Gibt es auf Intensivstationen auch dreifach Corona-Geimpfte?
Der Hygiene-Facharzt und Infektiologe Ojan Assadian, ärztlicher Direktor im Landesklinikum Wiener Neustadt, NÖ, ist täglich auf den Corona-Stationen seines Spitals. „Auf der Intensivstation gibt es kaum dreifach Geimpfte – und wenn, dann sind das immer Menschen mit Vorerkrankungen“, berichtet er. „Wir hatten gerade zwei Patienten mit einer seltenen genetischen Erkrankung bei uns, die auch nach drei Impfungen keine Antikörper aufbauen können.“
Und bei den Geimpften auf den Normalstationen müsse man ins Detail schauen: „Das sind oft Patienten, die vor sieben, acht Monaten ihre zweite Impfung erhalten haben – und keinen Booster. Da ist dann auch der Schutz vor schwerer Erkrankung schon niedrig.“
Dass die Impfungen gegen Omikron – fast alle Infektionen derzeit gehen auf diese Variante zurück – schlechter wirken als gegen die Delta-Variante, zeige sich in den Spitälern noch nicht.
In der Anfangsphase der Pandemie mussten 10 von 100 PCR-Positiven in einem Spital aufgenommen werden, jetzt ist es nur mehr einer von 100, erklärt Assadian.
Man könne aber nicht einfach sagen, dass Omikron von seinen Eigenschaften her „eine mildere Variante“ sei: „Vielleicht es ist so, aber das können wir gar nicht beurteilen. Die immunologische Situation in der Bevölkerung ist heute eine ganz andere als im Jänner 2020.“
Damals hatte niemand einen Immunschutz durch Infektion oder Impfung. Assadian: „Auch wenn das viele nicht hören wollen: Ich führe die milderen Verläufe zu einem großen Teil auf den Impfschutz eines großen Teils der Bevölkerung zurück.“
Kein Booster
„Dreifach geimpfte Patientinnen und Patienten sehen wir fast gar nicht auf unseren Intensivstationen“, sagt auch der Lungenfacharzt Arschang Valipour, Leiter der Abteilung für Innere Medizin und Pneumologie in der Klinik Floridsdorf.
Aktuell sind 88 Prozent der Patienten auf den Intensivstationen der Klinik Floridsdorf ungeimpft, „die wenigen Geimpften sind meist nur teilgeimpft (keine vollständige Immunisierung mit drei Impfungen, Anm.).“
Auf den Normalstationen sind laut Valipour rund 60 Prozent ungeimpft, vom Großteil der anderen 40 Prozent sind die meisten ebenfalls nicht vollständig geimpft. „Stationäre Patientinnen und Patienten mit drei Covid-19-Impfungen sind nach wie vor eine Seltenheit. Meist haben sie Begleiterkrankungen.“
Valipour nennt etwa das Beispiel eines älteren Mannes mit Bluthochdruck, Herzerkrankung, Typ-2-Diabetes und Übergewicht, der drei Impfungen hatte. „Trotz all dieser Vorerkrankungen können wir ihn gut auf der Normalstationen behandeln. Einen gewissen Schutz durch die Impfungen hat also auch dieser Patient.“
Valipour rechnet damit, dass angesichts der hohen Fallzahlen in den kommenden Wochen auch mehr dreifach Geimpfte auf die Intensivstationen kommen werden: "Das sind dann aber im Regelfall die Patienten, die mit Covid-19 ins Spital kommen, weil sie wegen einer anderen Erkrankung aufgenommen werden, und nicht wegen Covid-19."
Und wie geht es den Erkrankten zu Hause? „Die dreifach Geimpften, die ich gesehen habe, hatten alle einen Verlauf wie bei einer Grippe oder einer Verkühlung, mit Schnupfen, Husten und Fieber, aber in der Regel waren sie nicht komplett geschafft wie bei schwerer Grippe", sagt Ernest Zulus, ärztlicher Leiter des Ärztefunkdienstes in Wien. "Vor allem können sie daheim bleiben. Einen wirklich schweren Verlauf mit Spitalseinweisung und Beatmung habe ich bei Geboosterten noch nicht erlebt.“
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