„Rolle rückwärts“
In den 16 Seiten, auf die die drei Parteien sich einigten, findet Klimaschutz nämlich nur mehr nach dem Geschmack von SPD und vor allem FDP statt. So wird etwa das für 2024 angepeilte Verbot für neue Gas- und Ölheizungen, ein Herzensprojekt von Robert Habeck, massiv aufgeweicht.
Auch der Ausbau von 144 teils heftig umstrittenen Autobahnen wird nun beschleunigt – ein Prestigeprojekt der FDP, dem die Grünen nun zähneknirschend zustimmten, weil neben den Trassen Solarpaneele erbaut werden.
Das sei eine klimapolitische „Rolle rückwärts“, kommentiert sogar die konservative FAZ.
Die Ampel erlaubt es künftig nämlich sogar, die eigenen Klimaziele zu missachten: Bisher verpflichteten sich alle Bereiche der Wirtschaft zu einer Emissions-Reduktion – künftig darf ein Sektor seine Ziele schon mal getrost verfehlen, wenn ein anderer besser als vorgegeben abschneidet.
Für die Grünen ist das Ganze doppelt bitter: Sie waren es, die Scholz im Vorfeld baten, die FDP an die Kandare zu nehmen. Robert Habeck ärgerte sich sogar im TV, dass die Liberalen ihre Klimaprojekte immer wieder öffentlich abschießen würden – des „billigen taktischen Vorteils wegen“.
Taktik und Schwäche
Umso schmerzhafter muss für Habeck und Konsorten der Grund sein, warum Scholz sich dennoch auf die Seite des kleineren Koalitionspartners geschlagen hat, der in den letzten Wochen in Brüssel schon für Unmut gegenüber den Deutschen gesorgt hat – Stichwort Verbrenner-Aus.
Warum er das getan hat? Aus Taktik – und aus eigener Schwäche.
Die SPD liegt in Umfragen bei gerade mal 20 Prozent, Scholz ist darum ist auf FDP und Grüne angewiesen. Nur: Die Grünen, die mit 19 Prozent knapp gleichauf liegen, sind für ihn eine ernsthafte Konkurrenz – und der will der Kanzler offenbar keine Siege verschaffen.
Freilich, leichter ist es auch, die bei sechs Prozent dahindümpelnden Liberalen bauchzupinseln - ihre Taktik, Opposition in der Regierung zu spielen, hatte bisher ja immer mit der Angst vor der eigenen Bedeutungslosigkeit zu tun.
Einen Gefallen wird sich Scholz damit eher nicht getan haben. Zum einen bringt er sich mit der Attitüde, immer der große Problemlöser im Dreiergefüge zu sein, selbst unter Druck, ebenso wie mit seinen dramatischen Wortkreationen, die die Erwartung nach Größerem schüren (die Union nannte das Papier nicht umsonst „nicht mal ein Wümmschen“).
Zum anderen wirkt seine Taktik, die Grünen auflaufen zu lassen, nur kurzfristig – und sie bringt die Koalition auch in Gefahr: In der zweiten und dritten Reihe der Partei wird schon jetzt der Ruf laut, dass endlich Schluss sein müsse mit den faulen Kompromissen.
Krach vorprogrammiert
Damit sind die nächsten Koalitionskrachs vorprogrammiert – bis hin zur Sollbuchstelle. Allein: Neuwahlen kann die SPD derzeit so wenig brauchen wie die FDP, die sogar um den den Einzug in den Bundestag bangen müsste. Die die einzige Koalition, die sich dann mit viel Bauchweh ausgehen würde, wäre Schwarz-Grün.
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