Umstrittenes Fahrverbot: Markus Figl, ein Ratsherr aus alten Tagen

Umstrittenes Fahrverbot: Markus Figl, ein Ratsherr aus alten Tagen
Der Bezirksvorsteher der City regiert vor den Ölgemälden historischer Bürgermeister – und das nicht zufällig. Er eckt gerne an. Für seine Partei ist er wichtig.

Markus Figl will nichts werden, er will nur bleiben.

Das macht ihn stark. Figl ist – so wie der 1. Bezirk – eine Insel. Auch innerhalb der eigenen Partei. „Ich schätze den Markus sehr, aber ...“ So beginnen viele Sätze, wenn man mit türkisen Funktionären über den Bezirksvorsteher sprechen möchte. Nicht nur jetzt in der Debatte um die Verkehrsberuhigung.

Wenn Figl zur Audienz bittet, trifft man ihn (auch wenn man nur zu zweit ist) im weitläufigen Wappensaal seiner Bezirksvorstehung – pardon, seines Rathauses! Denn Figl regiert vom Alten Rathaus in der Wipplingerstraße aus, umrahmt von den Ölgemälden historischer Bürgermeister und unter prunkvollen Deckenmalereien.

Und zu den Deckenmalereien kennt Figl auch eine Geschichte, von der er jedes Mal erzählt, dass er sie immer erzähle – und dann erzählt er sie:

Einst tagten in dem Saal die Ratsherren (die in etwa den heutigen Stadträten entsprechen). Um ihre Macht zu demonstrieren, führten sie Wappen und Wahlsprüche, die sie auf rosa Hintergrund am Plafond des Saals verewigten.

Zu lesen ist da etwa: „FU as reDO fuAL“. Genau diesen Spruch lässt Figl all seine Besucher laut vorlesen – und zwar rückwärts – damit sich die versteckte Botschaft („Lauf oder sauf“) dahinter offenbart. Und sich Figl amüsieren kann.

Unterdrückung

Er und die Ratsherren teilen nicht nur die Vorliebe für Wortspiele, sondern ein Gefühl der Unterdrückung. Die Ratsherren wähnten sich am Gängelband des Kaisers, Figl an jenem des Bürgermeisters. (Der im neuen Rathaus!)

Der jüngste Konflikt zwischen Michael Ludwig und Figl dreht sich um die Fahrverbote. Der Bezirkschef hat gemeinsam mit der grünen Vizebürgermeisterin Birgit Hebein ein kompliziertes Konzept zur Verkehrsberuhigung des 1. Bezirks vorgestellt, ohne sich mit dem roten Bürgermeister abzusprechen.

Es folgten ein Rapport im Rathaus und eine Rüge auf Twitter. Auch ein Veto des Stadtchefs steht weiterhin im Raum.

Politikerfamilie

Die Politik liegt bei den Figls in der Familie. Der Bezirksvorsteher ist Großneffe von Leopold Figl. „Das Gspür, das hat er nicht vom Alten“, hieß es zuletzt in der eigenen Partei. Eine Anspielung auf Figls kompromisslosen Kurs in lokalpolitischen Belangen.

Figl kümmert die Kritik wenig. Er hat Erfolg. In seinem Amtsverständnis folgt er dem seiner Vorgängerin Ursula Stenzel: Seine Politik ist auf die 13.000 wahlberechtigten Bewohner abgestimmt – und auf sonst niemanden.

Das führt nicht selten zu eher eigentümlichen Vorstößen, in denen es immer um ein Thema geht: eine lebenswertere Innere Stadt für die Bewohner. Vorgängerin Ursula Stenzel (damals noch ÖVP, jetzt FPÖ) wollte Punschstände und den Silvesterpfad verbieten lassen, Figl jetzt die Zufahrt für Pkw aus anderen Bezirken.

Der Bezirk dürfe (mit Blick auf die vielen Touristen) nicht zum Habsburger-Disneyland verkommen, sagt Figl in jedem Interview. Die Wortschöpfung stammt von ihm.

Ein Treppenwitz

Begeistert ist Figl von innovativen Konzepten vor allem dann, wenn sie von ihm selbst kommen. Als Ende vergangenen Jahres die Begegnungszone in der Rotenturmstraße eröffnet wurde, kamen Politiker fast aller Couleur, um zu feiern. Sogar die (traditionell skeptische) Wirtschaftskammer war dabei. Und Figl? Der blieb zu Hause.

Der Grund: Er fühlte sich in das Straßenprojekt nicht eingebunden. Aus heutiger Sicht – siehe Fahrverbote – ist das ein wirklich gelungener Treppenwitz.

Streit gab es zuvor übrigens auch um die Neugestaltung des Schwedenplatzes. Da zerkrachte sich Figl mit der damaligen Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou.

Konservative Trutzburg

Warum sich Figl so viel erlauben darf? Weil er der ÖVP den 1. Bezirk absichert. Die Innere Stadt hat symbolischen Wert für die Partei, sie ist eine konservative Trutzburg zwischen rot und grün regierten Bezirken.

Umstrittenes Fahrverbot: Markus Figl, ein Ratsherr aus alten Tagen

Markus Figl pflegt guten Kontakt zu den Bewohnern der City: Er lebt selbst im Bezirk

Bei der Bezirksvertretungswahl im Jahr 2015, bei der Figl erstmals antrat, wurde es knapp für die ÖVP: Figl landete nur knapp vor der SPÖ, auch der FPÖ (damals neu mit der amtierenden Stenzel) attestierte man bis kurz vor der Wahl gute Chancen.

Figl konnte sich schlussendlich mit 26 Prozent der Stimmen durchsetzen, die SPÖ kam auf 24 Prozent.

Gut vernetzt

Diesmal wird er es leichter haben. Die FPÖ ist kein Gegner mehr. Auch die SPÖ hat sich aus dem Spiel genommen, als sie ihre eigene stv. Bezirkschefin abmontierte. Die Neos, die im ersten Bezirk gut ankommen, hält Figl gut in Schach.

Zu seinen Bezirksbewohnern hat Markus Figl einen guten Draht. Der 47-Jährige lebt mit seiner Familie im Bezirk – nicht bei allen Amtskollegen ist das üblich! – und ist auch regelmäßig auf der Straße zu sehen.

In seiner eigenen Partei ist er an sich gut vernetzt. Er und der Wiener ÖVP-Chef Gernot Blümel kennen einander seit langer Zeit. Angeblich war Figl einst gar als ÖVP-Generalsekretär im Bund im Gespräch, hat dann aber Gernot Blümel den Vortritt gelassen. Auch den Posten eines Staatssekretärs im Außenministerium hat man ihm unter Türkis-Blau angeblich angeboten. Er hat wieder abgelehnt.

Seinen Traumjob, den habe er ja bereits gefunden, sagen Vertraute.

Markus Figl will nichts werden, er will nur bleiben.

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