Verkehr in Städten: Autofahrer stehen zwölf Arbeitstage lang im Stau
Durchschnittlich 22 Minuten mehr müssen Autofahrer wochentags auf dem Weg zur oder von der Arbeit in Linz einplanen - weil sie im Stau stehen: Der Stillstand kostet nicht nur Nerven, sondern auch wertvolle Arbeits- und Lebenszeit. Hochgerechnet zwölf Arbeitstage pro Jahr stehen Linz-Pendler.
In den übrigen Landeshauptstädten und in Wien ist die Situation nicht viel besser: Der Stauindex (für 2018, Anm.) des Navi-Herstellers TomTom weist enorme Verzögerungen durch Verkehrsstaus aus. Wo liegen die Gründe? Der KURIER schaute nach.
1. Stauhauptstadt Wien
Die Bundeshauptstadt ist laut TomTom-Index auch die Stau-Hauptstadt Österreichs. Die Wahrscheinlichkeit im Abendverkehr unfreiwillig stehen zu bleiben, liegt bei 52 Prozent.
Wien ist eben die Pendler-Metropole: Eine Viertelmillion Menschen fährt täglich zum Arbeiten in die Stadt. In die umgekehrte Richtung treibt es jeden Morgen immerhin 90.000 Pendler. Da die Zahlen von Jahr zu Jahr steigen, sind Überlastungsstaus auf den Hauptverbindungen wie der Südosttangente (A23) programmiert.
Der zweite große Staufaktor sind die Wiener Baustellen, die den Verkehr vor allem in den Sommermonaten oft zum Erliegen bringen. Obwohl die Stadt mit einem eigenen Baustellenkoordinator gegen die obligatorischen Sommerstaus ankämpft, heißt es oftmals warten.
Ab Frühling 2020 kommt übrigens „Großes“ auf die Pendler zu: Weil der Bereich der Hochstraße in St. Marx saniert und verbreitert werden muss, wird es auf der A23 eine drei Kilometer lange Baustelle geben. Die Fertigstellung ist für 2023 geplant.
2. Hausgemachte Probleme in Graz
Die steirische Landeshauptstadt wächst an Einwohnern, pro Jahr kommen 4.000 bis 5.000 Zuzügler. Was die Stadtregierung freut, bringt der Zuwachs doch auch Geld. Allerdings kommen die Neu-Grazer meist mit Autos und das erklärt ganz simpel, weshalb es morgens und abends an den neuralgischen Stellen staut: Conrad-von-Hötzendorf-Straße, Münzgrabenstraße, Wiener Straße.
Laut Verkehrsclub Österreich (VCÖ) kommen auf 1.000 Einwohner mittlerweile 475 Pkw. Doch so wie der Kfz-Verkehr gewachsen ist, sind es die Straßen natürlich nicht und auch der öffentliche Verkehr tut sich schwer, da noch durchzukommen.
Wobei, im Stau stehen ist durchaus eine subjektive Einschätzung: Laut einer Studie ist man in Graz immer noch mit dem Auto schneller als mit den Öffis. 22 Minuten braucht der Individualreisende für die Teststrecke, jedoch 31 Minuten, wer Bus oder Straßenbahn nützt.
Vieles am Stau ist freilich auch hausgemacht. 52 Prozent aller Autofahrten in Graz, so ergaben Studien, sind maximal sechs Kilometer lang, 21 Prozent gar nur höchstens drei Kilometer. Diese Lenker gilt es abzuholen und Alternativen anzubieten.
Die Stadt Graz setzt dabei auf den Ausbau des öffentlichen Verkehrs: Ab 2023 will Graz drei neue Straßenbahnlinien errichten und damit endlich das Nadelöhr in der Innenstadt beseitigen.
3. Salzburg reagierte spät
In Salzburg brauchen Autofahrer für eine Strecke, für die man bei freier Fahrt 30 Minuten benötigt, am Morgen elf Minuten und abends 14 Minuten länger, so die Auswertung des Verkehrsindexes.
Die in Land und Stadt regierende ÖVP hat das Problem spät erkannt, erst seit eineinhalb Jahren wird der öffentliche Verkehr offensiv ausgebaut. Innerhalb von zwei Jahren stieg das Verkehrsbudget des Landes von 47 auf knapp 74 Millionen Euro.
Unter anderem wurden neue Regionentickets um 365 Euro im Jahr eingeführt, die mit Jahresbeginn 2020 starten. Dazu gab es für Pendler Taktverdichtungen.
Umstritten bleibt freilich der geplante Ausbau der Mönchsberggarage. Kritiker sehen die Erweiterung der innerstädtischen Garage als Magnet für weiteren Autoverkehr. Die Parkgaragengesellschaft von Stadt und Land plant einen Baubeginn im Frühjahr 2020.
4. Innsbruck am Rande des Kollaps
In Innsbruck braucht es nicht viel, damit der Verkehr an den Rand das Kollaps kommt. „In ganz Tirol ist das Verkehrsnetz in den Tallagen sehr eingeschränkt“, erklärt Markus Widmann, Leiter der Verkehrspolizei, die topografische Besonderheit.
Innsbruck ist eingezwängt zwischen Berge und durchschnitten von einem Fluss, was die Verkehrsachsen natürlich begrenzt. Die Hauptverbindungen zwischen West und Ost sind notorisch überlastet.
Eine dieser Achsen ist der Südring. Hier fließt der komplette von Brenner- und Inntalautobahn kommende Verkehr Richtung Innenstadt ein. Jede Baustelle auf dieser Straße wird sofort zum Nadelöhr. Das ist entlang der Straßen des rechten Innufers ebenso. Zudem gab es in den vergangenen Jahren entlang dieser Achsen Baustellen zuhauf.
Wie jedes urbane Zentrum kämpft Innsbruck insbesondere in den Morgen- und Abendstunden mit dem Pendlerverkehr aus dem Speckgürtel. Die Hallerstraße am linken Ufer ist hier ein weiterer Hotspot, sie verbindet Innsbruck mit der Nachbarstadt Hall. „Auf diesen Straßen gibt es immer eine große Verkehrslast“, sagt Widmann.
Das Innsbrucker Straßenbahnnetz wurde zur Regionalbahn ausgebaut, die vorerst den Westen der Stadt mit dem Osten verbindet. Die Anbindung an die Nachbargemeinden steht noch aus. Dieser Öffi-Ausbau soll auch den Kfz-Verkehr eindämmen.
5. Sehr spezielle Probleme in Linz
Das Linzer Problem ist speziell. Elf Minuten länger dauert die Fahrzeit für Pendler für eine sonst 30-minütige Fahrt im Durchschnitt. Doch es sind die Stauspitzenzeiten, montags und dienstags, die zuweilen auf bis zu 45 Minuten steigen. Das ist ärgerlich für Pendler und Linzer.
Woran liegt das? Zum einen an der wachsenden Stadt. Derzeit hat Linz 208.000 Einwohner, täglich werden 300.000 Autofahrten registriert; für 2030 werden 374.000 erwartet.
Zum anderen rächen sich politische Versäumnisse der vergangenen Jahrzehnte: Die Fertigstellung der neuen Donaubrücke aufgrund von Planungsfehlern wurde um ein Jahr auf September 2021 verschoben, vier Donaubrücken sind noch in Bau.
Die täglich verstopfte Nibelungenbrücke im Zentrum soll erst ab 2023 mit der neuen Brücke im Zuge des Westringbaus (A26) entscheidend entlastet werden.
Dabei sind die Stau-Hotspots im Großraum Linz seit Langem bekannt: Die Welser Autobahn A25, darauf folgend die A1 zum Knoten Linz. Zwei Tunnel auf der Strecke stadteinwärts (Bindermichl und Niedernhart) sind schon nach kleinen Zwischenfällen Ursache für einen Kollaps. Eine Ausweichstrecke vom Süden her wäre die B1 über Ebelsberg und den Mona-Lisa-Tunnel. Aber auch dort staut es regelmäßig, weil die Strecken nur einspurig sind.
Die Politik verspricht Besserung mit dem Ausbau des Öffi-Verkehrs. Erst kürzlich präsentierten Land und Stadt die Einigung zu einem Stadtbahnkonzept, das Pendler vom Mühlviertel ins Stadtzentrum bringen soll. Doch diese City-S-Bahn war schon Anfang der 2000er-Jahre im Gespräch.
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