Warum der Streit um das neue Gersthofer Platzl eskalierte
In wenigen Tagen entscheidet sich, ob am Gersthofer Platzl alles so bleibt, wie es ist. Oder ob sich der Bereich in ein „Bezirkszentrum für Währing“ mausert. Ein solches schwebt Bezirksvorsteherin Silvia Nossek vor. Wie es konkret aussehen soll, zeigt eine Visualisierung, die die Grün-Politikerin nun vorgelegt hat.
Der Zeitpunkt ist nicht zufällig gewählt: Nächste Woche berät der Finanzausschuss des Bezirks, ob er das Budget für den geplanten Umbau freigibt. Gut – und das gibt selbst Nossek zu – sieht es nicht aus. Der KURIER beantwortet die vier wichtigsten Fragen zu dem Projekt.
1. Was soll sich ändern und wer ist dafür?
Ein schmaler Gehsteig neben ein paar Marktständen, darüber die S-Bahn, daneben die Autos: So sieht das Gersthofer Platzl derzeit aus. Mehr Bäume, breitere Gehsteige und ein Radstreifen (anstelle einer Fahrspur stadtauswärts): Das ist die Vision von Nossek und der Bürgerinitiative „Lebenswertes Gersthof“.
Letztere war es übrigens, die in den vergangenen neun Jahren mit dem Magistrat einen Plan für das neue Platzl ausgearbeitet hat.
Und der gefällt nicht nur den Grünen, sondern auch den Währinger Neos. Begeistert sind auch die Standler: „Wir sind alle dafür“, sagt Josef Bauer, Sprecher der Unternehmer am Gersthofer Markt.
2. Wer ist gegen den geplanten Umbau?
Die SPÖ, die ÖVP und die FPÖ. Und das ist für Nossek ein Problem. Denn sie braucht die Zustimmung mindestens einer dieser Fraktionen, um am Mittwoch vom Finanzausschuss die Freigabe für das nötige Budget zu erhalten. Der Umbau würde den Bezirk 435.000 Euro kosten – die Stadt würde weitere 280.000 Euro beisteuern.
SPÖ und FPÖ bleiben bei ihrer Position: Sie werden den Umbau nicht genehmigen, sagen sie auf KURIER-Anfrage. Die beiden Fraktionen befürchten Staus – obwohl der Magistrat gegenteilige Berechnungen vorgelegt hat.
Diese seien lückenhaft, kritisiert die SPÖ. „Die versteckte Agenda ist, den Autoverkehr zu verlangsamen“, ist Bezirksparteichef Andreas Höferl überzeugt. Die Blauen verlangen ein Verkehrskonzept.
Das Gersthofer Platzl jetzt (links) und neu (rechts).
Nicht festlegen wollen sich die Türkisen. Immerhin kenne man den Akt, der im Ausschuss behandelt werden soll, noch nicht, sagt Klubobmann Kurt Weber.
Was die drei Parteien eint: Die Forderung nach einer Bürgerbefragung. Eine solche lehnt Nossek – mit Verweis auf zwei abgehaltene Bürgerversammlungen – ab (der KURIER berichtete).
„Es gibt kein Projekt in Währing, das so breit und intensiv diskutiert wurde“, sagt sie im Gespräch mit dem KURIER. „Jeder, den es interessiert, konnte sich einbringen.“
3. Was steckt noch hinter dem Streit?
Wahl- und parteiinterne Taktik. „Mit Vernunft hat das nichts mehr zu tun. Das ist schade“, sagt etwa Peter Schöler von der Initiative „Lebenswertes Gersthof“. Der Grund: Spätestens im Herbst gehen die Bezirksvertretungswahlen über die Bühne. Das ist die Chance für die ÖVP, im 18. Bezirk den Bezirksvorsteher-Sessel zurückzuerobern. Unter anderem mit den Stimmen frustrierter Grün-Wähler – so das Kalkül.
Überraschender ist das Ausscheren der Währinger SPÖ, deren Genossen im Rathaus immerhin mit den Grünen in einer Koalition sitzen.
Dass die rote Bezirksorganisation das grüne Projekt ablehnt, ist dem Vernehmen nach einem Machtkampf geschuldet. Immerhin hat die Währinger SPÖ mit Höferl erst im Sommer einen neuen Chef bekommen, der sich nun profilieren muss.
4. Was passiert, wenn der Ausschuss den Umbau nicht genehmigt?
2020 jedenfalls nichts. Um noch heuer bauen zu können, müssten die Arbeiten nämlich zu Jahresbeginn ausgeschrieben werden. Die ÖVP will in der Zwischenzeit ein eigenes Projekt ausarbeiten. Die SPÖ möchte zurück zum Start und fordert eine Neuplanung. Eine konkrete alternative Variante fehlt auch der FPÖ.
Wie es in Zukunft weitergehen könnte, ist offen. Je nachdem, welche Mehrheitsverhältnisse die Wahl bringt, könnte das Projekt in anderer Form oder auch gar nicht umgesetzt werden. Nossek will jedenfalls nicht aufgeben.
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