Kurzum: Das Unglück der Grünen ist das Glück der FDP.
FDP profitiert von Wärmepumpen-Leak
"Die Rechnung der FDP ist aufgegangen", sagt Albrecht von Lucke, Politikwissenschafter der Monatszeitschrift Blätter für deutsche und internationale Politik, zum KURIER. Die FDP stehe gerade als großer Sieger des letzten Koalitionsausschusses dar. Einberufen wurde dieser aufgrund der Uneinigkeiten der Ampel-Parteien beim Haushaltsbudget und wegen des Streits um den geleakten Entwurf zum umstrittenen Wärmepumpen-Gesetz. Offiziell weiß man bisher nicht, wer das Papier an die Presse weitergegeben hat.
➤ Mehr lesen: Grüne und FDP auf Kollisionskurs: Dicke Luft in der deutschen Ampel
Doch der Leak hat den Grünen Beliebtheitswerte in der Bevölkerung gekostet, und die FDP könne sich nun endlich als das positionieren, was sie im vergangenen Jahr bisher erfolglos versucht hat: "als die Kraft, die das Schlimmste verhindern will, nämlich die strenge Klimapolitik der Grünen", so von Lucke.
Unverhoffte Unterstützung bekommt Lindner derzeit von Kanzler Olaf Scholz (SPD), der die Partei nicht unter die Fünf-Prozent-Marke fallen sehen will. Aus eigenem Interesse: "Dann würde er seinen Koalitionspartner für die nächste Regierung verlieren." Die Grünen hingegen sind gerade die größte Konkurrenz aus den eigenen Reihen auf das Kanzleramt. Da schlägt sich Scholz lieber auf die Seite Lindners.
Lindner will weiter Kante zeigen
Beim dreitägigen Parteitreffen in Berlin will man das Profil weiter schärfen. Dabei setzt man auf klassisch liberale Themen: die Einhaltung der Schuldenbremse, das Nein zu Steuererhöhungen und Steuererleichterungen, der rasche Autobahnausbau sowie ein Ja zu Innovationen und Technologieoffenheit im Kampf gegen den Klimawandel. "Zu lange wurde der Wohlstand in Deutschland nur verteilt, ohne zu fragen, wo er herkommt oder wie wir den Wohlstand der Menschen und der Gesellschaft mehren können", heißt es darin. Von Lucke ortet reinen Populismus: "Wann hat Deutschland je reine Verteilungspolitik gemacht? Aber Lindner hat offenbar Blut geleckt."
Für Freitagnachmittag stehen personelle Entscheidungen auf der Agenda: Bei der Wiederwahl von FDP-Chef Lindner wird ein "überaus erfreuliches" Ergebnis erwartet, Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger wird für einen der drei Vizeposten kandidieren. Und FDP-Verteidigungssprecherin Marie-Agnes Strack-Zimmermann soll bei der Europawahl 2024 als Spitzenkandidatin ihrer Partei antreten. "Ein kluger Schachzug von Lindner", urteilt der Politologe von Lucke. Strack-Zimmermann habe ihr "Scholz-Bashing" zuletzt "ein Stück weit überzogen". Den Unterstützer in der Koalition will man schließlich nicht vergraulen.
"Narrenfreiheit" für Kubicki
Auch der bisherige Vizevorsitzende Wolfgang Kubicki wird sich der Wiederwahl stellen müssen. Die Julis, der Jugendverband der Liberalen, würden das umstrittene FDP-Urgestein am liebsten gleich absegnen. Die letzten Wortmeldungen des Bundestagsvizepräsidenten sorgten für parteiübergreifende Verstimmungen: Den grünen Wirtschaftsminister Robert Habeck verglich er mit Wladimir Putin; Klimaaktivisten, die sich festklebten, versündigten sich an "unserer Demokratie".
Von Lucke hält Kubicki aber weiter für gesetzt: "Dem passiert nie etwas, der hat Narrenfreiheit." Vor allem für Lindner sei er nützlich: "Linder selbst kann als Finanzminister und Vize-Vize-Kanzler so scharf nicht polarisieren. Das macht dann Kubicki – eine perfekte Arbeitsteilung", so von Lucke.
Kommentare