Die wundersame Welt des Boris Johnson

Die wundersame Welt des Boris Johnson
Ein Jahr im Amt. Der britische Premier Johnson oszilliert zwischen Entertainment und Sachpolitik. Wegen Corona und Brexit hat er viel an Kredit verspielt – wird aber oft unterschätzt

Für die feine englische Art ist Boris Johnson nicht bekannt. Bei einem Wahlkampftermin vergangenen Dezember brach er mit einem Bulldozer, geschmückt mit britischer Flagge und dem Slogan „Get Brexit done“, also „Lasst uns den Brexit vollenden“, durch eine Styropor-Wand. Das Spektakel zwei Tage vor der Wahl genoss er, wie jede Form des politischen Theaters.

Denn Boris, der Nachname ist wie bei Popstars optional, inszeniert sich gerne – trotz seiner Ausbildung an den Eliteschmieden Eton und Oxford – als verwegener Anti-Establishment-Held. Im Showdown mit Jeremy Corbyn am 12. Dezember des Vorjahres durchbrach der strahlende Sieger sogar die „rote Mauer“ des Labour-Partei-Herzlands und verhalf der Konservativen Partei zu einer Mehrheit von 80 Mandaten, ihrem klarsten Sieg seit 1987.

Ein Jahr später wirkt Johnsons Regierung aber wie eine einzige Baustelle. Chaos, Fehltritte, vor allem in puncto Corona-Krise und Brexit, und rebellierende Parlamentarier dominieren die Schlagzeilen.

„Die meisten Baustellen in Großbritannien sind organisierter als diese Regierung“, sagt Professor Tim Bale, Politologe an der Queen Mary Universität London. Das Land ist nach mehr als 63.000 Corona-Toten, ein europäischer Höchstwert, schwer gezeichnet. Und ein EU-Handelsabkommen für die Zeit nach der Übergangsphase, die mit Jahresende ausläuft (siehe unten), war doch nicht so „ofenfertig“ wie Johnson versprochen hatte.

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