Eine Rumpelstrecke
Einzeln betrachtet gar nicht so viel. Im Sommer war Habeck über seine Idee gestolpert, per Gasumlage Geld für die gebeutelte Gaswirtschaft zu lukrieren. Der Boulevard polterte daraufhin, Habeck wolle die Bürger „schröpfen“, um Konzerne zu stützen, das Projekt fiel durch. Ein paar Monate danach der nächste Tiefschlag: Dass Habeck ab 2024 Öl- und Gasheizungen verbieten wolle, wie ein Insider an die Bild weitergab, machte den einst als sozial geltenden Minister zur Hassfigur aller „kleinen Leute“, und die Ampel hatte ein Streitthema mehr.
Den letzten Dämpfer verschaffte Habeck sich selbst: Er musste seinen Staatssekretär Patrick Graichen wegen Postenschacher-Vorwürfen entlassen – er hatte seinen eigenen Trauzeugen zuvor zum Chef der bundeseigenen Energieagentur gemacht. Dass er zu allem Überfluss auch das umstrittene Heizungsgesetz konzipiert hatte, war ein gefundenes Fressen für die FDP: Die blockiert es nun mit Händen und Füßen – Koalition hin oder her.
Trauzeugen-Affäre
Dass Habeck vor allem bei der Trauzeugen-Affäre dünnhäutig agierte, über Wochen an Graichen festhielt, obwohl ihm schon parteiintern eine Entlassung nahegelegt worden war, illustriert auch die Fallhöhe des einstigen Überfliegers. Seine Beharrlichkeit wurde ihm nicht als Loyalität, sondern als Halsstarrigkeit ausgelegt – etwas, das bei langgedienten Funktionären der Großparteien wohl kein Problem gewesen wäre.
Das hat viel mit dem medialen Umgang mit ihm zu tun: Schon lange, bevor Habeck Vizekanzler wurde, war er auch ein Medienphänomen – in seiner Zeit als Landesminister in Schleswig-Holstein arbeitete sich der Feuilleton an Stil und Optik ab, hartgesottene Beobachter attestierten dem zum Politiker gewordenen Schriftstellers fast ehrerbietend eine „neue Ehrlichkeit“.
So wie Habeck gehätschelt wurde, wird er heute gescholten. Dass ein Grüner, der sich der Transparenz verschrieben hat, Filz im eigenen Ministerium dulde, wiegt da doppelt schwer. Und sein Beharren darauf, das Heizungsgesetz auch gegen Widerstände durchzuboxen – selbst Partei-Ikone Winfried Kretschmann kritisierte ihn dafür –, wird ihm ganz schnell als wiederbelebte Grünen-Verbotsideologie ausgelegt.
Nächste Sorge: Rezession
Problematisch ist Habecks Pannenserie aber auch auf anderer Ebene. Nicht nur seine Partei rutscht mit ihm ab, sie liegt in Umfragen mittlerweile hinter der AfD.
Auch die Ampel selbst wird durch das Gezerre zwischen ihm und der FDP immer brüchiger. „Die Frage ist, was eher verabschiedet wird: Habecks Heizungsgesetz oder die Ampel“, stichelte die Zeit zuletzt.
Dass am Donnerstag die deutsche Wirtschaft offiziell in die Rezession rutschte, hat die verzwickte Lage für die Regierenden nicht verbessert. „Wir kämpfen uns aus dieser Krise raus“, sagte Habeck dazu – ein Wunsch, wohl für Koalition, Wirtschaft und ihn selbst. Denn zerfällt die Ampel tatsächlich, ist mehr als fraglich, wie es mit ihm weitergeht: Dass er – wie noch im Sommer klar war – als Kanzlerkandidat in eine Wahl gehen wird, ist jedenfalls nicht mehr ganz so wahrscheinlich.
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