Das große Personalproblem in heimischen Spitälern

KRAGES-Spitäler wollen Notbetrieb Mitte Mai beenden
Es mangelt aufgrund zahlreicher Corona-Erkrankungen an Personal. In Niederösterreich soll jetzt positiv getestetes Gesundheitspersonal weiterarbeiten dürfen.

"Wir steuern geradewegs auf eine echte Versorgungskrise zu." Drastische Worte fand Gerald Gingold zur aktuellen Situation in heimischen Spitälern. "Unsere Spitäler sind überfüllt, unser Personal überlastet und großteils selbst infiziert, das kann alles noch sehr hässlich enden", so der Vizepräsident und Obmann der Kurie angestellte Ärzte.

Die massive Belastung in den Gesundheitseinrichtungen, befeuert von der hohen Zahl an Neuinfektionen, vor der Ärzte, Standesvertreter und Experten schon länger warnen, "findet bereits statt", so Gingold.

In der Tat: Österreich ist Spitzenreiter in Europa in puncto Spitalszahlen. Wenn die Politik so weitermache, so Gingold, werde "Österreich gesundheitlich massiv Schaden erleiden". 

Die Länder geben sich hinsichtlich etwaiger Verschärfungen der Corona-Maßnahmen aber noch überwiegend abwartend. Bundesweit wurden heute Gerüchte über ein Comeback der FFP2-Maske laut. Das Gesundheitsministerium gibts sich aber noch bedeckt.

Peter Hacker, Gesundheitsstadtrat in Wien, mahnte im Ö1-Morgenjournal ein, dass man in einer Situation, wo zehn bis 15 Prozent aller Beschäftigten im Gesundheitswesen im Krankenstand sind, wie das in Wien der Fall ist, "nicht einfach die Hände in den Schoß" legen könne. 

Ärzte würden berichten, dass sie nicht wissen, wie sie den nächsten 24-Stunden-Dienst organisieren sollen. 

NÖ: Arbeit trotz positivem Test

In Niederösterreich schlägt man nun, um Corona-bedingte Ausfälle beim Gesundheitspersonal abzufedern, einen neuen Weg ein.

Positiv getestete Beschäftigte sollen ab sofort ihren Dienst in den Gesundheits- und Pflegeanstalten freiwillig wieder aufnehmen dürfen. Nach fünf Tagen Quarantäne und 48 Stunden ohne Symptome dürfen sie in Corona-Stationen eingesetzt werden. Im Dienst selbst muss durchgehend FFP2-Maske und adäquate Schutzausrüstung getragen werden.

Auch außerhalb der Covid-Stationen dürfen vormals Infizierte arbeiten, wenn nach fünf Tagen Quarantäne sowie 48 Stunden ohne Symptome, bei Dienstantritt der verpflichtende PCR-Test negativ ist bzw. der Ct-Wert bei 30 oder höher liegt.

Salzburg: OPs werden verschoben

Die Höchstwerte bei den Infektionszahlen in Salzburg sorgen für Personalengpässe in den Spitälern. Weil sich viele Mitarbeiter in Quarantäne befinden, müssen Betten gesperrt und geplante Operationen verschoben werden.

Betroffen sind Medienberichten zufolge vor allem das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in der Stadt Salzburg, das Klinikum Schwarzach im Pongau und das Tauernklinikum im Pinzgau.

In den Salzburger Landeskliniken sei die Situation angespannt, aber noch bewältigbar, hieß es. Im Klinikum Schwarzach wird die Situation noch durch die vielen Patienten verschärft, die nach Skiunfällen medizinisch versorgt werden. Mitte dieser Woche sei entschieden worden, 50 Prozent der planbaren Operationen zu verschieben, 80 der 1.500 Beschäftigen seien in Quarantäne, hieß es am Freitag in einem Bericht der Salzburger Nachrichten.

Nicht betroffen von diesen Maßnahmen seien Notfälle, Tumor-Operationen und die Geburtshilfe. Im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder seien wegen fehlendem Personal 50 Betten gesperrt.

Verschärfung der Maßnahmen?

Im Tauernklinikum in Zell am See sind laut einem ORF-Bericht zehn Prozent der Pflegekräfte und Ärzte in Quarantäne. Die Hälfte der geplanten Operationen musste verschoben werden, um ausreichend Kapazitäten für Akutfälle, etwa nach Skiunfällen, zur Verfügung zu haben, wird der ärztliche Leiter des Tauernklinikums, Rudolf Pointner, zitiert.

Möglicherweise werden die Corona-Maßnahmen im Land Salzburg wieder verschärft. Eine Entscheidung darüber könnte noch heute getroffen werden.

Tirol: Personalausfälle "größtes Problem"

Personalausfälle sind "schon länger das größte Problem" in den Tiroler Spitälern. Das teilte der Sprecher der tirol kliniken, Johannes Schwamberger, heute, Freitag, mit. Die Krankenstände hätten sich im Vergleich zu "normalen Zeiten" verdoppelt. Darunter fielen nicht nur Personen, die sich mit Covid-19 infiziert haben, sondern auch all jene, die ihren Betreuungspflichten nachkämen.

"Es müssen täglich zwischen 130 und 150 Betten gesperrt werden", informierte Schwamberger. Das erscheine angesichts der Gesamtbettenzahl von 1.500 zwar wenig, man müsse jedoch bedenken, dass es sich oft um "hoch spezialisierte Bereiche" handle. Hier komme es teilweise zu Wartezeiten. Die Notfallbereiche seien indes nicht betroffen, teilte Schwamberger mit.

Steiermark: Notfallversorgung derzeit gesichert

Laut der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft (KAGes) ist die Notfallversorgung in den Spitälern des Bundeslandes derzeit nicht kritisch. Doch seit Beginn der Woche müssen geplante Behandlungen und nicht dringend nötige Operationen wegen fehlenden Personals wieder vermehrt verschoben werden.

Von den knapp 19.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern seien derzeit rund 2.000 im Krankenstand. Etwa 900 von ihnen wegen Covid - darunter etwa 460 Personen aus dem Pflegebereich und rund 130 aus der Ärzteschaft.

Bei der KAGes werden mit Stand Freitag 429 Covid-Patienten betreut, 31 von ihnen liegen in einem Bett auf der Intensivstation. Das sei "machbar", das Plateau halte sich schon so seit Wochen, hieß es. Allerdings sei die Situation für das Personal schon seit langer Zeit sehr belastend. Es sei "ausgepowert". Häufig müsse spontan wegen Krankenständen eingesprungen werden.

Vorarlberg: "Leute kommen aus Dauereinsatz nicht heraus"

In Vorarlbergs Spitälern könnten aktuell 350 Mitarbeitende coronabedingt nicht arbeiten, das sind rund 5,8 Prozent der Beschäftigten, so die Krankenhausbetriebsgesellschaft (KHBG) am Freitag. Nicht dringende Operationen werden verschoben.

"Die Leute kommen aus dem Dauereinsatz nicht mehr raus", so Zentralbetriebsratsvorsitzender Thomas Steurer zur APA. Es gebe verstärkt Anfragen zu Versetzung und Kündigung. "Viele Mitarbeitende überlegen, wie es weitergeht. Wir hatten noch nie so viele Anfragen zu Versetzungen und Kündigungen wie derzeit", so der Betriebsrat. Das Hauptverschulden liege bei der Politik, die es seit Jahren versäume, Ausbildungsplätze zu schaffen, den Beruf zu attraktivieren und Erleichterungen für Quereinsteiger zu bieten.

"Pandemie existiert"

"Derzeit ist ein hoher Druck im System, die Situation in den Spitälern ist angespannt", hieß es. Man sei zum fünften Mal im Krisenmodus, die Mitarbeitenden seien "durch das Verschieben von Diensten und Operationen enorm gefordert - und das quer durchs gesamte Unternehmen und durch so gut wie alle Abteilungen", so die KHBG.

Ab kommender Woche könnten im LKH Feldkirch voraussichtlich für eine Woche nur 75 Prozent der Operationen durchgeführt werden. Verschoben würden nur nicht-dringliche Eingriffe. "Die Pandemie existiert, sie ist nicht vorbei. Wer Maske trägt, applaudiert quasi den Spitalmitarbeitenden", hieß es seitens der KHBG. Spitalambulanzen sollten weiter nur im Notfall, mit Überweisung oder Termin aufgesucht werden.

"Solange die Mitarbeiter füreinander einspringen, geht es. Sie tun es nicht als Gefallen für den Arbeitgeber, sondern den Patienten zuliebe. Wenn sie nur ihren Dienstplan erfüllen würden, wäre es schwierig", betonte Steurer und sah den Fachpersonalmangel als grundsätzliches Problem.

Vorarlberg sei bei der Zahl der Pflegestellen auf hundert Patienten seit Jahren bundesweit Schlusslicht. Das räche sich: In der Langzeitpflege seien derzeit 200 Betten gesperrt, weil in den Heimen das Personal fehle. Teilweise müssten Patienten darum länger im Spital bleiben. Besonders betroffen vom Personalmangel seien die Landeskrankenhäuser Rankweil und Feldkirch.

OÖ: Lage seit zwei Jahren angespannt

In den oberösterreichischen Spitälern fehlen derzeit 9,3 Prozent des Personals krankheitsbedingt: Von insgesamt 28.044 Beschäftigten seien - Stand Dienstag dieser Woche - 2.616 krankgemeldet, hieß es am Freitag bei der Oö. Gesundheitsholding. Das umfasse nicht nur Covid-Infektionen, sondern alle Krankenstände. Das Pflegepersonal sei mit 10,2 Prozent etwas stärker betroffen als die Ärzteschaft mit 7,4 Prozent.

Wegen der Personalengpässe müssten auch immer wieder Operationen verschoben werden. Die Zahl sei aber regional sehr unterschiedlich, derzeit rückläufig und jedenfalls geringer als zu Beginn des Jahres.

"Wir wissen, die Lage ist angespannt. Das war und ist sie schon die letzten zwei Jahre dieser Pandemie", heißt es aus der Landesgesundheitsagentur. Der Einsatzbereitschaft der gesamten Belegschaft sei es "zu verdanken, dass wir in den letzten zwei Jahren vergleichsweise gut gefahren sind - zu keinem Zeitpunkt waren unsere Kliniken gesperrt oder die Akutversorgung nicht gewährleistet".

Burgenland: "Es ist derzeit schwierig, Dienste zu besetzen"

Im Burgenland ein ähnliches Bild: Rund elf Prozent des Personals ist durch Krankenstände ausgefallen - sowohl in den Häusern der KRAGES (Burgenländische Krankenanstalten GmbH) als auch im Eisenstädter Krankenhaus der Barmherzigen Brüder.

Auch hier: Akute und dringende Fälle würden natürlich operiert, planbare Eingriffe werden aber bereits abgesagt. Auch die Terminambulanzen werden reduziert und Bettenstationen mussten schon geschlossen werden. "Es ist derzeit schwierig, Dienste zu besetzen. Teilweise wird Personal aus dem Urlaub zurückgeholt. Es ist eine durchaus angespannte Lage", so Leo Szemeliker, Kommunikation Burgenland GmbH, der an die Bevölkerung appellierte, die Hygienemaßnahmen einzuhalten und Masken zu tragen.

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