Kurz nach Amtsantritt erschütterte der russische Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 Europa – und das von russischem Gas abhängige Deutschland. Die Abkehr von fossiler Energie war daraufhin dringender denn je, die Strom- und Gaskosten explodierten. Dass die Energieversorgung im folgenden Winter überhaupt gesichert wurde, wurde vom Wirtschaftsministerium öffentlich als Erfolg gefeiert.
Notwendig war dafür: die höchst umstrittene Verlängerung der deutschen Kernkraftwerke. Gleichzeitig ist beim Ausbau Erneuerbarer Energien, vor allem von Solarenergie, mehr vorwärts gegangen als in den Regierungen davor. Insgesamt dürfte Deutschland das für 2030 ausgerufene Ziel, den Ausstoß von Treibhausgasen im Vergleich zu 1990 um 65 Prozent zu senken, aber verfehlen (zum Vergleich: Österreich will bis 2030 um 48 Prozent senken, und ist auf Zielpfad).
Erster Cut: Heizungsgesetz
Im Februar 2023 kam es zum ersten öffentlich groß ausgetragenen Streit: das Heizungsgesetz. Eigentlich als "Prestigeprojekt" von Wirtschaftsminister Robert Habeck und den Grünen vorgesehen, um den Umstieg auf klimafreundliches Heizen zu erleichtern, wurde es zum Alptraum. Das Vorhaben wurde geleakt, die Bild titelte "Schon ab 2024! Habeck will Öl- und Gas-Heizungen verbieten"; vom "Heiz-Hammer" war die Rede. Großer Widerstand in der Bevölkerung war die Folge. Verräter soll die FDP gewesen sein, sagen nicht nur SPD und Grüne. Gleichzeitig freuten sich SPD und FDP über die sinkenden Beliebtheitswerte der Grünen. Im Herbst 2023 wurde das Gesetz mit einigen Entschärfungen zwar beschlossen, doch das Image der Ampel war mehr als angekratzt – und das Verhältnis aller Beteiligten deutlich angeschlagen.
Kurz danach gab es den nächsten Riss: Der Bundesgerichtshof hat die Umschichtung von nicht genutzten Corona-Geldern in den sogenannten Klima- und Transformationsfonds (KTF) nach einer Klage der CDU für verfassungswidrig erklärt – eine Idee von Kanzler Scholz, um die Schuldenbremse nach zweimaligem Aussetzen nicht noch ein drittes Mal zu umgehen, was der FDP sauer aufgestoßen wäre. Der beschlossene Bundeshaushalt musste daraufhin neu verhandelt, ein 60-Milliarden-Loch gestopft werden. Finanzminister Lindner strich den einzelnen Ressorts Gelder. Der Grundkonflikt der Ampelparteien wurde immer stärker ersichtlich.
Ein weiterer Brandherd: das Kernthema der Grünen, Klimaschutz. Bei der Reform des einst von der CDU verabschiedeten Klimaschutzgesetzes bestand die FDP auf Lockerungen für den privaten Pkw-Verkehr. Wieder berichtete die Bild zuerst über einen Brief von (damals noch FDP-)Verkehrsminister Volker Wissing, der Grünen und SPD vorwarf, mit dem Gesetz quasi ein Fahrverbot für Pkws am Wochenende erzwingen zu wollen.
Ewiger Streit um Haushalt
Wenige Monate später war das Budget für 2025 zu verabschieden, was die Streitigkeiten der letzten Haushaltsbeschlusse wieder hervorholte. Die bis zum Bruch der Koalition nicht gelöst wurden.
Ohne Mehrheit im Bundestag wird jetzt der Haushalt von 2024 auch für 2025 gelten, sowie der Nachtragshaushalt zur Stopfung des Milliardenloches fehlen. Für jeden neuen Schuldenblock muss Scholz jetzt im Bundestag eine Mehrheit finden. Bei der Ukrainehilfe etwa wird die Union wohl kaum nein sagen; das Einfrieren der Netzentgelte, der Rentenreform, Steuerentlastungen und neuen Förderung von E-Mobilität dürfte sie aber eine Absage erteilen.
Kleine Erfolge
Streitigkeiten und Fehltritte dominierten die Regierungsperiode der Ampel. Und versteckte die Erfolge, die es genauso gab. Die meisten Überschneidungen teilten man in liberalen, gesellschaftspolitischen Ansichten: Die Ampel entkriminalisierte Beratungen zu Abtreibungen, machte es durch das Selbstbestimmungsgesetz Transpersonen einfacher, ihr Geschlecht zu ändern, und (teil)legalisierte Marihuana.
Genauso wurde das zentrale Versprechen der Sozialdemokraten, den Mindestlohn auf 12 Euro zu erhöhen, umgesetzt und die Novellierung von Hartz IV zum Bürgergeld geschafft – wenn auch unter Kritik und ohne der erhofften Zustimmung aus der Bevölkerung. Dafür fand das 49-Euro-Ticket für den Nahverkehr großen Anklang – Investitionen in Straßen und Bahnnetz kamen dafür zu kurz. Auch in außenpolitischen Fragen gab es wenige Konfliktherde – dank einer Kehrtwende der traditionell Russland nahe stehenden SPD.
Die NGO "Frag den Staat" hat seit Regierungsantritt der Ampel-Koalition überprüft, welche Vorhaben umgesetzt wurden und welche nicht. Die Bilanz nach drei Jahren: von 271 Vorhaben wurden 24 Prozent umgesetzt, das sind 65 Projekte; 84 Vorhaben liegen auf Eis oder wurden verschoben. Der Rest der Projekte stand in den Startlöchern – und wird dort auch bleiben.
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