Wien: Stadt verscherbelte besten Baugrund an Gewerkschaft

Semmelweisklinik-Areal
Statt leistbarem sozialen Wohnraum wurden auf dem Semmelweisklinik-Areal Luxuswohnungen errichtet.

Schon seit Jahren gibt es mahnende Stimmen, die den Verkauf der Semmelweisklinik an Investoren kritisieren. Sie werden nun bestätigt.

So berichtete die Wiener Zeitung vom Verdacht der Geldwäsche durch russische Oligarchen beim Verkauf der historischen Pavillons. Der Deal soll ohne Ausschreibung und ohne Bürgerbeteiligungsverfahren "weit unter Wert" erfolgt sein. Allerdings wurde ein weiteres Grundstück auf dem Areal noch günstiger verkauft – man könnte gar von einem Schnäppchen sprechen.

Im Nordwestteil stand bis vor kurzem eine Parkanlage. Im Rahmen der Neustrukturierung des Areals 2012 wurde dieser Teil für einen Kindergarten und Wohnungen umgewidmet. Noch im selben Jahr wurde das Grundstück verkauft, am 6. August wurde der Kaufvertrag aufgesetzt.

Für das 8053 Quadratmeter große Grundstück Nummer 10/3 an der Hockegasse bezahlte die Immobilienfirma "at home Immobilien GmbH" 4.660.000 Euro. Laut Vertrag dürfen dort Gebäude mit insgesamt 6500 Quadratmeter Bruttogrundfläche errichtet werden. Das sind knapp 720 Euro pro Quadratmeter. Laut Immobilienpreisatlas kostet Baugrund in Währing derzeit im Schnitt knapp 1600 Euro, also mehr als das Doppelte.

Luxuswohnungen

Die "at home Immobilien" errichtete auf dem Bauplatz insgesamt 49 Wohnungen, die derzeit verkauft werden. Die Palette reicht dabei von 54 Quadratmeter großen Zwei-Zimmer-Wohnungen um 324.000 Euro bis zur Dachgeschoßwohnung mit 126 Quadratmetern um 829.000 Euro. Pro Quadratmeter sind das mehr als 6000 Euro. Vorsichtig gerechnet dürfte "at home Immobilien" einen hohen einstelligen Millionengewinn machen.

Wien: Stadt verscherbelte besten Baugrund an Gewerkschaft
Dabei hätte es auch anders kommen können. In seiner Stellungnahme zum Verkauf gab der damalige Bezirksvorsteher Karl Homole (ÖVP) zwar seine Zustimmung zum Wohnbau, plädierte allerdings für sozialen Wohnbau. Das Pikante an der Sache: Die "at home" ist der kommerzielle Ableger der gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaft "Neue Heimat". 49 Prozent der Anteile gehören allerdings der Gewerkschaft "Bau-Holz", die auch an "Neue Heimat" beteiligt ist. De facto gehören der Gewerkschaft damit 82 Prozent an "at home Immobilien". Stellvertretender Obmann der Bau-Holz ist übrigens SPÖ-Nationalrat Josef Muchitsch, der in der Öffentlichkeit bekannt wurde, weil er eine Sozialwohnung im 8. Bezirk hatte.

Freunderlwirtschaft

"Diese Geschäfte mit und für Freunde haben in Wien System, und dabei dürfen wir nicht länger zusehen", sagt Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger. "Es braucht Transparenz und einen fairen Wettbewerb bei öffentlichen Aufträgen, bei dem auch politisch unabhängige Unternehmen zum Zug kommen können."

Bei der MA 69, die den Verkauf abwickelte, sieht man das anders. "Das ist ein gelungenes Projekt", sagt MA 69-Chefin Marion Winkler. Ein Bieterverfahren wäre nicht zielführend gewesen, der Preis sei für das Jahr 2012 üblich gewesen. Das habe auch ein externer Gutachter bestätigt.

Der Gutachter könnte allerdings etwas befangen gewesen sein. Er kaufte 2010 auf dem Areal ein viergeschoßiges Zinshaus. Kosten: Lediglich 500.000 Euro.

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