Ein Löffel Weichselsuppe offenbart das Talent der jungen Gastgeber – ein erfrischender Sommer-Aperitif für heiße Abendstunden mit knusprigem Buchweizen, einem Klacks sämigen Rahm und dezenten Lakritznoten, dank der filigranen Dillblüten noch dazu hübsch anzusehen.
Traditionell wird dieses ungarische Gericht mit Kirschen, viel Obers und Zimt zubereitet – und ist auch im Burgenland nicht unbekannt. Aleksandra Szwarc und Nadim Amin: Sie Polin, er Grazer, reisten als akademische Quereinsteiger nach London, um im weltbekannten Moro die Kochkunst zu erlernen.
In der Küche schufteten sie Seite an Seite, wurden ein Paar und lebten die vergangenen Jahre auf 16 Quadratmetern zu Londoner Preisen.
Mit Fremden am Tisch
In Wien ist das jetzt anders. "Wir haben immer davon geträumt, eines Tages Leute einladen zu können, hier können wir auf großem Raum leben. In London lebten wir über einem Pub, waren wir nicht viel daheim und hatten nur einen Wohnschlafraum mit integrierter Küche."
Die beiden Köche haben eine Altbauwohnung nahe dem Augarten im 20. Bezirk gefunden: Hinter der Raufasertapete versteckten sich pastellfarbene Wandmalereien, unter dem Linoleumboden ein schöner Parkettboden, den Kachelofen nahmen sie zwar nicht in Betrieb, aber dankbar als Dekoelement an.
Das Centrala Vienna ist das mit Abstand spannendste Gastro-Projekt in der Bundeshauptstadt: Das Paar sieht sein Domizil in der Tradition der Londoner Private Supper Clubs.
"Wir haben den Antrag auf Vereinsgründung gestellt, dann kann man eine Tagesmitgliedschaft erwerben." Je nachdem, was aufgetischt wird, bewegen sich die Kosten für eine Tagesmitgliedschaft (vier bis fünf Gänge) bei rund 35 Euro.
Diniert wird zwei Mal im Monat am Wochenende, unter der Woche arbeitet das Paar in einem bekannten Wiener Lokal.
Das Ziel? "Wir sehen unseren Verein als Testballon für ein eigenes Restaurant." Topsecret: Adresse und Speisekarte werden erst nach Reservierung via Instagram (instagram.com/centrala.vienna) bekannt gegeben.
Mehr Lebensqualität
Warum ausgerechnet Wien? Die Sehnsucht nach mehr Lebensqualität und eine Rückkehr zu ihren kulinarischen Wurzeln: "Wir wollten in die Geschmackswelt unserer Großmütter zurückkehren. Die osteuropäische und die mitteleuropäische Küche haben so viel gemeinsam, in Wien sind wir mittendrin in dieser Welt von Aromen."
Die Liebe des 31-Jährigen und der 33-Jährigen gehört den polnischen und österreichischen Milchprodukten wie Topfen, auf die sie in England verzichten mussten.
Gerne tischen sie Topfenkuchen mit Mohn auf, der an der Oberfläche nach baskischer Art verbrannt ist, "aber das mögen wir". Die mitteleuropäischen Einflüsse schmeckt man beim Rindfleischsalat – mit Roastbeef statt Tafelspitz – mit Essig-marinierten Eierschwammerln oder bei der Kaszanka – der polnischen Blunzen – mit gegrillten Marillen, geschmorten Zwiebeln und Dille.
Die ersten Abende verliefen ohne Patzer: "Manche Gäste haben erwartet, dass wir von Anfang wie Gastgeber am Tisch sitzen, aber wir kochen, servieren und räumen ja ab. Erst nach dem letzten Gang können wir uns dazusetzen – und anstoßen."
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