Mafia-Milliarden: Verschont Österreichs Justiz die kriminellen Banden?
Während die legale Wirtschaft weltweit eher stagniert, boomt die Organisierte Kriminalität weiterhin. Irgendwo im Bereich zwischen hundert und zweihundert Milliarden Euro vermutet Europol in einem neuen Bericht werden die professionellen Verbrecher heuer allein in Europa einnehmen.
Wobei sich sogar die Polizeibehörde im gleichen Atemzug ziemlich sicher ist, dass dieser selbst errechnete Wert eigentlich viel zu niedrig angesetzt ist.
Umgelegt auf Österreich wäre das eine Größenordnung von rund zwei bis drei Milliarden kriminelle Einnahmen pro Jahr. Angelegt ist das Geld oft in Kryptowährungen, Luxusvillen, Edelsteinen oder Yachten. Die Einnahmen stammen vor allem aus dem Handel mit Waffen, Drogen oder Menschen (Schlepperei).
An die 100 derartige kriminelle Vereinigungen werden hierzulande pro Jahr von der Polizei ausgeforscht. Bei den kürzlich verhafteten Bandidos-Rockern wurden laut Bundeskriminalamt beispielsweise 600.000 Euro in bar gefunden, bei einer Bande aus Drogenhändlern und Kredithaien heuer Sparbücher, Goldbarren und Bargeld in Höhe von knapp einer Million sichergestellt. Auch das Mitglied einer Schlepperbande wurde von der Polizei um eine 200.000-Euro-Immobilie erleichtert.
Europol: Vier Milliarden Euro beschlagnahmt
Alle diese Gelder darf die Justiz abschöpfen. Die beschlagnahmten Finanzmittel fließen ins Budget und finanzieren Schulen oder Krankenhäuser. Auf dem Gebiet der 24 Europol-Staaten werden rund zwei Prozent der Gewinne der Mafia (über vier Milliarden Euro) abgeschöpft, was selbst die Behörde in Den Haag als noch viel zu wenig bezeichnet.
Doch Österreich dürfte selbst dabei so ziemlich das Schlusslicht sein. Gerade einmal 3,5 bis 5,8 Millionen Euro werden laut Justizministerium derzeit pro Jahr von den heimischen Gerichten einkassiert. Anders gesagt, verliert die Mafia in Österreich vielleicht zwei Promille ihrer Einnahmen.
Man könnte tatsächlich meinen, dass sich Verbrechen durchaus auszahlt, zumindest finanziell.
Spuren nach Russland
Polizei-Insider sehen hier vor allem Versäumnisse bei den Gerichten, die weit mehr konfiszieren und versteigern könnten. Im Ressort von Justizministerin Alma Zadic (Grüne) heißt es hingegen, dass "es sich um die tatsächlichen Einnahmen aus der Veräußerung verfallener oder eingezogener Vermögenswerte handelt. Ein Rückschluss auf den tatsächlichen Wert dieser Gegenstände kann daraus nicht unmittelbar gezogen werden."
Einen genauen Grund, warum Österreich international derartig weit zurückliegt, konnte man aber auch im Justizministerium nicht nennen. Man könne auch nicht aufschlüsseln, was für Güter eigentlich eingezogen worden sind.
Richtig brisant wird es aber erst, wenn man der Spur des Mafiageldes folgt. Denn laut dem Europol-Papier werden seit Beginn des Ukraine-Kriegs Milliardenwerte vornehmlich nach Russland geschleust. Das geschieht über Kryptogeldbörsen, aber auch per Lkw oder Auto. Es gab zahlreiche entsprechende Aufgriffe an den EU-Außengrenzen.
Brisante Fragen zu Putin
Das führt jedenfalls zu neuen, heiklen Fragen: Erstarkt die Russenmafia wieder wie in den 90er-Jahren als es Morde an Paten auf offener Straße sogar in Wien gab? Oder sind staatliche Akteure aus dem Reich von Wladimir Putin nun verstärkt in kriminelle Machenschaften in Europa verwickelt? Spielen gar russische Geheimdienste eine Rolle? Und wie viel Geld wurde dabei genau beschlagnahmt?
Europol will dazu jedenfalls nichts sagen. Eine Beantwortung dieser Fragen sei "aufgrund ihrer Brisanz" nicht möglich, heißt es gegenüber dem KURIER.
Ein verstärkter Kampf gegen das Organisierte Verbrechen ist jedenfalls auch das Ziel der Kriporeform von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP). Entsprechende Ermittlungen soll künftig nicht mehr nur das Bundeskriminalamt führen, sondern auch die neun Landeskriminalämter. Interne Studien haben gezeigt, dass sich neue Ermittler in diesem Bereich durch die Beschlagnahmungen locker selbst finanzieren - aber natürlich nur, wenn die Justiz mitspielt.
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