Was diesmal anders ist als im Vorjahr: Hinter den Ampel-Parteien liegt eine EU-Wahl, bei der alle drei an Stimmen verloren haben. Vor ihnen stehen die Landtagswahlen im September in den drei ostdeutschen Bundesländern Sachsen, Thüringen und Brandenburg, die wahrscheinlich noch schlechtere Ergebnisse für sie bereithalten. Und: Das Jahr 2025 wird das letzte Regierungsjahr der Parteien in dieser Legislaturperiode sein. Da will man die eigene Wählerschaft nicht nur mit Versprechen, sondern Umsetzung abholen. Diesen Druck fasst der SPD-Fraktionsvize Achim Post im ZDF wie folgt zusammen: "Das ist der schwierigste Haushalt seit mindestens zehn Jahren in der Bundespolitik Deutschland."
Eigene Partei setzt Scholz unter Druck
Die Liberalen zündeln öffentlich: "Ohne Schuldenbremse, ohne uns", provozieren die FDP-Jünglinge. Meilenweit entfernt davon: der linke Flügel der SPD. Die hat sogar ein Mitgliederbegehren initiiert, die Parteibasis soll damit den eigenen Kanzler Olaf Scholz zwingen, auf keinen Fall Ausgaben für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie, Bildung, Demokratie und Entwicklungszusammenarbeit zu kürzen. Geht es nach der SPD-Parteichefin Saskia Esken, sollte sich der Kanzler sowieso über die Wünsche seines Finanzministers hinwegsetzen und die Schuldenbremse am besten gleich ganz abschaffen.
Und die Bundesregierung? Die versucht, den Ball flach zu halten, die Öffentlichkeit an den Streitigkeiten und Diskussionen diesmal nicht teil haben zu lassen; vor allem die Grünen verhalten sich auffällig ruhig. Der eher wortkarge Scholz, der Lindners Haushaltskurs entgegen der Meinung seiner Genossen bisher unterstützte, spricht von "sehr kollegialen Gesprächen" ("das Ringen um den richtigen Weg ist normal"), bei denen "sogar gelacht" werde.
Dabei sind selbst konservative Ökonomen mittlerweile für eine Reform der Schuldenbremse, etwa dass langfristige Investitionen ausgenommen werden.
Dafür bräuchte es jedoch eine Änderung des Grundgesetzes, also eine Zusammenarbeit mit der Opposition für die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament. Gesprächsbereitschaft von der Union wird mal mehr, mal weniger signalisiert – schließlich gilt es als nicht unwahrscheinlich, dass eine nächste Regierung, der die Union womöglich angehören wird, mit demselben Problem zu kämpfen hat.
Reform der Schuldenbremse unwahrscheinlich
CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen äußerte in einem TV-Interview zuletzt Bereitwilligkeit – sofern die Regierung dazu eine einheitliche Position finde. Doch das gilt als absolut unwahrscheinlich. Überhaupt würde bei einem "Übergehen" der FDP-Position die Koalition dann wahrscheinlich wirklich drohen zu zerbrechen – und das will Kanzler Scholz dann doch nicht riskieren. Da bleibt er lieber bei seiner bereits bekannten Strategie des Aussitzens, selbst wenn die Umfragewerte für die eigene und die anderen Regierungsparteien weiter sinken.
In die Hände spielen die Streitereien – wieder einmal – nur der AfD und der Union, die der Zeit zufolge parteiintern bereits über Neuwahlen und mögliche Kabinettsmitglieder diskutieren soll.
Wie hat das Chaos im Vorjahr geendet? Lindner hat den Haushalt erst im Herbst vorgestellt. Ende des Jahres wurde das Budget dann aber wegen unrechtmäßiger Umbuchungen der Sondervermögen vom Bundesverfassungsgericht gekippt. Kurz vor Jahresende wurde dann schnell ein Finanzrahmen zusammengeschustert. Das dürfe sich heuer nicht wiederholen, zumindest hier sind sich alle Ampel-Parteien einig.
Dem Handelsblatt zufolge sind fürs Wochenende weitere Gespräche angesetzt. Sofern diese gut verlaufen, wird die Bundesregierung zitiert, könnten Eckpunkte schon in der nächsten Woche präsentiert werden.
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