Brexit und Pandemie: Stress und Sorgen in Bobby's Foodstore

Ein Mann steht in einem Laden neben einem Poster mit der Aufschrift „Keep Calm and Carry On“.
„Bobby’s Foodstore“ ist auf britische Produkte spezialisiert. Das geht sehr gut – bald vielleicht aber sehr schlecht

Johnny Szewczuk befindet sich in der skurrilen Situation, dass er aktuell in ziemlichem großem Stress und gleichzeitig in akuter Sorge ist. Das hat mit Corona zu tun. Und mit dem Brexit.

Der Wahlwiener und gebürtige Engländer führt seit mittlerweile 24 Jahren das britische Nahrungsmittelgeschäft „Bobby’s Foodstore“ in der Wiedner Schleifmühlgasse. Hier verkauft er (neben amerikanischen) vor allem Lebensmittel aus dem Vereinigten Königreich: britische Teesorten, englische Ales und Ciders, den umstrittenen Brotaufstrich Marmite oder Orangenmarmelade.

Mehrere Gläser Marmite stehen in einer Reihe.

Den Großteil seiner Ware bezieht Szewczuk von Lieferanten aus England. Dass seine Bestellungen nach dem 1. Jänner 2021 weiter wie gewohnt eintreffen, traut er sich nicht zu hoffen.

Finaler Austritt

Am31. Dezember 2020 endet die Übergangsfrist für den Brexit. Mit Jänner ist das Vereinigte Königreich damit nicht länger Mitglied der Europäischen Union. Trotz des zeitnahen Termins gibt es noch keinen offiziellen Deal, wie die Zusammenarbeit zwischen den beiden Wirtschaftspartnern künftig stattfinden wird.

Die Flaggen der Europäischen Union und des Vereinigten Königreichs wehen im Wind.

Szewczuks Nachfragen bei der Botschaft oder bei den Lieferanten waren unergiebig. Er rechnet nicht mehr damit, vor dem Jahreswechsel noch Informationen zu erhalten.

„Ich habe die Sorge, dass die Lieferanten erst darüber nachdenken werden, wenn sie von Dover nach Calais (durch den Ärmelkanal, Anm.) wollen und dort von den Franzosen aufgehalten werden“, sagt der Shopbesitzer.

Ein Eurotunnel-Zug steht neben einem FedEx-LKW.

Eigene Lösungen

Er möchte in den ersten Wochen also nicht auf die Lieferanten angewiesen sein – und sorgt bestmöglich vor: „Ich habe begonnen, alles, was lange haltbar ist, in großen Mengen zu bestellen und bunkere es ein.“ Das Lager sei groß genug, versichert er. Auf diesem Weg möchte er bis Ende März versorgt sein.

Lieferschwierigkeiten

Allzu einfach ist das derzeit aber nicht, denn es gibt immer wieder Lieferschwierigkeiten. Das hat weniger mit dem Brexit als mit der Pandemie zu tun. „Corona-bedingt fallen wohl Arbeitskräfte immer wieder aus.“ Und so können Lieferanten nicht in üblicher Stückzahl produzieren, schaffen es mitunter nur, den Bedarf im eigenen Land zu decken.

Ein Mann steht in einem kleinen Laden vor einem Regal mit Snacks und Getränken.

Der Nachfrage in „Bobby’s Foodstore“ ist seit einigen Wochen dafür stark angestiegen: „Um ein Viertel, vielleicht sogar um ein Drittel.“ Typische britische Weihnachtsprodukte wie Christmas-Crackers oder Minced Pies werden teilweise schneller gekauft als sie einsortiert werden können.

Ersatz für den London-Trip

„Ich denke, dass wir eine Alternative für all jene sind, die normalerweise in der Vorweihnachtszeit schnell nach London fliegen, um dort ihre Geschenke zu besorgen.“ So gesehen erschwert ihm die Krise das Geschäft – und erleichtert es ihm gleichzeitig wieder.

Gegründet hat Szewczuk den Shop damals übrigens aus einem Mangel heraus. Er hatte ein halbes Jahr zuvor das Pub „Johnny’s“ auf der anderen Straßenseite eröffnet.

Eine Straße in Wien mit Fahrrädern, parkenden Autos und Passanten.

Weil ihm Produkte wie Chips, Essig oder Ales fehlten, begann er, direkt in England zu bestellen. Schon nach kurzer Zeit meldeten sich immer mehr Kollegen. Und so beschloss er, ein britisches Geschäft zu eröffnen.

Ein Trend, der sich fortsetzt.

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