Die Grünschnäbel in der Wiener Opposition - und ihre Probleme
Die Opposition im Wiener Gemeinderat hat einen Lauf. Oder besser gesagt: zwei der drei Oppositionsparteien.
Da ist zum einen die FPÖ. Sie verdankt ihren aktuellen Erfolg dem Korruptionsverdacht gegen den Donaustädter Bezirkschef Ernst Nevrivy (SPÖ).
Die Blauen machten die Causa öffentlich und sorgten dafür, dass sie heiß bleibt: Eine Woche lang hielten sie die Vorwürfe am Köcheln, indem sie die Presse fast täglich mit neuen Details versorgten.
Die ÖVP – zum anderen – naschte mit: Sie schaltete den Stadtrechnungshof ein (wie wenige Wochen zuvor auch in Sachen U2/U5-Ausbau). Damit brachte sie sich ins Gespräch.
Und auch sonst machten die Türkisen regelmäßig von sich Reden – zum Beispiel in Zusammenhang mit der glücklosen Corona-Beteiligungs-GmbH der Stadt oder mit dem kontroversen Abriss des Dusika-Stadions.
Und die dritte Oppositionsfraktion, die Grünen? Die Ex-Regierungspartei ist auffällig still – jedenfalls, was Wiener Themen angeht.
Hervorgestochen ist sie zuletzt nur bei einer Bundesangelegenheit: Nach den umstrittenen Abschiebungen von Schülern forderte die Landespartei in der „Wiener Erklärung“ ein Verbot dieser Praxis.
Mit der neuen Rolle in Wien tut man sich also (noch) schwer. Das hat drei Gründe.
Nabelschau
Erstens sind die Grünen nach wie vor sehr mit sich selbst beschäftigt. Nach Birgit Hebeins Rückzug als Parteichefin führt seit Jänner Peter Kristöfel die Landesorganisation – allerdings nur interimistisch.
Im Juni werden die Grünen-Mitglieder eine neue Spitze wählen. Wie aus der Partei zu hören ist, arbeiten Stadtrat Peter Kraus und Stadträtin Judith Pühringer derzeit emsig daran, dass sie beide das sein werden.
Und das ist aufwendig: Immerhin gilt es, potenzielle Verbündete zu überzeugen – damit diese als Multiplikator fungieren und den Wahlsieg von Kraus und Pühringer im Sommer sichern.
Diese Interna fressen Aufmerksamkeit und Energie. Aufmerksamkeit und Energie, die die Grünen für die Oppositionsarbeit bräuchten.
Welche Folgen das haben kann, zeigt die Causa Nevrivy: Bis die Grünen die Vorwürfe von sich aus kommentierten, dauerte es fast eine Woche.
Neuland
Dazu kommt – zweitens – die mangelnde Erfahrung vieler grüner Mandatare. Nur sieben der 16 Klubmitglieder hatten bereits vergangene Legislaturperiode einen Sitz im Gemeinderat.
Das ist an sich keine Besonderheit: Bei der ÖVP sind nur sechs der 22 Mandatare „alte Hasen“.
Und doch macht den Grünen dieser Umstand mehr zu schaffen: Wie man etwa Unterlagen aus den Ausschüssen an die Medien spielt und so für die Stadtregierung Unangenehmes publik macht oder gar Neuigkeiten absticht, das hat die ÖVP nahezu perfektioniert. Die neuen Grünen schwächeln da noch.
So mache holen sich deshalb Nachhilfe: Die neue Verkehrssprecherin Heidi Sequenz etwa lässt sich vom früheren Langzeit-Umweltsprecher Rüdiger Maresch coachen.
Umso bitterer ist bei all dem, dass die Grünen in der vergangenen Gemeinderatssitzung aus formalen Gründen mit ihrer ersten Dringlichen Anfrage, dem parlamentarischen Mittel der Opposition schlechthin, abblitzten.
Personalrochaden
Mit eine Rolle spielen dürften – und das ist der dritte Grund für das grüne Straucheln – die Personalrochaden im Presseteam.
Christoph Humitsch, der bisher als Kommunikationschef die strategischen Fäden zog, wechselt in die Privatwirtschaft. Das hinterlässt eine Lücke.
Zumindest hat man die Presseabteilung des Rathausklubs aufgestockt – mit Simon Pötschko, vormals Sprecher von Vizebürgermeisterin Hebein.
Spätestens Anfang März sollten die Grünen all diese Probleme im Griff haben: Dann ist Rot-Pink 100 Tage im Amt – ein magisches Datum, an dem man als Opposition aufzeigen muss. Die Schonfrist für Regierung ist dann vorbei.
Und jene für die Neuen in der Opposition auch.
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