Engpass: Der globale Wettlauf um den Impfstoff
Anfang Jänner soll es auch in Österreich so weit sein: Da soll laut dem Covid-Sonderbeauftragten Clemens Martin Auer die erste Impfstofflieferung von Biontech/Pfizer eintreffen. Dann werde man wie geplant in den Alters- und Pflegeheimen mit den Impfungen starten.
Die einzige Frage ist noch die Marktzulassung durch die EU – wobei Auer aber davon ausgeht, dass diese wie erwartet erteilt wird. Wann genau die erste Impfstofflieferung eintrifft, könne man noch nicht sagen. Ende Dezember, Anfang Jänner sei mit der Zulassung für Biontech/Pfizer zu rechnen.
Bald danach, also Anfang Jänner, erwartet Auer 250.000 Vakzin-Dosen von diesem Unternehmen. Damit können dann – weil zwei Impfungen nötig sind – in der ersten Phase 125.000 Bewohner und Mitarbeiter von Alters- und Pflegeheimen geimpft werden.
Mit der nächsten Lieferung rechnet der Covid-Beauftragte bald darauf im Lauf des Jänner – und zwar 200.000 Dosen von Moderna. Damit wird die Immunisierung des Gesundheitspersonals in Krankenhäusern, Ordinationen etc. und von Hochrisikogruppen möglich sein. Die dritte Impfstofftranche sollte von Astra Zeneca kommen – wo Auer die Zulassung „im ersten Quartal“ erwartet.
Briten haben die Nase vorn
Anders als Österreich hat Großbritannien derzeit die Nase im Rennen um den Impfstoff vorn. Die englischen Boulevardzeitungen hatten wie immer sofort Anspielungen auf den Zweiten Weltkrieg parat. „V-Day“ – auf Deutsch wahlweise Impfungs- oder Siegestag – nannten sie den Dienstag, als die ersten Briten geimpft wurden. So wie also damals den 8. Mai 1945, den Tag der Kapitulation Nazi-Deutschlands.
Mit der Zulassung des Impfstoffes des US-Pharmariesen Pfizer und der deutschen Firma BioNTech hat die britische Arzneimittelbehörde ihre Amtskollegen weltweit und vor allem die europäische Arzneimittelbehörde EMA abgehängt. Seit vergangener Woche wird in Großbritannien geimpft. Wann allerdings wirklich ausreichen Impfstoff für eine flächendeckende Impfkampagne vorhanden sein wird, ist vorerst noch ungewiss.
Erste Erfahrungen zeigen, dass die Impfung gut verträglich ist. Häufig auftretende Nebenwirkungen sind lediglich Kopfschmerzen und eine schmerzhafte Rötung der geimpften Stelle. In mehreren Fällen wurden allergische Schockreaktionen beobachtet, die jedoch nur bei Patienten, die auch sonst heftig allergisch reagieren.
Doch so bald wird dieser Sieg wohl nicht errungen werden. Zwar sind in den ersten Tagen in Großbritannien bereits Zehntausende Menschen mit dem Impfstoff der US-Firma Pfizer geimpft worden, doch von flächendeckender Impfung kann keine Rede sein. Gerade einmal 800.000 Dosen des Impfstoffes hat Großbritannien bisher erhalten. Ob vor Jahresende noch etwas nachgeliefert werden kann, ist ungewiss.
Auch die USA haben den Impfstoff am Freitag zugelassen und könnten bereits am Montag mit der Impfung beginnen. Es wäre nicht Donald Trump, würde er daraus keinen persönlichen Erfolg vermelden: Die USA seien „das erste Land der Welt“, das einen nachweisbar sicheren Impfstoff produziere. Das ist allerdings nicht zutreffend, da Pfizer als Partner an der Entwicklung des Impfstoffs durch das deutsche Unternehmen Biontech beteiligt war. Das Mittel wird auch außerhalb der USA bereits hergestellt und beispielsweise in Großbritannien bereits eingesetzt.
Trumps Nachfolger Joe Biden will nach seiner Amtseinführung seinen „100-Tage-Plan“ umsetzen: Teil des Programms ist die Verabreichung von mindestens 100 Millionen Dosen in dieser Frist.
Russland: Viele wollen nicht geimpft werden
Im August wurde „Sputnik V“ zugelassen, jetzt hat in Moskau die Massenimpfung begonnen: Lehrer und Mediziner bekommen die Adenovirus-Impfung zuerst – ob sie wollen oder nicht. Die Skepsis ist vor allem unter Ärzten groß, die Datenlage nach wie vor unzureichend. Viele lassen sich aber aus Angst vor Konsequenzen impfen. Um die Sicherheit zu demonstrieren, ließen sich Politiker impfen – nur Präsident Putin nicht, er will noblerweise warten.
Eine Million Chinesen bereits geimpft
Das Ursprungsland von Sars-CoV-2 hat bereits vier Vakzine in Anwendung. Zwei davon – eine Adenovirus-Variante und ein Totimpfstoff – sind in China bedingt zugelassen und werden dort verimpft, an Armeeangehörige, Beamte, Mediziner etwa. Eine Million Menschen soll die Impfstoffe schon erhalten haben, angeblich nahezu nebenwirkungsfrei.
Da die Datenlage der chinesischen Hersteller nicht ausreichend ist, sind andere Länder skeptisch; Vollzulassungen für die zwei anderen chinesische Totimpfstoff-Präparate gibt es nur in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Dazu übt sich China in Impfdiplomatie: Die Vakzine bietet man per „Seidenstraße der Gesundheit“ Entwicklungsländern an – da die sich die Beschaffung oft nicht leisten können, gibt es im Paket dazu Kredite.
In insgesamt 16 Ländern sind die fünf chinesischen Impfstoffe derzeit im Einsatz. 35 Millionen Impfdosen werden derzeit etwa nach Mexiko geliefert. Man will noch heuer mit Impfungen des Gesundheitspersonals beginnen.
Die Vereinigten Arabischen Emirate stellen in Zusammenarbeit mit einer chinesischen Firma 100 Millionen Dosen im eigenen Land her, 15.000 Menschen haben bereits an einem Massentest des Impfstoffes teilgenommen. Großflächige Tests chinesischer Impfstoffe finden auch in der Türkei, Indonesien oder in Brasilien statt. Beschleunigte Verfahren zur Zulassung laufen in Brasilien bereits.
Egal was, die Ungarn wollen es schnell
Die Regierung hat laut eigenen Angaben zwölf Millionen Impfdosen von AstraZeneca, Janssen, und Pfizer bestellt. Doch auch aus Russland und China wolle man Präparate beziehen. Zehn Impfdosen des russischen Präparats „Sputnik V“ sind schon in Budapest angekommen. Um dessen Zulassung hat es in Brüssel eine heftige Debatte gegeben, doch das Land hat sie schließlich bekommen. Ungarn ist bisher das einzige EU-Mitglied, das auf den russischen Impfstoff setzt.
Die Regierung überlegt, größere Mengen zu ordern. Doch laut Umfrage wollen sich nur 7 % der Ungarn mit „Sputnik V“ impfen lassen. Laut regierungstreuen Medien haben sich bereits 100.000 Ungarn für die Corona-Impfung vorangemeldet. Welche Impfung ihnen allerdings in den Arm gestochen wird, wussten sie noch nicht.
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