Personalrochade in der Regierung: Wer wird was?
Heute, Freitag, um 9 Uhr in der Früh war es so weit: Nach einer langen Gesprächsnacht trat der ÖVP-Vorstand zusammen, um danach einen neuen Bundeskanzler und ein erneuertes Regierungsteam zu präsentieren. Ausgelöst hat die Turbulenzen Ex-Kanzler Sebastian Kurz mit der Ankündigung, er werde der Politik den Rücken kehren.
Mit dem genauen Zeitpunkt seines Rücktritts hat Sebastian Kurz für Überraschung gesorgt. Auch bei den eigenen Parteigranden. Erst am Donnerstag kurz vor seinem öffentlichen Auftritt hat er die Landeshauptleute von seinem Vorhaben informiert.
Überrascht, aber nicht unvorbereitet
Dass der Kurz-Abgang nur eine Frage der Zeit sein würde, war den ÖVP-Granden jedoch schon lange klar. Ein Machtvakuum an der Partei- und Regierungsspitze, eine taumelnde Koalition mitten in der Corona-Krise, belastende Ermittlungen der Justiz und der bevorstehende Untersuchungsausschuss gegen die ÖVP - spätestens im Jänner hätte es sowieso einen Knall gemacht.
Daher waren die Granden zwar vom Zeitpunkt des Kurz-Rücktritts überrascht, aber sie sind auf die Situation nicht unvorbereitet. Vor allem eine nicht: Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner. Sie ist von dem Geschehen in mehrfacher Hinsicht betroffen: Sie vertritt das stärkste ÖVP-Bundesland. Sie war eine Mentorin von Kurz, wenn sie ihre schützende Hand wegzieht, ist das ein Signal. Und sie ist die erste ÖVP-Politikerin, die inmitten des Schlamassels aus Affären und sinkenden Umfragen in eine Wahl gehen muss. Logisch, dass Mikl-Leitner wieder "geordnete Verhältnisse" herstellen wollte.
Mikl-Leitners Wunschkandidat
Im Kreis der Landeshauptleute in der Nacht auf Freitag hatte ihr Wort entsprechendes Gewicht. Sie dürfte sich tatsächlich in wesentlichen Punkten durchgesetzt haben, erzählt man in der ÖVP-Wien: Karl Nehammer als Kanzler und Parteichef sei ihr Vorschlag gewesen.
Den Rückzug von Finanzminister Gernot Blümel hatten die Niederösterreicher nicht explizit verlangt. Blümel erklärte bereits am Donnerstag am Abend seinen gänzlichen Rückzug aus der Politik.
Kooperation mit Wien
Als dritten Punkt soll Mikl-Leitner ein Ende der parteipolitisch motivierten Kampfhandlungen der Bundes-ÖVP gegen Wien bzw. die Wiener SPÖ eingefordert haben. Ihr Argument: Eine Pandemie könne man nur in breitem Konsens bekämpfen, insbesondere in der eng miteinander verwobenen Ostregion.
Die Handschrift der anderen Landeshauptleute werden wohl an dem Team zu erkennen sein, das künftig die ÖVP in der Bundesregierung vertreten wird. Mit dem vakanten Innen- und Finanzministerium sind zwei zentrale Ressorts nachzubesetzen.
Neue Minister
Tatsächlich wird Vorarlberg das gewichtige Finanzressort bekommen. Der derzeitige Staatssekretär im Infrastrukturministerium, Magnus Brunner, wird in die Himmelpfortgasse einziehen.
Innenminister wird der Niederösterreicher Gerhard Karner, derzeit zweiter Landtagspräsident. Damit sind die Sicherheitsagenden in der Hand der ÖVP-Niederösterreich, die ja mit Klaudia Tanner auch die Verteidigungsministerin stellt.
Elisabeth Köstinger kann sich dem Vernehmen nach vielleicht doch im Sessel der Landwirtschaftsministerin halten. Margarete Schramböck schaffte es doch noch in das neue Kabinett. Ursprünglich war kolportiert worden, dass statt ihr ein Mann aus Tirol Wirtschaftsminister werden sollte.
Und noch ein einigermaßen überraschender Minister-Wechsel: Bildungsminister Heinz Faßmann hat laut KURIER-Informationen freiwillig seinen Rückzug angeboten. Sein Nachfolger wird Martin Polaschek, Rektor der Uni Graz.
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