Wo sich Türkis und Grün bei der Wien-Wahl duellieren
Während Türkis-Grün im Bund bereits Realität ist und auch für Wien (mitunter mit einem pinken Einsprengsel) als Koalition in der Losung ist, schenken sich die beiden Parteien in so manchem Bezirk gar nichts.
Allen voran in der Josefstadt und in Währing. Die beiden Stadtteile sind bei der Bezirksvertretungswahl im Herbst regelrechte türkis-grüne Schlachtfelder. Warum?
Weil die zwei Bezirke „gedreht“ werden könnten: die Josefstadt von Türkis auf Grün, Währing von Grün auf Türkis. Das heißt: Es geht um nichts Geringeres als das prestigeträchtige Amt des Bezirksvorstehers – also jene Funktion, die so manche Vorsteher einem Bezirkskaiser gleich ausüben.
Im 8. und im 18. Bezirk haben diesen Posten derzeit übrigens Frauen inne: Veronika Mickel-Göttfert(ÖVP) und Silvia Nossek (Grüne). Die beiden kämpfen nun um eine weitere Funktionsperiode – mit durchaus gewagten Strategien.
Was Mickel-Göttfert und Nossek bisher erreicht haben – und wie sie die Wählerinnen und Wähler noch einmal von sich überzeugen wollen.
Die Unberechenbare im 8. Bezirk
Die Josefstadt ist der kleinste Bezirk Wiens. Grüne Parteien hat er dafür im Überfluss. Oder zumindest solche, die grüne Politik machen.Denn da sind nicht nur die Grünen selbst, sondern auch ihre Abspaltung „Echt Josefstadt“ und – vielleicht allen voran – die türkise Bezirksvorsteherin.
Veronika Mickel-Göttfert hat den Bezirk 2010, als sich die Grünen zerstritten, für die ÖVP erobert. Jetzt, da sich die beiden Öko-Listen wieder vertragen, muss sie um ihre Position fürchten: „Echt Josefstadt“-Chef Heribert Radijan, der als Ex-Bezirksvorsteher immer noch große Bekanntheit genießt, wird bei der Wien-Wahl (symbolisch auf dem letzten Listenplatz) für die Grünen antreten.
Mickel-Göttfert muss reagieren. Und das tut sie zuletzt, indem sie versucht, den Grünen die Themen abspenstig zu machen.
Keine Angst vor Begegnungszonen
Eine neue Begegnungszone? Da hat die 42-Jährige keine Berührungsängste. Sie fordert eine solche sogar selbst in der Florianigasse.
Und sogar dem (wesentlich radikaleren) Vorstoß der Bezirks-Grünen, doch gleich die Josefstädter Straße verkehrszuberuhigen, kann sie „grundsätzlich“ etwas Positives abgewinnen.
Wahlkampf ohne ÖVPAuch um den Grünraum im Bezirk kämpft die Türkise: Mitte Juli verkündete sie, die begrünten Innenhöfe im Bezirk zu Schutzzonen machen und vor Verbauung retten zu wollen. Selbst Tempo 30 im gesamten Bezirk ist für sie plötzlich denkbar.
Wahlkampf ohne ÖVP
Dass Veronika Mickel-Göttfert ungewöhnlich wahlkämpfen kann, das hat sie bereits 2015 gezeigt: Auf ihren Wahlplakaten verzichtete sie auf das ÖVP-Logo.
Derartige Überraschungen sind auch jetzt nicht auszuschließen: Immerhin hat Mickel-Göttfert mit Josef „Seppi“ Mantl einen Kommunikationsprofi als Stellvertreter, der für niemand geringeren als Hillary Clinton gearbeitet hat.
Und wie stehen die Chancen? Mickel-Göttfert hat in den vergangenen Jahren zwar bewiesen, dass sie arbeiten kann. Aber: 2015 konnte sie sich nur knapp mit 30,6 Prozent durchsetzen – gemeinsam hätten die beiden grünen Listen sie damals überflügelt.
Die Unvollendete im 18. Bezirk
18. Bezirk. Fast könnte man meinen, es gehe am 11. Oktober gar nicht um Wien. Sondern um Währing. Zumindest klingt es so, wenn man sich in der ÖVP umhört. Den 18. Bezirk zurückzuerobern – das ist das bisher einzig konkrete türkise Wahlziel.
Erreichen wollen sie es mit Kasia Greco: Die Vizechefin der Wirtschaftskammer zieht als Spitzenkandidatin in die Schlacht.
Und zwar gegen die grüne Bezirkschefin Silvia Nossek. Nossek erreichte bei der Wahl im Jahr 2015 Historisches: Nach 69 Jahren ÖVP-Herrschaft gelang es ihr, Währing umzufärben. Das will die ÖVP nicht auf sich sitzen lassen.
Demo bei Angelobung
Errungen hat Nossek den Sieg mit dem Versprechen, im Bezirk das Parkpickerl einzuführen. Bei ihrer Angelobung demonstrierten deshalb sogar Bürger gegen die 55-Jährige.
Was so aufregte: Die Währinger hatten das Parkpickerl zuvor bei zwei Befragungen abgelehnt.
Nossek haftet seither das (durch die anderen Parteien befeuerte) Image der Drüberfahrerin an: Sei es bei der Umgestaltung der Währinger Straße in eine Flaniermeile oder bei ihrem Pinkel-Verbot für Hunde auf Parkwiesen.
Machtkämpfe
Nach den beiden Projekten wurde es für Nossek zunehmend schwierig: Im Sommer 2019 verlor die 55-Jährige die Unterstützung der SPÖ. Die rote Bezirksorganisation bekam nach internen Machtkämpfen einen neuen Chef, der sich profilieren musste.
Dazu kam die herannahende Wahl. Für Nossek eine fatale Kombination.
Das Bezirksparlament verweigerte ihr das Geld für den Umbau des Gersthofer Platzels – eines ihrer Prestigeprojekte. Auch der 42A wird (anders als von Nossek forciert) nicht an die S-Bahn-Station Gersthof angeschlossen.
Wegen dieser Niederlagen wird Nossek ihren Bonus als Amtsinhaberin nicht voll ausspielen können. Das dürfte ihr bewusst sein: Während andere Bezirkschefs erst jetzt ihre Unterstützungskomitees zusammenstellen, hat Nossek ihres schon im Juni präsentiert.
Und sie versucht so intensiv wie lange nicht, die mediale Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Die wird sie brauchen: 2015 trennten Grüne und ÖVP nur 212 Stimmen.
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