Das liegt daran, dass er aus seiner Partei wenig befürchten muss. Die SPD leidet traditionell gern an ihren Chefs, das war schon bei Gerhard Schröder vor 20 Jahren so. Revolten aber gehören nicht zu ihrem Repertoire.
In der Fraktionssitzung am Dienstag machten darum einige Genossen ihrem Frust Luft, kritisierten den viel zu spröden Kanzler auch persönlich. Dass sein Gesicht plakatiert wurde, nicht das von Spitzenkandidatin Katharina Barley – die war der SPD zu unbekannt –, fanden manche ungeschickt. Aber ein Rücktritt oder die Vertrauensfrage, wie die Union es verlangte? Undenkbar.
Freilich, ganz vom Tisch wischen kann die Partei das Thema aber nicht. Die Frage sei nicht, ob die Regierung Scholz überlebe, sondern nur wie lange noch, urteilte auch Politico. Denn zum einen droht der Partei bei den Landtagswahlen im Herbst das nächste Debakel, die AfD liegt in drei Bundesländern auf Platz eins. Zum anderen spielt die FDP, schon immer der eingebaute Sprengsatz dieser Regierung, bei der aktuellen Budgetdebatte damit, die Koalition platzen lassen.
Das wäre für die Liberalen zwar selbst nicht die beste Option – derzeit schafft sie gerade die Fünf-Prozent-Hürde –, die SPD aber würde mit prognostizierten 14 Prozent in der Bedeutungslosigkeit verschwinden. Und das Kanzleramt wäre Geschichte.
Die Ukraine-Hoffnung
In der SPD hält man sich darum an einigen Hoffnungen fest. Eine davon ist, dass der Krieg in der Ukraine möglichst vor dem Wahltag im Herbst 2025 zu Ende geht; einen Friedensprozess könnte sich Scholz auf die Fahnen heften. Eine andere ist, dass vor den Wahlen ein ähnlicher Effekt eintritt wie 2021. Damals ging Scholz aussichtslos ins Rennen, profilierte sich aber neben dem strauchelnden Armin Laschet.
Die dritte ist – selbst wenn das seltsam klingt – ein CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz. Der ist in der Kanzlerfrage aufgrund seines unsteten Charakters nämlich noch unbeliebter als Scholz. Schickt die SPD dann auch nicht Scholz, sondern ihren allseits beliebten Reservekandidaten Boris Pistorius ins Rennen, wäre wieder Licht am Ende des Tunnels – zumindest in der Theorie.
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