Die Wiener Immobilien-Skandale

IC Development kaufte im Sommer die Trabrennbahn. Kritiker des Deals fürchten nun das Aus für den Pferdesport in der Krieau
Welche Projekte von Bund, Stadt sowie Krankenanstaltenverbund schief gingen – und zu welchem Preis.

Eines haben gleich mehrere Immobilien-Deals in Wien gemeinsam: Die öffentliche Hand verzichtete beim Verkauf der Liegenschaften auf Bieterverfahren, schöpfte Erlöspotenziale nicht aus und ging bei der Veräußerung nicht nachvollziehbar vor – wie der Rechnungshof laufend dokumentierte. Einige Fälle beschäftigen inzwischen auch die Staatsanwälte, von der Opposition hagelt es deswegen regelmäßig Kritik. Die Stadt fördere sozialen Wohnbau, indem sie Liegenschaften zu günstigen Konditionen zur Verfügung stelle, sagt Michael Ludwig, Ex-Wohnbaustadtrat und nunmehriger Wiener Bürgermeister (SPÖ) dann.

Der KURIER erklärt im Vorfeld eines Sondergemeinderats, mit dem die ÖVP am Mittwoch „Licht ins dunkle Kapitel der SPÖ-Immo-Deals“ bringen will, die umstrittensten Projekte.

  • Krieau: Neuer Stadteil statt Trabrennbahn?

Aktuell wieder in den Schlagzeilen ist der Verkauf von Flächen bei und rund um die Trabrennbahn in der Krieau. 2004 verkaufte die Stadt an die Sportanlage grenzende Grundstücke an die IC Development. Der private Immo-Entwickler baut dort derzeit den neuen Stadtteil „Viertel Zwei“. Bereits vor einigen Jahren war Kritik laut geworden, dass das Areal zu günstig verkauft worden sei. Ende Juni wurde bekannt, dass IC Development von der vertraglich fixierten Option gebrauch gemacht hat, auch die Trabrennbahn selbst zu kaufen.

Laut Beantwortung einer aktuellen Anfrage der Neos an das Wohnbauressort könne die Höhe des Kaufpreises „erst nach Fertigstellung der Bauwerke berechnet werden“. Der Vertrag sei auf Basis eines Sachverständigen-Gutachtens zustande gekommen. Der Wiener Trabrennverein (WTV) hat weiterhin einen aufrechten Nutzungsvertrag, die pinke Gemeinderätin Bettina Emmerling fürchtet trotzdem um seinen Bestand: „Die Beteuerungen, dass die Zukunft des Trabrennvereins gesichert sei, sind angesichts der intransparenten Vorgänge einfach unglaubwürdig.“

  • Semmelweis-Klinik: SPÖ-nahe Firma erhält Zuschlag für Park

Die ab 2012 eingeleitete Privatisierung des Semmelweis-Areals in Währing sorgt auch Jahre nach dem Verkauf der Liegenschaften für Aufregung. Derzeit ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ( ) in der Causa „at home“ wegen des Verdachts der Untreue gegen Unbekannt.

Im Rahmen der Neustrukturierung des Frauenklinik-Geländes wurde der Park an der Hockegasse vor sechs Jahren für einen Kindergarten und Wohnungen umgewidmet. Kurz darauf verkaufte die Stadt das 8053 Quadratmeter große Grundstück – und zwar ohne Bieterverfahren und für 4,66 Millionen Euro an die gewerkschafts- und damit SPÖ-nahe Immobilienfirma „at home Immobilien GmbH“. Schätzungen zufolge wäre aber ein mehr als doppelt so hoher Verkaufspreis zu erzielen gewesen, Freunderlwirtschafts-Vorwürfe wurden laut.

Die Wiener Immobilien-Skandale

Neben dem Park wurden auch drei Pavillons veräußert

Der Preis sei von einem externen Gutachter als  „üblich“ bestätigt worden, erklärte die Stadt damals. Der Experte könnte allerdings befangen gewesen sein: Er kaufte auf dem Areal ein viergeschoßiges Zinshaus  – um lediglich 500.000 Euro.

Umstritten ist auch die Veräußerung  von drei Klinik-Pavillons um rund 14 Millionen an Private, die dort eine Musikschule gründeten.  Angesichts des Denkmalschutz’, der Bindung an Bildungszwecke des Vorkaufsrechts der Stadt sei der Preis gerechtfertigt, betont das Wohnbauressort.

  • Heumarkt: Erweiterungsfonds begab sich auf Glatteis

Den Wiener Eislaufverein (WEV) am Heumarkt veräußerte zwar  nicht  die Stadt an Investoren – Ungereimtheiten traten aber auch hier zu Tage. Der Wiener Stadterweiterungsfonds – damals beim Innenministerium angesiedelt und mittlerweile aufgelöst – verkaufte die Liegenschaft unweit der Wiener Innenstadt 2008 – für „vergleichsweise geringe“ 4,2 Millionen Euro, wie der Rechnungshof fünf Jahre später festhielt.

Die Wiener Immobilien-Skandale

Der Eislaufverein wechselte für 4,2 Millionen Euro den Besitzer

Für das WEV-Areal seien Anbote bis neun Millionen Euro vorgelegen, heißt es in dem Bericht: „Das Erlöspotenzial wurde nicht ausgeschöpft, das Vergabeverfahren hätte gestoppt werden sollen.“
Das Innenministerium erklärte damals, dass Interessenten nach Verhängung einer Bausperre nicht mehr bereit gewesen seien, ihre ursprünglichen Anbote aufrecht zu halten. Der Wiener Gemeinderat hatte die Sperre verhängt, weil der Eislaufverein nach Bekanntwerden der Verkaufsabsichten um seinen Fortbestand gebangt hatte.

Zum Zug kam eine gewerbliche Tochter der „Buntes Wohnen – Gemeinnützige Wohnbaugesellschaft mbH“, über die das Areal schließlich an den Immobilienunternehmer Michael Tojner ging. Er will das WEV-Gelände und das angrenzende Hotel Intercontinental umgestalten. Wegen des  66-Meter-Wohn- und Hotelturms, den Tojner dort plant, könnte das historische Wiener Zentrum  seinen Status als UNESCO-Weltkulturerbestätte verlieren

  • Stadtpark: Restaurant Meierei 40 Prozent unter Wert verkauft

Nicht wegen kulinarischer Bedenken, sondern aufgrund der angeblichen Begünstigung des neuen Pächters stand Anfang der 2000er-Jahre die Vergabe der Meierei im Stadtpark unter Beschuss. Die – damals sanierungsbedürftige – Liegenschaft am Wienfluss sei an das  Luxus-Restaurant Steirereck „verschleudert“ worden, schimpfte damals die Wiener FPÖ. Auch die Grünen meldeten Bedenken an dem Vertragswerk an. „Das Auswahlverfahren, halte jeder juristischen Prüfung stand“,  entgegnete der damalige Finanzstadtrat Sepp Rieder ( SPÖ). 

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Die Steirereck-Meierei nach dem Umbau. Die Vergabe wurde kritisiert

Der Wiener Stadtrechnungs- und der Bundesrechnungshof bestätigten  später  allerdings die Bedenken. Trotz  vier Kaufangeboten in der Höhe zwischen 1,45 und 1,89 Millionen Euro habe sich das Stadtparlament dafür entschieden,  gegen einen jährlichen Zins von 72.600 Euro ein Baurecht sowie eine Kaufoption zu gewähren, heißt es in einem Bericht aus dem Vorjahr. 2007 habe die Stadt das  1957  Quadratmeter große Areal um 910.000 Euro verkauft – rund 40  Prozent unter dem  Wert, den zwei externe Sachverständige ermittelt hatten. 

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelte  deswegen zwar, das Verfahren soll nun aber mangels eines Tatverdachts eingestellt werden.

  • KAV-Geriatriezentrum: Schwerer Betrug bei Ausschreibung?

Auch außerhalb der Bundeshauptstadt schlägt ein Immobilien-Deal der Stadt hohe Wellen. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt derzeit wegen des zum Verkauf stehenden Areals eines ehemaligen Geriatriezentrums des Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) in Klosterneuburg (Bezirk Tulln). In der Ausschreibung sei gestanden, dass eine Umwidmung in Bauland möglich sei und damit Wohnungen dort entstehen könnten. „Derzeit ist es aber als Bauland für Pflegeheime gewidmet“, sagt Bürgermeister Stefan Schmuckenschlager (ÖVP).

Er hätte bereits zur Zeit der Ausschreibung betont, dass es von der Stadtgemeinde nicht vorgesehen sei, die Fläche umzuwidmen. „Wir machen gerade das örtliche Entwicklungskonzept mit großer Bürgerbeteiligung und wollen dem nicht vorgreifen“, fährt er fort. „Das Landeskriminalamt Wien wickelt das Ganze ab. Ich wurde bereits als Zeuge vernommen“, sagt er weiter.

Die Umwidmungspläne waren also nicht mit der Stadt abgesprochen. Laut Medienberichten hatte sich ein Interessent getäuscht gefühlt und deswegen Anzeige erstattet. Nun wird wegen des Verdachts auf schweren Betrug ermittelt. „Es handelt sich um zwei namentlich bekannte Verdächtige“, bestätigt Oberstaatsanwältin Elisabeth Täubl auf Anfrage.

Der Wiener Krankenanstaltenverbund will sich nicht  näher zur Causa äußern: „Die Entscheidung zur Veräußerung der Liegenschaft ist weiterhin aufrecht. Zu weiteren Themen geben wir aufgrund der laufenden Erhebungen der Staatsanwaltschaft keine Auskunft“, heißt es gegenüber dem KURIER. 

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