wieder geordnete Verhältnisse herzustellen. Daher gebührt Sebastian Kurz großer Respekt für diesen wohlüberlegten Schritt."

Oberösterreichs ÖVP-Landeshauptmann Thomas Stelzer kann den Schritt sowohl menschlich, als auch politisch nachvollziehen. Außerdem erklärt er, dass ihn die Landeshauptleute nicht gedrängt hätten den Rücktritt anzutreten.

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) zum Rücktritt: "Hinter ihm liegen 10 erfolgreiche Jahre als Mitglied der Bundesregierung und eine beachtenswerte Kanzlerschaft, wichtige Weichenstellungen für Entlastung, Migration und Wirtschaftsstandort sowie erfolgreiche Wahlen. Hinter ihm liegen aber auch herausfordernde Zeiten wie der kräftezehrende Kampf gegen die Pandemie oder die Vorwürfe und Angriffe gegen ihn persönlich. Deshalb wünsche ich ihm alles Gute für seine Zukunft und seine Familie."

Wilfried Haslauer, ÖVP-Landeshauptmann von Salzburg, sieht im Rücktritt des ehemaligen Bundeskanzlers und Parteichefs ebenfalls den richtigen Schritt und ist ihm dankbar, für die Arbeit die er in der ÖVP geleistet hat: "Sebastian Kurz hat seit seinem Eintritt in die Politik im Jahr 2011 diese maßgeblich geprägt. Als Parteiobmann hat er die Österreichische Volkspartei modernisiert, ihm hat die Volkspartei wesentliche Wahlerfolge in den letzten Jahren zu verdanken. Ich danke Ihm persönlich für seinen Einsatz als Bundeskanzler und Parteiobmann. Auf diesem Wege darf ich Ihm und seiner Familie alles Gute für die Zukunft wünschen und danke ihm für die hervorragende Zusammenarbeit in den letzten Jahren."

Für Hermann Schützenhöfer (ÖVP), Landeshauptmann der Steiermark, ist der Schritt ein notwendiger: "Es war erwartbar nach den Dingen die in den vergangenen Wochen los war. Man darf nicht außer Acht lassen, dass uns Sebastian Kurz an die Spitze geführt hat und jetzt hat er wohl gemerkt, dass dieser Schritt notwendig war."

"Weitere Schritte besprechen"

WKO-Obmann Harald Mahrer kann den Rücktritt nachvollziehen und wünscht ihm persönlich alles Gute. Er verstehe, dass Kurz diesen Schritt jetzt nach der Geburt seines Sohnes macht und er kündigt an: "Die weiteren Schritte werden wir dann in den nächsten Tagen in der ÖVP besprechen."

Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung, sieht im Rücktritt von Kurz den richtigen Schritt: "Mit seinem vor einiger Zeit erfolgten Rücktritt vom Amt des Bundeskanzlers hat Sebastian Kurz bereits große staatspolitische Verantwortung bewiesen und für eben jene politische Stabilität gesorgt, wie es sie in einer so herausfordernden innenpolitischen Situation gebraucht hat. Der nunmehrige weitere Schritt des Rückzugs aus sämtlichen politischen Funktionen ist eine persönliche Entscheidung, die zu respektieren ist."

Auch die Junge ÖVP, wo Sebastian Kurz seine politische Karriere begann, bedankt sich. "Er hat als Staatssekretär, Außenminister und Bundeskanzler stets die Interessen Österreichs und aller, die hier leben, in den Mittelpunkt seiner Arbeit gestellt und dabei besonders auch immer ein Ohr für die Anliegen von uns Jungen gehabt. Darüber hinaus hat er als Bundesparteiobmann die lange gewünschte Reform der Partei und ihrer Struktur vorangetrieben und erfolgreich geschafft. Dank Sebastian Kurz sind wir heute eine starke, moderne und geeinte Volkspartei", so Bundesobfrau Claudia Plakolm.

Dank und Kritik

"Dieser Schritt war erwartbar, er war eine Frage der Zeit", meinte auch SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner in einem Statement gegenüber der APA. Und auch sie glaubt: "Offenbar ist der Druck jetzt so groß geworden, dass er die Konsequenz selbst gezogen hat." Die Entscheidung sei "selbstverständlich zur Kenntnis zu nehmen", so die SPÖ-Obfrau. Die Frage sei nun jedoch, wie es mit der Bundesregierung und der türkis-grünen Koalition weitergehe, "die in den letzten Wochen nicht wirklich Handlungsfähigkeit an den Tag gelegt hat".

Hans Peter Doskozil, Landeshauptmann im Burgenland, ist unterdessen nun für Neuwahlen: "Die Corona-Situation kann keine Ausrede sein. Ich glaube, dass es jetzt Zeit wird für Neuwahlen." Mehr dazu lesen Sie hier.

Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) erwähnt eine etwaige Neuwahl in keiner Silbe, wünscht dem scheidenden ÖVP-Klubobmann aber für die Zukunft alles Gute: "Zu allererst wünsche ich Sebastian Kurz viel Familienglück. Neben anderen Beweggründen dürfte sein endgültiger Rücktritt auch das Resümee der jüngeren politischen Entwicklungen sein, die seine Funktion und seine Person in Frage gestellt haben. In diesem Zusammenhang ist seine persönliche Entscheidung zur Kenntnis zu nehmen.“

Auf Twitter melden sich natürlich auch zahlreiche Oppositionspolitiker zu Wort. Allen voran Neos-Chefin Beate Reinl-Meisinger die Kurz via Twitter alles Gute auf seinem weiteren Lebensweg wünscht.

Als „längst überfälligen Schritt“ bezeichnet NEOS-Generalsekretär Douglas Hoyos den heutigen Rückzug von Sebastian Kurz. „Die Vorwürfe gegen den ehemaligen Kanzler sind erdrückend. Jetzt gilt es, die massiven Korruptionsvorwürfe gegen Kurz und weitere Personen des türkisen Systems aufzuklären. Nur einen Spieler auszuwechseln, wird nicht ausreichen. Ich erwarte mir von der ÖVP, dass sie jetzt zur Aufklärung dieser schwerwiegenden Vorwürfe beiträgt.“

Der Linzer SPÖ-Bürgermeister Klaus Luger sieht im Rücktritt von Kurz ein "gutes Zeichen für die Demokratie" wenn jemand, "der so für Korruption und menschenverachtenden Umgang steht wie Kurz", aus der Politik ausscheidet. Von Neuwahlen halte Luger übrigens nichts, wie er den Oberösterreichischen Nachrichten sagt: "Neuwahlen kommen für mich in der aktuellen Lage nicht in Frage."

Dass die Opposition nicht nur positive Worte für Kurz übrig hat, zeigt beispielsweise auch ein Tweet des SPÖ-Niederösterreich-Chefs Franz Schnabl.

FPÖ-Obmann Herbert Kickl sieht sich im angekündigten Rücktritt des ÖVP-Chefs bestätigt. "Ich habe am Beginn des Jahres gesagt, Kurz muss weg, jetzt ist er weg", sagte er in einer Pressekonferenz vor der schon offiziellen Bestätigung des Rückzugs. Der Druck sei für diesen einfach zu groß geworden, nicht zuletzt jener vonseiten der ÖVP-Länderchefs. Kurz habe ja sehr viele Fronten offen.

Kickl über Kurz-Rückzug

FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker warnt unterdessen davor, dass mit Sebastian Kurz nur der "türkise Hauptdarsteller" die Bühne verlassen würde, seine "Komparsen" aber bleiben würden.

Sonst ins Sachfragen eher uneins mit Hafenecker oder der FPÖ, ist auch der ehemalige Grüne und danach Listen-Chef Peter Pilz vom Rücktritt von Sebastian Kurz wenig überrascht und sieht die ÖVP vom "Regen in den Sumpf" gehen, falls tatsächlich Innenminister Karl Nehammer neuer Kanzler und Parteichef werden würde.

Auch der Neos-Gründer Matthias Strolz, der selbst erst vor wenigen Jahren zurückgetreten ist, gratuliert Kurz diesem Schritt "solange er noch durch die Vordertür gehen kann".

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Start der Karriere in der JVP

Den Anfang seiner politischen Karriere machte Sebastian Kurz als Bundesobmann der Jungen Volkspartei (JVP). Dieses Amt übte er von 2009 bis 2017 aus.

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Kurz(e) Phase im Gemeinderat

Sein erstes politisches Mandat hatte er von 2010 bis 2011 als Mitglied des Wiener Gemeinderates und Landtags inne.

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Staat, Sekretär und Integration

Von 2011 bis 2013 war er in der Regierung von Werner Faymann Staatssekretär für Integration. Danach wechselte er für kurze Zeit in den Nationalrat.

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So jung und schon Minister

Dann folgten von 2013 bis 2017 vier Jahre als Minister für Europa, Integration und Äußeres in den Regierung von Werner Faymann (II) und Christian Kern. Kurz war damals gerade 27 Jahre alt.

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Plötzlich alles Türkis

Im Mai 2017 wurde Kurz zum Parteiobmann der ÖVP gewählt.

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Die neue politische Bewegung

Kurz färbte die ÖVP von Schwarz auf Türkis um und trat mit „Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei (ÖVP)" zur Nationalratswahl 2017 an.

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Erste Wahl, erster Sieg

Dort feierte er mit 31,47 Prozent - ein Plus von 7,48 Prozentpunkten - einen klaren Wahlerfolg.

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Schwarz-Blau, so wie Wolfgang Schüssel

Am 18. Dezember 2017 wurde die Bundesregierung Kurz I, also eine Koalition aus ÖVP und FPÖ, angelobt.

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Ibiza - seit damals nicht nur eine Insel

Dann kam Ibiza und Kurz beendete am 18. Mai 2019 die Zusammenarbeit mit der FPÖ.

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Misstrauisches Parlament

Danach wurde Kurz in einem Misstrauensvotum des Nationalrats das Vertrauen versagt, er wurde seines Amtes enthoben. Das war der erste Misstrauensantrag in der Geschichte der Zweiten Republik, der erfolgreich war.

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Das Beste beider Welten

2019 trat Kurz erneut als Spitzenkandidat für die ÖVP an und wurde abermals klare Nummer eins. Gemeinsam mit den Grünen wurde eine Koalition gebildet, die seit Anfang 2020 regiert.

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Das Ende, der Abang

Als dann die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft 2021 Ermittlungen unter anderem wegen des Verdachts von Korruption gegen Kurz aufnahm, gab er am 9. Oktober seinen Rückzug als Bundeskanzler bekannt.

Knapp zwei Monate später, am 2. Dezember, erklärte Kurz seinen Rücktritt von allen politischen Ämtern.

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