Flugunfälle: Skandalbehörde wird aufgelöst
Ungeklärte Flugunfälle, fehlende Unfallberichte, Bahnunfälle, die von ÖBB-Mitarbeitern untersucht werden sowie die Vermischung privater und staatlicher Aufgaben haben das Image der Bundesanstalt für Verkehr (BAV) an die Wand gefahren. Nachdem der KURIER und NEOS-Abgeordneter Rainer Hable diese Misere anhand vieler Beispiele aufgezeigt haben, zieht nun Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) die Reißleine.
"Wir werden die Bundesanstalt für Verkehr auflösen und bereits am Montag zwei Gesetzesnovellen zur Begutachtung vorlegen", bestätigt die zuständige Sektionschefin Ursula Zechner dem KURIER.
Zwei getrennte Bereiche
Die beiden BAV-Bereiche werden getrennt: Die Kraftfahrzeug- und Verkehrstechnik wird als neue Abteilung ins Ministerium eingegliedert und die Leitung neu besetzt. Indes bleibt die Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes (SUB), die alle Bahn-, Seilbahn-, Schifffahrts- und Flugunfälle aufarbeiten sollte, eine nachgeordnete und unabhängige Stelle. Das ist nach EU-Recht zwingend vorgeschrieben. "Auch die SUB-Leitung wird neu bestellt und die Zahl der Mitarbeiter um sechs auf 31 aufgestockt, um alle Fälle fristgerecht abhandeln zu können", sagt Zechner.
Dass der Umbau gerade jetzt vorgenommen wird, führen Insider auf die laufende Prüfung der BAV durch den Rechnungshof zurück. Das wird vom Ministerium dementiert. "Wir sind bemüht, alle Flugunfall-Untersuchungsfälle aufzuarbeiten. Dass manche Fälle lange dauern, will ich nicht beschönigen", sagt Zechner. "Aber seit vergangenen Herbst kommen wir sehr zügig voran."
Brisante Zahlen
Dazu legte das Ministerium dem KURIER interessante Zahlen vor: Seit 2007 wurden der BAV insgesamt 17.377 Vorfälle und Störungen in der Luftfahrt gemeldet, in 170 Fällen wurden auch Untersuchungen eingeleitet. 94 Fälle wurden eingestellt, weil kein schwerer Störfall oder schwerer Unfall vorlag. 50 Fälle wurden abgeschlossen, 26 Untersuchungen sind noch offen.
Davon stammt je ein Fall aus den Jahren 2007, 2008 und 2009; aus dem Jahr 2010 sind noch zwei Flugunfalluntersuchungen offen, aus dem Jahr 2011 sogar fünf Fälle; ein weiterer Fall aus dem Jahr 2012 (siehe unten) und je zwei Fälle aus den Jahren 2013 und 2014; aus dem Jahr 2015 sind noch fünf Untersuchungen noch nicht abgeschlossen und aus dem Vorjahr sogar sechs Fälle.
Untersuchung zu Hubschrauber-Unfall
Darunter ist der tödliche Hubschrauber-Unfall am Großvenediger vom 29. April 2012. Auf dem höchsten Berg Salzburgs (an der Grenze zu Osttirol) sollte ein Bergsteiger aus einer Gletscherspalte gerettet werden. Beim dritten Flug soll der Hubschrauber "Martin 4" der Firma Heli Austria zwei Bergretter und einen Alpinpolizisten am Tau zur Unfallstelle bringen. Wegen rapider Sichtverschlechterung sank der Pilot "mit dem Hubschrauber sehr schnell und klinkte das Tau mit den drei Personen nahe der Unfallstelle aus". Das Trio soll rund zehn Meter in die Tiefe gestürzt sein. Die zwei Bergretter wurden schwer verletzt, der Alpinpolizist wurde getötet. Nun kündigt das Ministerium via KURIER an, dass ein Untersuchungsbericht erstellt wird – nach fast fünf Jahren.
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