Pressestimmen zu Strache: "Skandal-Ösi zieht sich zurück"
Heinz-Christian Strache war wie sein Vorgänger und späterer Widersacher Jörg Haider ein Dauerthema in den europäischen Medien. Oft wurde sein Name in einem Atemzug mit Marine Le Pen aus Frankreich und Geert Wilders aus Holland genannt - als Beispiel eines innenpolitisch einflussreichen Rechtspopulisten. Der FPÖ-Chef attackierte stets die EU und versuchte, die europäische Integration (wenn auch nicht so radikal wie Le Pen oder Wilders) zu hintertreiben.
Dementsprechend findet der laut eigener Aussage völlige politische Rückzug Straches am Dienstag ein großes Echo in Europas Medien. Die ersten Pressestimmen.
Die Süddeutsche Zeitung schreibt, dass der Ibiza-Skandal und die Spesenaffäre weder für Strache noch für die FPÖ bereits ausgestanden seien:
"Gegen Strache, der sich immer noch gern und reichlich penetrant als verfolgte Unschuld und Opfer einer Art Weltverschwörung präsentiert, laufen weiterhin staatsanwaltschaftliche Ermittlungen. Aufzuklären sind dubiose Vereinskonstruktionen rund um die FPÖ, ein Postenschacher bei Casinos Austria und schließlich die FPÖ-interne Spesenaffäre, in der Strache im Verdacht der Untreue steht. (…)
Nun soll der Neuaufbau in den Händen von Norbert Hofer liegen, der mehr als ein Jahrzehnt lang als Straches Stellvertreter im Parteivorsitz fungierte. Ihm zur Seite steht Herbert Kickl (…). Beide sagen nun gern, dass sie noch nie auf Ibiza waren. Bei vielem anderen, was in der FPÖ in der Ära Strache passierte, waren sie jedoch maßgeblich beteiligt. Über dem Neuaufbau liegt damit schon der düstere Schatten alter Zeiten."
Der Hamburger Spiegel schreibt, Strache habe reichlich Insider-Wissen aus fast drei Jahrzehnten FPÖ-Karriere, das "der tief Gekränkte" gegen seine Partei verwenden könnte:
"Es war nicht nur die 'b'soffene G'schicht' auf Ibiza, wie Strache seinen peinlichen Auftritt in der Finca schönzureden versuchte. Es waren auch die immer neuen Vorwürfe gegen den langjährigen FPÖ-Spitzenmann, die in den vergangenen Monaten laut wurden und die inzwischen die Staatsanwaltschaft beschäftigen: der selbsternannte Saubermann soll sich üppige Spesenkonten genehmigt haben, dazu eine von der Partei (und somit indirekt vom Wahlvolk) finanzierte Nobelwohnung und weitere Extras. Die offenkundig mit reichlich Belegen unterfütterten Anschuldigungen werden von Strache bestritten.
Unstrittig hingegen ist: Der von seinen Anhängern nur 'HC' gerufene Strache war bis zum Aufstieg von Sebastian Kurz der populärste Politiker Österreichs. (…)
Ob die Geschichte vom Aufstieg und Fall des Freiheitlichen Heinz-Christian Strache mit dem Kapitel von diesem Dienstag wirklich endet, ist noch offen. Für seine Partei wird es darauf ankommen, ob der tief Gekränkte der Versuchung widersteht, seinen persönlichen Giftschrank zu öffnen: Geballtes Wissen aus jenen knapp drei Jahrzehnten, die Strache in der FPÖ war, darf dort vermutet werden."
Die Neue Zürcher Zeitung merkt an, die FPÖ mache es sich zu einfach, wenn sie alle Missstände der vergangenen Jahre allein ihrem ehemaligen Obmann in die Schuhe schiebe:
"Strache beugt sich mit seiner Entscheidung dem enormen Druck aus der eigenen Partei. Dieser entstand seit der Veröffentlichung des Ibiza-Videos, das Mitte Mai zum Sturz der Regierung zwischen Freiheitlichen und Konservativen (ÖVP) geführt hatte. Straches unmoralische Angebote an eine vorgebliche russische Oligarchin, seine Uneinsichtigkeit und sein offensichtliches Spekulieren auf ein baldiges Comeback machten ihn für die neue Parteiführung zu einem Quell der Unsicherheit. (…)
Straches Auftritt machte klar, dass er das Tischtuch zwischen ihm und der Partei nicht ganz zerschneiden will - etwa in Form einer von ihm geführten Abspaltung, über die in den Medien viel spekuliert wurde. (…)
Dennoch dürfte die Erleichterung über den Rückzug Straches überwiegen, denn die Fragen, die sich den Freiheitlichen stellen müssen, sind durchaus delikat. Sie machen es sich zu einfach, wenn sie alle Missstände Strache in die Schuhe schieben: Dieser führte sich zwar als selbstherrlicher Alleinherrscher auf, doch solange er Erfolg hatte, nahm die Partei jegliches Fehlverhalten in Kauf."
Der Münchner Merkur schreibt vom Abgang eines "der bekanntesten Rechtspopulisten Europas":
"Einer der bekanntesten Rechtspopulisten Europas tritt ab: Heinz-Christian Strache will keine politischen Funktionen mehr übernehmen. Nun will seine Partei über ihn beraten. (...)
Strache war seit Sonntag teils sehr deutlich eine große Mitschuld am desaströsen Wahlergebnis der Rechtspopulisten gegeben worden. Mit dem Ibiza-Video und zuletzt einer Spesenaffäre hatte er seine Partei in größte Schwierigkeiten gebracht."
Die Bild Zeitung nennt Strache "Skandal-Ösi":
"Das war’s dann wohl mit der politischen Karriere von Heinz-Christian Strache (50): Zwei Tage nach der Wahl in Österreich erklärte der Ex-FPÖ-Parteichef seinen 'völligen politischen Rückzug'.
Mit einer 'persönlichen Erklärung' kam er einem wahrscheinlichen Parteirauswurf zuvor. Am Nachmittag wollte die FPÖ über die Zukunft des Skandal-Ösis beraten. Eine Suspendierung sei unausweichlich, erklärten Spitzenpolitiker der Rechtspopulisten noch am Montag."
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