Wie die Wiener in Zukunft parken könnten
Für Politiker und Experten geht es bei dem Streit um das Thema Parken um die Frage, wie der öffentliche Raum – der in Städten knapp ist – genutzt und vor allem bepreist werden soll. Dass es weniger Autos in der Stadt geben soll, darin sind sich alle einig. Doch wenn es um die Umsetzung geht, haben sie ganz verschiedene Ideen.
Das Citymaut-Modell
Erstmals unter Ex-Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou aufgebracht, propagieren die Grünen nun unter Birgit Hebein die Einführung der City Maut – eventuell unter Beibehaltung des Parkpickerls. Damit soll die Anzahl der 200.000 Pkw, die täglich nach Wien einfahren, verringert werden. Die anderen Fraktionen können diesem Modell nichts abgewinnen.
Für eine Citymaut in Kombination mit einem Parkpickerl spricht sich auch der deutsche Mobilitätsexperte Stephan Rammler, wissenschaftlicher Direktor des Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung Berlin, aus. "Die City Maut braucht es für die Pendler", sagt er. Allerdings müssten für diese begleitend andere Verkehrslösungen wie Fahrgemeinschaften oder Ridepooling-Angebote – also Sammeltaxis, die per App bestellt werden können – geschaffen werden. "Etwas wegnehmen ohne alternative Angebote zu schaffen, ist schlechte Verkehrspolitik", sagt er.
Das Gratis-Modell
Dafür macht sich die Wiener FPÖ stark. Leute mit Hauptwohnsitz Wien sollen in der Stadt überall gratis parken dürfen. Donaustadts Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy hat einen ähnlichen Zugang. Er will auf alle Fälle, dass Nicht-Wiener in der Stadt für das Parken bezahlen.
Dauerbrenner Parkpickerl: SPÖ und Grüne sind sich uneins
Die Zonen-Modelle
Die Neos sind für ein Zwei-Zonen-Modell: Eine Kurzparkzone innerhalb des Gürtels und dem 2. und 20. Bezirk bis zur Vororteline (blaue Zone) und längere Abstellmöglichkeiten in den anderen Bezirken (grüne Zone); dazu kommen bis zu 90 Gratis-Grätzel-Parkzonen für Anrainer sowie Ausnahmen für Betriebe.
Die ÖVP setzt sich für ein Drei-Zonen-Modell ein – und zwar für Bewohner und Unternehmer. Der 1. Bezirk wäre die rote Zone, die Bezirke 2 bis 9 und 20 die orange Zone, über etwaige Parkpickerlzonen außerhalb des Gürtels (gelbe Zone) sollen die Bürger mitentscheiden.
Ähnlich ist das Modell, das Wirtschaftskammer-Präsident Walter Ruck im KURIER forderte: Vier Zonen - innerhalb des Rings, innerhalb des Gürtels, zwei Zonen außerhalb des Gürtels. Für beide Varianten gilt: Je weiter drinnen, desto teurer das Pickerl. Laut Verkehrsexperten Ulrich Leth von der TU Wien würde es bei solchen Modellen allerdings weiterhin Verkehr innerhalb der Zonen geben.
Das individuelle Modell
Würde man die Zonen deutlich kleiner fassen, würde auch der Binnenverkehr eingedämmt, sagt Leth. Das würde eine digitale Parkraumbewirtschaftung möglich machen, die für Wiener individuelle Zonen in den Straßenzügen rund um ihren Wohnort schafft.
Ähnliches schwebt SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig vor. Allerdings fasst er den Begriff "individuell" weiter. Das Pickerl würde rund um den jeweiligen Wohn-, Arbeits- und Schulort gelten. Experte Leth würde zudem die Kurzparkzonen aufheben und stattdessen die Parkdauer über den Preis regeln. So könnte Parken in den Innenstadtbezirken 7,50 Euro kosten und günstiger werden, je näher am Stadtrand geparkt wird.
Das digitale Modell
Die beste Variante wäre für Experten Rammler eine intelligente Parkraumbewirtschaftung für die ganze Stadt, in der etwa Leute mit großen oder emissionstarken Autos mehr fürs Parken bezahlen müssen. Digitale Lösungen würden dies möglich machen. Das Abstellen der Pkw in der Innenstadt müsste aus seiner Sicht ebenfalls teurer werden.
Für die Experten steht jedenfalls fest, dass Parken derzeit viel zu günstig ist. "Das Parkpickerl kostet ein Zehntel von einem Garagenplatz", sagt etwa Verkehrsexperte Leth. Dabei gäbe es genug Plätze in den Garagen. "Bei der Parkraumerhebung im 7. Bezirk gab es die Erkenntnis, dass alle Autos in den Garagen Platz hätten." Doch stattdessen stünden die Parkhäuser jetzt leer, weil dank Parkpickerl freie Plätze auf den Straßen verfügbar seien.
Wolle man den Autoverkehr zurückdrängen, müsse man aber auch gleichzeitig andere Angebote ausbauen, mahnt Experte Rammler. In Wien sieht er bei Straßenbahnen und Carsharing-Angeboten Nachholbedarf.
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