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Zeitenwende in Blau: Hofer suspendiert Strache
Seit Dienstagmittag berieten FPÖ-Präsidium und -Vorstand über die Konsequenzen des desaströsen Wahlergebnisses.
Es dauert zehn Minuten, bis Heinz-Christian Strache seine 15-jährige politische Karriere in einem Wiener Weinlokal für beendet erklärt. „Das bedeutet nicht nur, dass ich meine Parteimitgliedschaft ruhend stelle, sondern, dass ich mit dem heutigen Tag auch jegliche politische Aktivität einstelle und auch kein Amt und keine politische Funktion mehr anstrebe.“ Strache ist Dienstagvormittag sichtlich erfreut ob der Heerschar an Journalisten, die sich eingefunden haben. Das ist neu.
Bekannt ist Beobachtern seine Vorbereitungsmappe in Blau und das Redemanuskript, in dem jede Zeile mit den übergroßen Buchstaben mit gelben Leuchtstift angestrichen ist. Wie zur Vizekanzler-Zeit. Doch die ist vorbei. Zum Schluss bedankt sich Strache mehrfach für die Anwesenheit der Medien, man sehe sich vielleicht in privater Runde wieder. „Ich stelle fest, dass wir einen wundervollen Spätsommertag haben“, sagt der 50-Jährige. Und: „Alles im Leben hat einen Sinn, und diesen Sinn wird man da oder dort vielleicht erst später erfassen.“ Strache wirkt wehmütig. Er weiß, dass das Scheinwerferlicht ihm nur mehr an diesem 1. Oktober gelten soll.
Neue Zeitrechnung in Blau
Denn es dauert nur Stunden, bis die neue Zeitrechnung in Blau beginnt. Rund vier Stunden brauchen das FPÖ-Präsidium und der Vorstand, um ihr Beratungsergebnis öffentlich zu machen. Kurz vor 19 Uhr gilt das Scheinwerferlicht Norbert Hofer.
Dem neuen FPÖ-Chef. Und der lässt die Entscheidung Straches nicht auf sich bewenden. Weil das FPÖ-Parteistatut streng genommen gar keine Ruhendstellung vorsieht, beschließt der FPÖ-Vorstand, Heinz-Christian Strache zu suspendieren. Sollte sich der Verdacht bei den Ermittlungen rund um die Spesen-Affäre erhärten, drohe Strache auch der Ausschluss, so Hofer. Die FPÖ will sich nicht nur vom Ex-Chef formal distanzieren, sondern auch neu aufstellen. Mittels Gruppen.
Neuaufstellung
Eine Reform-Gruppe, geleitet vom Welser Bürgermeister Andreas Rabl, soll für die notwendigen Innovationen und den neuen Auftritt der Partei sorgen. Mit dabei ist Salzburgs Landeschefin Marlene Svazek.
Eine Gruppe, die sich um Richtlinien in Sachen Finanzen und Transparenz kümmert, leitet Oberösterreichs Landeschef Manfred Haimbuchner mit Wirtschaftsexperten. Ehrwürdige FPÖ-Funktionäre sollen zudem einen Weisenrat bilden. Dieser soll über Ausschlüsse entscheiden. Wer den beiden letztgenannten Gruppen angehören wird, das wollte Hofer nicht sagen.
Ungewiss ist, was mit Philippa Strache passiert. Ob der Wiener Landesliste-Dritten ein Mandat zusteht, das stehe erst mit dem amtlichen Endergebnis am Donnerstag fest und habe die Wiener FPÖ zu entscheiden, so Hofer. Fix ist, dass Hofer als Dritter Nationalratspräsident vorgeschlagen werden wird und Herbert Kickl Klubchef wird.
FPÖ: Tag 2 nach der Wahl zum Nachlesen
- 10/01/2019, 10:10 AM
Herzlich Willkommen!
In Kürze gibt Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache seine Erklärung ab. Vorab lesen Sie hier, was es mit der Internet-Adresse "Liste-Strache.at" auf sich haben könnte.
- 10/01/2019, 10:17 AM
Drei Szenarien
Was können wir von der Pressekonferenz heute erwarten. Kollegin Johanna Hager, die für uns live vor Ort ist, nennt drei Szenarien:
1. Strache kommt dem Bundesparteivorstand zuvor. Er legt seine einfache Parteimitgliedschaft ruhend. (Seine Frau Philippa soll schon pro forma auf ihr Nationalratsmandat verzichtet haben. Am Montag war allerdings nicht davon auszugehen, dass sie überhaupt ein Mandat inne hat.) Das würde bedeuten: Strache ist de facto freiheitliche Geschichte, die Partei kann sich offiziell neu ordnen.
2. Strache wartet den Bundesparteivorstand ab. Die Partei suspendiert ihn, bis die Ermittlungen in der Strafsache "FPÖ-Spesenabrechnungen" abgeschlossen sind. "An einer Suspendierung führt kein Weg mehr vorbei", sagt Oberösterreichs Landeschef und Landehauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner zum KURIER. Die Folge dieses Szenarios wäre: Die Unruhe innerhalb der Partei wird wohl vorerst bestehen bleiben, da durch eine Suspendierung Strache de facto immer noch Teil der FPÖ ist, die sich neu aufstellen will. Die Suspendierung ist indes der einzig mögliche Schritt, Strache gegenüber ein Zeichen zu setzen, denn: für einen Parteiausschluss braucht es ein Verfahren und triftige Gründe. Ob und inwiefern Heinz-Christian Strache gegen die Statuten oder Prinzipien der Partei verstoßen hat, das werden die externen und internen Ermittlungen weisen, Juristen zu klären haben. Und genau darüber wird der Bundesparteivorstand heute zu beraten haben.
3. Strache wartet den Bundesparteivorstand ab. Der Bundesparteivorstand hat Gründe für den Parteiausschluss vorliegen, die Rechtslage für einen Parteiausschluss sind klar. Das wiederum hieße: Die Partei erklärt die Ära Strache offiziell für beendet, Norbert Hofer beweist sein Durchgriffsrecht als FPÖ-Chef. Strache kommuniziert weiter via Facebook und Co. in der ihm mittlerweile eigenen Rolle des "Opfers eines politischen Attentats"
- 10/01/2019, 10:19 AM
Großer Andrang von Journalisten
Bereits eine halbe Stunde vor Beginn der Erklärung ist der kleine Raum in dem Wiener Wein-Lokal zum Bersten voll.
- 10/01/2019, 10:29 AM
Es geht los
Strache will die Vorwürfe gegen ihn entkräften und bittet, ihn nicht vorzuverurteilen.
- 10/01/2019, 10:32 AM
Ibiza-Affäre wieder Thema
Der Ex-FPÖ-Chef nennt es Verleumdungen aus "feiger Verborgenheit", entschuldigt sich aber zeitgleich bei den Wählern für seine Fehler.
- 10/01/2019, 10:32 AM
Parteimitgliedschaft ruhend gestellt
Strache greift wie erwartet den FPÖ-Gremien vor und will seine Mitgliedschaft ruhend stellen.
- 10/01/2019, 10:34 AM
Schaden abwenden
Er wolle jeden weiteren Schaden von seinen "freiheitlichen Gesinnungsgenossen" abwenden. Auch seine Frau und Familie wolle er schützen, diese seien Hass ausgesetzt gewesen.
- 10/01/2019, 10:34 AM
"Jegliche politische Aktivität einstellen"
Strache will künftig kein politisches Amt mehr bekleiden.
- 10/01/2019, 10:37 AM
Verweis auf Ermittlungen
Jetzt heiße es, die Ergebnisse der Ermittlungen gegen ihn abzuwarten, sagt Strache. Und kommt gleich nochmal auf seine Frau Philippa zu sprechen: Diese habe in den vergangenen Monaten viel aushalten müssen, "auch wenn sie nach außen stark wirkt". Er freue sich nun auf seine Zukunft: "Alles hat einen Sinn."
- 10/01/2019, 10:38 AM
Entschuldigung bei der Presse
"Sie werden mir den ein oder anderen Fehler von mir ihnen gegenüber verzeihen. Man sieht sich vielleicht bei privaten Gelegenheiten."
- 10/01/2019, 10:38 AM
Das war´s
Strache beantwortet keine Fragen der Presse und schließt die Pressekonferenz.
- 10/01/2019, 10:47 AM
Nachsatz beim Verlassen des Lokals
Strache sagt zu Medienvertretern beim Verlassen des Lokals: Er hoffe, dass Philippa Strache das Nationalratsmandat annehme.
- 10/01/2019, 10:49 AM
Verabschiedung zum Nachsehen
Straches womöglich letzte Worte an die Presse im Video.
- 10/01/2019, 11:03 AM
Erste Reaktion
Die niederösterreichischen Freiheitlichen reagieren mit dem kurzen Kommentar "zur Kenntnis genommen".
- 10/01/2019, 11:08 AM
Philippa Strache: Will sie oder will sie nicht?
Erneute Wende in Sachen Nationalratsmandat bei der Frau des gefallenen Ex-Vizekanzlers.
- 10/01/2019, 11:11 AM
Abwarten bei der Wiener FPÖ
Die Wiener FPÖ will sich auf KURIER-Nachfrage nicht über das Mandat von Philippa Strache äußern und den Bundesparteivorstand abwarten.
- 10/01/2019, 11:27 AM
"Das Problem war letztendlich nicht Ibiza"
Hier ein erster Kommentar von Kollege Christian Böhmer zu Straches Rückzug aus der Politik.
- 10/01/2019, 11:42 AM
Straches Facebook-Fans reagieren gemischt
Glückwünsche für die Zukunft, erneute Schuldzuweisungen und Hoffnungen auf Rückkehr: Die Facebook-Community von Heinz-Christian Strache reagiert gespalten auf seinen Rückzug. Die Kommentare reichen von "Derjenige der 'Anstand' hatte war Gudenus der sich direkt verabschiedet hat und auch seinen Mund hielt" über "Alles Gute für die Zukunft H.C." bis "Bitte komme wieder zurück".
- 10/01/2019, 12:09 PM
Hofer nimmt Straches Rückzug "zur Kenntnis"
FPÖ-Chef Norbert Hofer nimmt die Ankündigung seines Vorgängers Heinz-Christian Strache, seine FPÖ-Parteimitgliedschaft ruhend zu stellen, "zur Kenntnis". Darüber hinaus wollte er Straches Vorgehen im Vorfeld des Parteivorstandes in einem Wiener Hotel nicht kommentieren.
- 10/01/2019, 12:33 PM
Für Haimbuchner hat sich "nichts geändert"
Oberösterreichs FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner dürfte auch nach der Rückzugs-Ankündigung von Heinz-Christian Strache bei seiner Forderung nach einer Suspendierung des ehemaligen FPÖ-Chefs bleiben. "Es hat sich nichts geändert", sagte er am Dienstag vor der Zusammenkunft der Parteigremien.
© Bild: APA/HELMUT FOHRINGERHaimbuchner bei der Ankunft zur Zusammenkunft der Parteigremien