Martin Gebhart (r.) und Christoph Schwarz (l.) moderierten die Elefantenrunde. Zu Gast: Karl Mahrer (ÖVP), Bettina Emmerling (Neos), Josef Taucher (SPÖ), Judith Pühringer (Grüne) und Dominik Nepp (FPÖ)
Bei der KURIER-Elefantenrunde ging es heiß her. Im Eifer des Gefechts wurden Argumente herausgeschleudert – aber sind diese auch faktisch richtig?
"Der Kindergarten ist Sache der Länder, also ist Wien verantwortlich", wirft die Opposition der Stadtregierung vor. Der Bund kann im Rahmen der 15a-Vereinbarung allerdings Vorgaben machen, weil er die Investitionen in den Ländern finanziert. Motto: Wer zahlt, schafft an. Bei der letzten Vereinbarung wurde mehr Gewicht auf die Quantität und weniger auf die Qualität gelegt. Dass Mindestanforderungen wie Gruppengrößen dabei festgelegt werden, scheiterte am Widerstand der Länder.
Auch in Wien setzte man auf den Ausbau, wobei es auch Verbesserungen gab: So wurden die Assistentinnen aufgestockt und Sprachförderkräfte eingeführt. Das Problem: Es fehlt an Personal, insbesondere an muttersprachlichen Pädagoginnen.
Die Stadt hätte die Kindergärten zudem mehr kontrollieren können. Experten fordern ein Monitoringsystem, das gemeinsam mit den Trägern die Qualität verbessert. Auch die Eltern könnte man in die Pflicht nehmen – es ist ihre Aufgabe, dass Kinder die deutsche Sprache lernen. Doch das umzusetzen, traut sich in Wien bisher niemand.
Der Wiener ÖVP-Chef Karl Mahrer sagte, dass der Lobautunnel das bestgeprüfte Infrastrukturprojekt Österreichs sei. Mahrer befürwortet das Megabauprojekt S1, das diesen zehn Kilometer langen Tunnel beinhaltet, der bis zu 60 Meter unter der Erde liegen und auf Höhe der Lobau unter dem Nationalpark Donauauen sowie unter der Donau verlaufen soll.
"Es gab bereits mehrere Evaluierungen. Die von der vorigen Klimaministerin Leonore Gewessler eingeleitete formelle 'Strategische Prüfung Verkehr' ist noch nicht abgeschlossen, der hier zentrale Umweltbericht schlägt aber vor, die S1 aus dem Bundesstraßengesetz zu streichen", erklärt Wolfgang Rehm von der Umwelt-NGO Virus. Warum? "Der Umweltbericht von Umweltbundesamt und Universitäten empfiehlt dies aufgrund eines Alternativenvergleichs. Entweder wird die Prüfung zu Ende geführt, mit dem Ergebnis, die S1 nicht weiterzuverfolgen, oder das historische Versäumnis, diese vorgeschriebene Prüfung nicht durchgeführt zu haben, bleibt bestehen." Derzeit prüft zudem der EuGH das Projekt; vor dessen Urteil kann ohnehin nicht gebaut werden.
Mit dem neuen Verkehrsminister Peter Hanke (SPÖ) könnte die Wiener Innenstadt nun tatsächlich verkehrsberuhigt werden. In Wien sorgt das bei fast allen Parteien für Freude. Nur FPÖ-Spitzenkandidat Dominik Nepp äußerte sich bei der KURIER-Elefantenrunde dazu wie folgt: "Die Wiener Wirtschaft ist echt am Krachen. Und jetzt will man durch eine einzelne Maßnahme die Wiener Innenstadt weiter drangsalieren."
Dieter Steup, Unternehmer und Bezirksobmann Innere Stadt der Wirtschaftskammer Wien (WKW) sieht das anders und begrüßt die geplante Verkehrsberuhigung. Man habe bereits positive Erfahrungen in der Rotenturmstraße oder der Herrengasse gemacht. "Die Aufenthaltsqualität wird stark erhöht und durch die gestiegene Frequenz sind positive Effekte für Gastronomie und Handel durch gestiegene Umsätze zu bemerken", sagt Steup. Nur Kameras aufzustellen, reiche aber nicht, ergänzt WKW-Präsident Walter Ruck. Der frei werdende Raum müsse sinnvoll gestaltet werden. Zudem müssen der Wirtschaftsverkehr berücksichtigt werden und ausreichend Garagenplätze zur Verfügung stehen.
In einer "Dienstanweisung" aus dem Innenministerium (BMI) wurde der Landespolizeidirektion Wien ein Cut der Überstunden von bis zu 30 Prozent aufgetragen. FPÖ-Spitzenkandidat Dominik Nepp befürchtet, dass das zu fehlenden Polizisten auf der Straße führen könnte. Wiens ÖVP-Chef Karl Mahrer widerspricht – allerdings ohne Details zu nennen. Auch das ÖVP-geführte BMI äußerte sich bisher nur vage – es werde aber keine Einsparungen zulasten der Sicherheit geben. Ein Blick in andere Bundesländer zeigt jedoch, dass weniger Personal im Polizeialltag nicht folgenlos bleibt. Steirische Uniformierte berichten von Bezirken, in denen wegen Personalmangels nur mehr zwei Streifen im Nachtdienst seien.
Um solche Zustände zu vermeiden und Polizisten in Wien zu halten, fordert Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) einen finanziellen Hauptstadtbonus. Denn vergleichsweise wenige Beamte würden in Wien überproportional viel Arbeit bewältigen. Polizeigewerkschafter Walter Strallhofer (FSG) sieht das ähnlich und könnte sich eine Verordnung auf Bundesebene oder eine Anpassung des Gehaltsgesetzes vorstellen.
Das Pensionssystem fällt in Österreich in die Kompetenz des Bundes. Zur Sprache kam es unter den Wiener Spitzenkandidaten dennoch. Im Zuge der Diskussion um mögliche gratis Öffis für Senioren erklärte Dominik Nepp (FPÖ), dass es Entlastungen für Senioren brauche, schließlich werde bald "bei den Pensionen gekürzt". Auf den Einwurf Karl Mahrers (ÖVP), das sei eine Unwahrheit, konkretisierte Nepp: "Am 1. Juni werden die Krankenversicherungsbeiträge bei den Pensionisten erhöht. Das heißt, da bleiben jedem 300 bis 400 Euro weniger." Ist das richtig?
Nein, bei den Pensionen wird nicht gekürzt. Aber ja, ab 1. Juni werden die Krankenversicherungsbeiträge für Pensionisten von 5,1 auf 6 Prozent erhöht. Die Erhöhung soll 270 Millionen Euro in das Budget spülen. Das wirkt sich aber auch auf die Pensionen aus: Wer eine monatliche Bruttopension von 1.300 Euro bezieht, dessen Nettobezüge sinken laut Agenda Austria jährlich um 162 Euro. Bei einer Pension von 3.000 Euro bleiben netto 278 Euro weniger. Die Dreierkoalition hat den Vorschlag übrigens aus den Verhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP übernommen.
Die gesamte Diskussion zum Nachschauen gibt es HIER.
ÖVP steht für Österreichische Volkspartei. Gegründet wurde sie 1945 in Wien als Nachfolgepartei der Christlichsozialen Partei. Die Parteifarbe der ÖVP ist Türkis (das frühere Schwarz wird aber auch noch verwendet). Sie vertritt das bürgerliche, konservative Spektrum und gilt traditionell als der Wirtschaft, den Bauern und der römisch-katholischen Kirche nahestehend – sie wird daher als Mitte-rechts-Partei eingeordnet. Von 1996 bis 2001 war die Wiener ÖVP Teil der Stadtregierung, stellte bisher aber nie den Bürgermeister. Parteichef in Wien ist aktuell Karl Mahrer.
Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp(Jahrgang 1982) ist seit 2018 nichts-amtsführender Stadtrat von Wien. Obwohl die Blauen nicht der Wiener Stadtregierung angehörten, war er von 2018 bis 2020 Vizebürgermeister von Wien – begründet liegt das im Proporzsystem. Nepp startete als Bezirksrat in Döbling, wo er auch aufgewachsen ist. Landesparteiobmann wurde er nach der Ibiza-Affäre und dem Fall von Johann Gudenus und Heinz-Christian Strache. Nepp gehört der schlagenden Akademischen Burschenschaft Aldania Wien an.
Karl Mahrer (Jahrgang 1955) ist Wiens ÖVP-Chef - er übernahm die Stadttürkisen nach dem Rücktritt von Gernot Blümel im Jahr 2021. Mahrer hat seine Wurzeln bei der Polizei, er war unter anderem Vizepräsident der Landespolizeidirektion Wien. Von 2019 bis 2021 war er Sicherheitssprecher des ÖVP-Parlamentsklub. In dieser Funktion folgte ihm Christian Stocker, derzeitiger Bundeskanzler, nach. Mitten im Wienwahhlkampf 2025 erhob die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wegen Untreue in der Causa Wienwert Anklage gegen Mahrer. Dieser beteuert seine Unschuld.
FPÖ steht für Freiheitliche Partei Österreichs. Gegründet wurde sie 1955 in Wien als Nachfolgepartei des Verbands der Unabhängigen (VdU), in dem sich damals auch viele ehemaligen Nationalsozialisten befanden. Die Parteifarbe ist Blau. Die FPÖ ist heute eine rechtspopulistische und EU-skeptische Partei, die seit Jahrzehnten die Migration nach Österreich bekämpft. Die Wiener FPÖ war in der Bundeshauptstadt bisher noch nicht in Regierungsverantwortung, Parteichef ist derzeit Dominik Nepp.
SPÖ steht für Sozialdemokratische Partei Österreichs. Gegründet wurde sie 1889 in Hainfeld (NÖ) als Sozialdemokratische Arbeiterpartei, ihre Wurzeln liegen in der Arbeiterbewegung. Die Parteifarbe ist Rot.
In Österreich zählt die SPÖ zu den sogenannten linken Parteien; im Grundsatzprogramm von 1998 bekennt sie sich zu den Werten Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität und Vollbeschäftigung. Säulen der Partei sind auch die Vertreter aus Arbeiterkammer (AK) und Gewerkschaftsbund (ÖGB). Seit 1945 stellt die Wiener SPÖ durchgehend den Bürgermeister – aktuell ist das Michael Ludwig.
Der SPÖ-Politiker Michael Ludwig (Jahrgang 1961) ist seit 2018 Wiener Bürgermeister. Aufgewachsen ist Ludwig in einem Gemeindebau in Floridsdorf. Der 21. Bezirk hat seine politische Laufbahn geprägt: Der studierte Historiker startete dort 1994 als Bezirksrat. Später war er Wohnbaustadtrat unter seinem Vorgänger Michael Häupl. Ludwig gilt als scharfer Kritiker des Rechtskurses der FPÖ, insbesondere deren Bundeschef Herbert Kickl. In seiner ersten Regierungszeit koalierte er mit den Wiener Neos.
Bettina Emmerling (Jahrgang 1980) ist Neos-Politikerin. Seit dem Wechsel von Christoph Wiederkehr im Jahr 2025 in die Bundesregierung ist Emmerling Vizebürgermeisterin der Stadt Wien sowie Stadträtin für Bildung, Jugend, Integration und Transparenz. Davor war die bisherige Neos-Klubchefin zehn Jahre lang Abgeordnete zum Wiener Landtag und Mitglied des Wiener Gemeinderats.
Judith Pühringer (Jahrgang 1976) leitet seit 2021 gemeinsam mit Peter Kraus als Doppelspitze die Wiener Grünen. Für die Wienwahl tritt sie auf Listenplatz 1 an und ist darum die Spitzenkandidatin. Pühringer ist selbst in Währing aufgewachsen. Bei den Grünen engagiert sie sich seit 2020 als Quereinsteigerin. Zuvor arbeitete sie als Geschäftsführerin von „arbeit plus“, einem Netzwerk von sozialen Unternehmen. Im Wienwahlkampf 2025 bezeichnete sie sich als Klimasozialdemokratin.
Die Partei NEOS steht für das Neue Österreich. Gegründet wurde sie 2012, die Parteifarbe ist Pink. NEOS gilt als eher (links-)liberale Partei der Mitte, sie vertritt hauptsächlich ein modernes, urbanes, unabhängiges Bürgertum. Wichtige Themen der NEOS sind Bildung und Transparenz. In Wien schaffte die Partei nach der Wahl 2020 den Sprung in die Stadtregierung, NEOS-Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr wechselte vor Kurzem allerdings als Bildungsminister in die Bundesregierung. Spitzenkandidatin am 27. April ist daher Selma Arapovic.
Die Grünen stehen für die Grüne Alternative. Gegründet wurde die Partei 1986 als Zusammenschluss der konservativen Vereinten Grünen Österreichs (VGÖ) und der progressiveren Alternativen Liste Österreichs (ALÖ). Parteifarbe ist Grün. Ihre Wurzeln hat die Partei in der Widerstandsbewegung der 1980er-Jahre gegen das Kraftwerk in Hainburg und das Atomkraftwerk in Zwentendorf. Politisch stehen die Grünen links außen. Sie treten für Ökologie, den Schutz von Minderheiten und für Migration ein. In Wien waren die Grünen von 2010 bis 2020 Koalitionspartner der SPÖ, Spitzenkandidatin bei der Wahl ist Judith Pühringer.
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